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Non-Fungible Tokens
Die Revolution des digitalen Kunstmarkts

Mittlerweile gibt es auch Ausstellungen und Galerien, die sich der NFT-Kunst widmen, wie hier in der Superchief Gallery NFT in New York 2021.
Mittlerweile gibt es auch Ausstellungen und Galerien, die sich der NFT-Kunst widmen, wie hier in der Superchief Gallery NFT in New York 2021. | Foto (Detail): Jens Kalaene © picture alliance / dpa / dpa-Zentralbild

Eine Blockchain-Technologie sorgt in der Kunstszene für Aufregung: Mithilfe von Non-Fungible Tokens (NFTs) ist es erstmals möglich, digitale Kunst genauso zu handeln wie Malerei, Skulpturen oder Fotografien – und entsprechend hohe Umsätze zu erzielen. Worum handelt es sich und wieso wird damit so viel Geld verdient?

Von Stefan Kobel

Ausgerechnet der technische Name eines Blockchain-Elements – NFT, Non Fungible Token – ist auf dem Kunstmarkt zurzeit Gesprächsthema Nummer eins. Denn die Technologie ermöglicht erstmals, auch bei digitalen Kunstwerken zwischen dem Original und der Kopie zu unterscheiden, und eröffnet damit einen ganz neuen Markt. 
 
Spätestens seit das New Yorker Auktionshaus Christie’s für das Werk Everydays: The first 5000 days von Beeples – der mit bürgerlichem Namen Mike Winkelmann heißt – 69 Millionen US-Dollar erlöst hat, sind NFTs in aller Munde. Denn wohlgemerkt wurde diese Unsumme für eine digitale Arbeit bezahlt, die im Prinzip beliebig reproduzierbar ist. Jede*r Internetuser*in kann sich eine Kopie davon herunterladen, wenn auch vielleicht nicht in der höchsten Auflösung. Der einzige Unterschied zwischen „Original“ und „Kopie“ ist eben jenes zugehörige Token, welches das Originalwerk fälschungssicher kennzeichnet und somit einzigartig macht (siehe Infokasten). 
 
Für Künstler*innen ist diese Entwicklung zunächst ein Gewinn. Schließlich war es bisher schwierig, digitale Kunst ebenso zu handeln wie etwa Gemälde oder Skulpturen, weil es kein physisches Objekt und somit kein Original gab, sondern im Gegenteil theoretisch beliebig viele identische Exemplare desselben Werks.

Mithilfe von NFTs können Künstler*innen von ihren digitalen Werken nun genauso viele Stücke herausgeben, wie sie es wollen – als Unikate, limitierte oder offene Editionen. Sie können sogar festlegen, ob sie mit einem bestimmten Prozentsatz am Weiterverkauf ihrer Arbeiten beteiligt werden wollen. Das ist ein riesiger Fortschritt gegenüber der bisherigen Praxis, bei der Künstler*innen von Wertsteigerungen ihrer Werke oft gar nicht profitieren oder erst deren Erben über die bescheidenen Folgerechtserträge. „How much is the fisch?“ In Deutschland war H.P. Baxxter mit Scooter einer der ersten Musiker, der Sondereditionen seines neuen Albums mit NFTs zertifizierte. „How much is the fisch?“ In Deutschland war H.P. Baxxter mit Scooter einer der ersten Musiker, der Sondereditionen seines neuen Albums mit NFTs zertifizierte. | Foto (Detail): © picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild/Jens Kalaene

 

Alles nur eine Spekulationsblase?

Der aktuelle Boom könnte sich jedoch sehr schnell als Spekulationsblase herausstellen. Die einschlägigen Plattformen werden zumindest mengenmäßig noch von digitalen Banalitäten beherrscht, während die traditionelle Kunstszene hier erst langsam Fuß zu fassen scheint.
 
Zudem ist der Irrtum verbreitet, dass es sich bei NFTs generell um Kunst handele. Dabei kann ein NFT grundsätzlich alles sein – ein aus wenigen Pixeln bestehender CryptoPunk, eine riesige digitale Collage wie die von Beeple, eine animierte Computergrafik wie die der Musikerin Grimes, ein Sneaker-Design, ein Sammelbild der Basketball-Liga NBA oder eben jene digitale Kunst, die auch bisher schon Teil des traditionellen Kunstbetriebs mit seinen Museen, Kunstvereinen, Galerien und Messen war. 
 
Ob die Käufer, die jeweils 140.000 Euro für eine von neun Kopien eines der zahlreichen digitalisierten Meisterwerke der Florentiner Uffizien bezahlt haben, ihren Erben wirklich eine Freude machen, sei denn auch dahingestellt. Oder ob der Fonds, in den Beeples Digitalcollage eingebracht werden sollte, jemals eine Rendite abwirft, oder ob es in 100 Jahren noch irgendjemanden interessieren wird, wer die „originale“ Nyan Cat besitzt. Man kann das getrost als Randerscheinungen des Kunstmarkts betrachten. Vor allem aber ist der Boom der NFTs das Ergebnis eines Kapitalmarktes, der in Kryptowährungen ein willkommenes Spekulationsinstrument gefunden hat. Hier wird sich noch einiges zurechtruckeln müssen, doch die Zeit und der Markt werden es wohl richten.

Was sind NFTs?

Non Fungible Token (kurz NFT) ist ein Begriff aus der Welt von Blockchain und Kryptowährungen. Eine Blockchain besteht aus jeweils abgeschlossenen Datensätzen, die hintereinander gereiht werden, wie Glieder in einer Kette. Der Versuch, einen dieser Blöcke zu manipulieren oder zu verändern, würde die Kette unterbrechen. Daher gelten Blockchains im Allgemeinen als sicher vor Fälschungsversuchen und Hacking – was sie etwa für die Nutzung als Zahlungsmittel so interessant macht. 
 
Die dezentral in der Blockchain gespeicherten virtuellen Zahlungsmittel sind untereinander austauschbare Einheiten – sogenannte fungible Token: Ein Bitcoin oder Ether gleicht im Prinzip dem anderen, da sie jeweils den gleichen Vermögenswert haben. Das ist bei den Non Fungible Tokens, den „Nicht austauschbaren Wertmarken“, anders: Hier ist nicht der Handelswert des jeweiligen Coins die entscheidende Komponente, sondern dass jede Einheit oder jedes Token in der dezentralen Blockchain durch einen einzigartigen Hashcode eindeutig identifizierbar ist und dadurch fälschungssicher; jede weitere Einheit hinter ihr in der Kette „weiß“ von ihr.
 
Diese Eigenschaft kann in vielen Bereichen – vom elektronischen Grundbuch bis zum Impfpass – zu Verifizierungszwecken genutzt werden. Seit etwa 2015 suchen vor allem Versicherungen nach einer Möglichkeit, auch Kunstwerke mittels eines solchen Tokens mit einem elektronischen Wasserzeichen zu versehen und so identifizierbar und nachverfolgbar zu machen. Fälscher*innen und Betrüger*innen würde dadurch die Grundlage ihres Treibens entzogen. Knifflig ist dabei die technische Seite: Wie lässt sich eine Datei physisch so mit einem Objekt verbinden, dass sie einerseits unzerstörbar ist und nicht unautorisiert wieder entfernt werden kann, andererseits aber das Objekt selbst nicht beeinträchtigt?
 
Findige Köpfe haben dafür eine einfache Lösung gefunden: Man lässt einfach das physische Kunstwerk weg und ersetzt es durch ein digitales – ein JPG etwa. Das Ergebnis ist genau jenes Phänomen, das in der Kunstwelt gerade Furore macht: NFT – Non-Fungible Token. NFTs sind also zunächst einmal lediglich eine Methode, Dateien – also auch digitale Kunstwerke – mit einer Signatur zu versehen und auf diese Weise einzigartig zu machen.

 

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