In seinem Roman „Nostalgia“ blickt André Kubiczek auf seine Kindheit und Jugend in der DDR zurück. Eine der zentralen Figuren des Buchs ist seine Mutter, genannt Teo, die als junge Frau ihre Heimat Laos verlässt, um Andrés Vater, einen DDR-Bürger, zu heiraten.
Genau wie der Autor heißt der Protagonist des Romans André, wie er wächst er in den 80er und 90er Jahren in der DDR auf. Wegen seines Äußeren - er hat starke Ähnlichkeit mit seiner Mutter - ist André häufig Ziel rassistischer Beleidigungen. Am liebsten wäre er normal, unauffällig und so „typisch deutsch“ wie die meisten seiner Mitschüler*innen, was mit einer laotischen Mutter und einem geistig behinderten Bruder an der Seite schwer ist. André liebt seinen jüngeren Bruder, doch als seine erste Freundin fragt, ob er Geschwister habe, verleugnet er ihn und bringt sich damit in eine missliche Lage. „Er kann morgen im Orion schlecht sagen: ‚Entschuldige, Bianca, ich habe mich geirrt. Kurz vor dem Einschlafen ist mir eingefallen, dass ich doch einen Bruder habe, und zwar einen, der geistig behindert ist.“
Zu Hause nimmt André Mixtapes aus dem Radio auf und sieht Musiksendungen, eine Leidenschaft, die er mit Mutter Teo teilt. Er führt Hefte, in denen er unter anderem seine Besitztümer auflistet, ein Heft mit Sprichwörtern für seine Mutter ist in Planung, um ihr beim Deutsch lernen zu helfen. Für Teo, die bereits perfekt Deutsch spricht, ist es schwer, Fuß zu fassen. Sie wird oft diskriminiert, abgelehnt und argwöhnisch beäugt. Entsprechend groß ist ihr Heimweh, doch erhält sie keine Genehmigung, nach Laos zu reisen. Manchmal kommt Besuch von Verwandten, die ihr Klebreis mitbringen, den es in der DDR nicht gibt. André träumt davon, später Außenhändler oder Auslandskorrespondent zu werden, um Teo säckeweise Klebreis von seinen Reisen mitzubringen.
Als André zwölf ist, wird bei seiner Mutter Krebs diagnostiziert. Vier Jahre später liegt die inzwischen schwer kranke Teo nur noch kraftlos auf dem Sofa im Wohnzimmer, das sie höchstens verlässt, um eine neue Behandlung über sich ergehen zu lassen. André fühlt sich überfordert, er hilft bei der Pflege und muss Verantwortung übernehmen. In seinen freien Stunden trifft er sich mit Freunden in einem Café, wo sie gemeinsam schreiben und so tun, als wären sie echte Intellektuelle.
„Seit er seine sogenannten wirren Haare hat und schwarze Klamotten trägt, kann er nicht mehr genau sagen, warum ihn die Leute eigentlich anstarren. Seit er auf der Straße nicht mehr auf den Boden guckt, sondern den Leuten frech ins Gesicht, nimmt er solche Blicke eher als Kompliment auf. Es werden einem so viele Dinge egal, wenn zu Hause jemand liegt wie seine Mutter.“
In der zweiten Hälfte des Romans wechselt die Perspektive mehrfach zur Mutter. Ihre Sehnsucht nach Laos wird mit Fortschreiten der Erkrankung immer dringlicher, ihr Gefühl der Fremdheit immer schwerer zu ertragen. Kurz vor ihrem Tod erhält sie endlich die Erlaubnis, ihre Familie in Laos zu besuchen.
André Kubiczek erzählt „Nostalgia“ zu großen Teilen aus der Kinderperspektive und mit viel Einfühlungsvermögen. Der Ton des Buches ist trotz der schweren Themen eher leicht, dank einer Prise Ironie und dem trockenen Humor.
Der Autor hat das Buch seiner Mutter und seinem Bruder Alain gewidmet, der mit nur siebzehn Jahre gestorben ist.