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Deutschunterricht in Portugal und Spanien
Erfolg durch Kooperation: Die Zukunft der deutschen Sprache auf der Iberischen Halbinsel

Studierende interagieren im Unterrichtsraum
© Goethe-Institut

Auf der Iberischen Halbinsel fehlen Deutschlehrkräfte. Doch es gibt gute Gründe, in dieser Region Deutsch zu lernen und zu unterrichten. Das Goethe-Institut informiert darüber und unterstützt Hochschulen, die Deutschlehrkräfte ausbilden.
Janna Degener-Storr sprach darüber mit vier Expert*innen: Anne Nicklich (Leiterin der Spracharbeit am Goethe-Institut Portugal), Tony Heinig (Leiter der Spracharbeit am Goethe-Institut Madrid), Rafael D. Deschka (Leiter der Spracharbeit in der Region Europa II und Stellvertretender Institutsleiter Goethe-Institut Niederlande) sowie Daniel F. Hübner (Vorsitzender des Dachverbands der Germanistik- und DaF-Verbände in Spanien, Vorsitzender des Verbands für Germanistik- und DaF-Verbands in Zaragoza und Mitarbeiter der Universität von Zaragoza).

Von Janna Degener-Storr

Überall in der Welt fehlt es an Lehrkräften, auch für Deutsch als Fremdsprache. Wie erklären Sie den dramatischen Mangel in Portugal und Spanien?

Anne Nicklich: In Portugal ist die Bedeutung des Deutschunterrichts an den Schulen nicht sehr groß. Wir haben 200 Deutschlehrkräfte, nur 140 von circa 6.000 Schulen mit Fremdsprachenunterricht haben Deutsch im Angebot. Die erste Fremdsprache ist in Portugal Englisch. Als zweite Fremdsprache konkurriert Deutsch mit Französisch und Spanisch, der Sprache des großen Nachbarn, an manchen Schulen auch mit weiteren Sprachen. Das Durchschnittsalter der Lehrkräfte in Portugal liegt bei über 50 Jahren, auch im Fach Deutsch. In den nächsten Jahren steht also eine Verrentungswelle an und es fehlt der Nachwuchs. Weil es nur wenige freie Stellen an staatlichen Schulen gab und der Lehrerberuf über Jahrzehnte hinweg keine guten Perspektiven bot, war das Interesse der jungen Leute sehr gering, das betrifft auch das Fach Deutsch.

Tony Heinig: In Spanien stellt sich die Situation ein wenig anders als in Portugal dar. Das Hauptproblem besteht nicht in einem allgemeinen Lehrkräftemangel, sondern darin, dass im öffentlichen Schulsystem immer weniger Stellen explizit im Bereich Deutsch als Fremdsprache ausgeschrieben werden. Das Deutsche steht in Spanien vor folgender bildungspolitischer Herausforderung: Statt DaF-Lehrkräften sind es häufig Englischlehrkräfte mit einer zusätzlichen Lehrbefähigung für Deutsch, die die deutsche Sprache unterrichten. Die Ausbildung der Deutschlehrer*innen wird also von anderen Fakultäten in den Universitäten unter dem Dach der „Modernen Sprachen“ mit abgedeckt. Die Möglichkeiten praktische Unterrichtserfahrung zu sammeln, sind zudem begrenzt.

Daniel F. Hübner: Ursprünglich gab es in Spanien viele reine Germanistik-Studiengänge. Heute haben die Studierenden nur noch an vier Universitäten die Möglichkeit, einen Master im Bereich Lehrkraft für Deutsch als Fremdsprache im Rahmen eines Studiums der „Modernen Sprachen“ zu belegen. Wenn sie den Master zum Beispiel in Englisch oder Französisch machen und Deutsch auf C1-Niveau beherrschen, reicht diese Qualifikation auch aus, um Deutsch in der Sekundarstufe zu unterrichten.

Rafael D. Deschka: Tatsächlich fehlt es in dieser Region, wie überall in der Welt, vor allem an DaF-Lehrkräften, die sowohl sprachlich als auch methodisch-didaktisch gut qualifiziert sind.

„Die von uns initiierten und sowohl in Spanien als auch in Portugal entstehenden Hochschulkooperationen erzeugen immense Synergien und Effekte.“

Was kann das Goethe-Institut tun, um diesem drastischen Mangel an gut qualifizierten DaF-Lehrkräften in Portugal und Spanien entgegenzuwirken?

Rafael D. Deschka: Das Goethe-Institut arbeitet weltweit in über 100 Ländern partnerschaftlich mit den Akteuren vor Ort zusammen, auch in Südwesteuropa. Wir haben Kooperationsverträge mit den Bildungsministerien und Kulturabkommen, in denen die Aktivitäten des Goethe-Instituts geregelt sind. Auch die Förderung und Unterstützung der Verbände, die politisch auf die Bedeutung von Deutsch und den Deutschlehrkräfte-Beruf hinweisen, gehört zu unseren Aufgaben. Wenn es um die Stellung von Deutsch in den Curricula, mögliche Partnerschaften und die Ausbildung von Deutschlehrkräften geht, sind wir auch in engem Austausch mit Schulbehörden und Hochschulleitungen. Wir stellen Materialien für die Aus-, Fort- und Weiterbildung, auch in Form von Stipendien und Vernetzungsoptionen zur Verfügung, damit Deutsch-Lehrkräfte anwendungsbezogen auf ihren Berufsalltag vorbereitet werden können. Die von uns initiierten und sowohl in Spanien als auch in Portugal entstehenden Hochschulkooperationen erzeugen immense Synergien und Effekte in der Deutschlehrkräftegewinnung und stark praxisorientierten Ausbildung.

Student:innen im Hörsaal

Mit der Integration der Fortbildungsreihe Deutsch lehren lernen (DLL) in die Lehrpläne der Hochschulen, strebt das Goethe-Institut eine Vertiefung in der Deutschlehrkräfteausbildung an. | © Goethe-Institut

Mit welchen Argumenten werben Sie für Deutsch und den Beruf der Deutschlehrkraft?

Anne Nicklich: In den Schulen geht es vor allem darum, Vorurteile zu widerlegen. Viele denken, Deutsch sei eine schwierige Sprache. Wir setzen dem entgegen, dass wir tolle Materialien haben, um Deutsch spielerisch zu lernen, dass Deutschland ein wichtiger Wirtschaftspartner ist und dass man mit Deutsch gute Möglichkeiten hat, in einem deutschsprachigen Land zu studieren oder zu arbeiten.

Tony Heinig: Mit jungen und dynamischen Initiativen bieten wir Schülerinnen und Schülern ein attraktives Bild von Deutschland und der deutschen Sprache. Wir sagen ihnen zum Beispiel, welche beruflichen Perspektiven ihnen die deutsche Sprache ganz konkret bietet. Angehenden DaF-Lehrkräften vermitteln wir, dass eine fundierte DaF-Lehrkräfte-Ausbildung auch eine persönliche Bereicherung darstellt und dass ein handlungsorientierter und anwendungsbezogener Deutschunterricht Türen zu neuen Lernkulturen öffnet, auch über den Deutschunterricht und die Klassenzimmer hinaus.

„Das beste Argument für die deutsche Sprache ist ein guter Deutschunterricht.“

Daniel F. Hübner: Das beste Argument für die deutsche Sprache ist ein guter Deutschunterricht. Wenn die Schülerinnen und Schüler hier Spaß haben, bleiben sie dabei. Die DaF-Lehrkräfte spielen also eine wichtige Rolle, wenn es darum geht, für Deutsch zu werben, die deutsche Kultur und alles, was die jungen Leute mit Deutschland verbinden, attraktiv darzustellen. Je jünger die Schülerinnen und Schüler sind, desto wichtiger ist es auch, die Eltern zu überzeugen. Denn für Kinder stehen die beruflichen Perspektiven natürlich noch nicht so sehr im Fokus.

Rafael D. Deschka: Gerade in Portugal, wo der Lehrerberuf insgesamt kein gutes Image hat, präsentieren wir zudem erfolgreiche Vorbilder. Wir zeigen so, wie erfüllend es sein kann, immer wieder neue Generationen in die Zukunft zu begleiten und für neue Kulturen zu begeistern. Wir informieren hier wie auch in Spanien über unsere Hochschulkooperationen, die die Hochschulen bei der praxisnahen Gestaltung ihrer Lehrkräfteausbildungen begleiten, und den Studierenden den Erwerb internationaler Zertifikate ermöglichen. Wir weisen darauf hin, dass der Lehrerberuf Sicherheit und Stabilität sowie spannende Möglichkeiten des lebenslangen Lernens und vielfältige Vernetzungsmöglichkeiten im deutschsprachigen Ausland bietet. Und wir machen deutlich, dass wir als Goethe-Institut den DaF-Lehrkräften auch später im Berufsalltag an den Schulen unterstützend zur Seite stehen. Wir haben dafür gerade eine neue hybride Werbe-Kampagne gestartet.

Welche Kanäle nutzen Sie, um Ihre Informationen an die Zielgruppen zu bringen?

Anne Nicklich: Wir informieren über Deutsch und den Beruf der Deutschlehrkraft und werben auch dafür, etwa mithilfe von Plakaten und Informationsbroschüren, die in den nächsten Wochen, Monaten und Jahren an Schulen und Hochschulen verteilt werden, sowie im digitalen Raum mit Webseiten und Videos, die sich an Hochschulen sowie Lehrkräfte und Studierende richten.

Tony Heinig: Über soziale Netzwerke versuchen wir darüber hinaus, weitere Zielgruppen zu erreichen. Auf LinkedIn sprechen wir zum Beispiel Berufseinsteiger*innen sowie Dozierende und Hochschulprofessor*innen an, auf Instagram Schüler*innen und ihre Eltern.

Das Goethe-Institut unterstützt die Bildung von Hochschulnetzwerken, um den Austausch in der Lehrkräfteausbildung zu stärken. Welche Schritte in diese Richtung haben Sie in Portugal und Spanien bereits unternommen, und welche weiteren Schritte sind geplant?    

Anne Nicklich: In Portugal gibt es vier Universitäten, die Lehrkräfte ausbilden. Bisher haben sie wenig zusammengearbeitet, bis wir bei einem ersten Hochschulsymposium im Mai die verschiedenen Institute an einen Tisch holten, um den Austausch zu initiieren. Jetzt haben die Universitäten schon einen gemeinsamen Informationstermin für die Referendar*innen angeboten, wo sie sich kennenlernen und ein eigenes Netzwerk bilden konnten. Und es sind weitere Treffen und Formen und der Zusammenarbeit geplant.

Tony Heinig: Auch in Spanien gab es vorher kaum Kooperationen. Im Rahmen des Hochschulsymposiums saßen aber alle Universitäten der Iberischen Halbinsel, die ein Zukunftspotential in der DaF-Lehrkräfteausbildung haben, zusammen – und das war die Initialzündung für ein paniberisches Netzwerk. Als erstes tolles Ergebnis unterzeichneten wir mit der Universitat de València im November 2024 feierlich die erste Hochschulkooperation in Spanien. Im Januar 2025 folgte die zweite Hochschulkooperation mit der Universidad Complutense de Madrid. Die Unterzeichnung weiterer Kooperationsverträge mit Hochschulen wird derzeit vorbereitet. Zudem soll dieses Jahr ein Fachtreffen am Goethe-Institut Madrid stattfinden, bei dem alle Kolleg*innen, die als Dozierende in der DaF-Lehrkräfteausbildung auf der Iberischen Halbinsel tätig sind, zusammenkommen.

Rafael D. Deschka: Im Sommer werden sich die künftigen Ausbilder*innen, die in diesem Netzwerk tätig sein werden, zudem bei der Internationalen Tagung der Deutschlehrer:innen in Lübeck treffen, um ihre Ideen weiterzuentwickeln.
Gruppenfoto von der Unterzeichnung der Hochschulkooperation mit der Universität Valencia.

Unterzeichnung der ersten Hochschulkooperation in Spanien mit der Universitat de València. | © Goethe-Institut

Mit der Integration der Fortbildungsreihe Deutsch lehren lernen (DLL) in die Curricula der Hochschulen möchte das Goethe-Institut die Qualität der Deutschlehrkräfteausbildung erweitern. Wird das in Portugal und Spanien auch passieren?

Anne Nicklich: Ja, das ist unser Wunsch. Wir versuchen bereits in Gesprächen, die Bekanntheit von DLL in der Region zu erhöhen.

Tony Heinig: Im Rahmen der oben angesprochenen Hochschulkooperationen wird vertraglich geregelt, welche konkreten Module und Inhalte von DLL in die jeweiligen Curricula der Hochschulen integriert werden. So können wir bedarfsgerecht Synergien mit den Hochschulen herstellen und die Qualität der DaF-Lehrkräfteausbildung gemeinsam langfristig sichern.

Welche Bedeutung können Hochschulkooperationen und die Integration von DLL in die Curricula aus Sicht der portugiesischen und spanischen Deutschlehrkräfteverbände haben?

Daniel F. Hübner: Während die Hochschulen im Bereich der Germanistik bereits gut vernetzt sind, fehlt der Austausch in der Lehrkräfteausbildung tatsächlich. Hochschulnetzwerke, die einen formellen Rahmen für regelmäßig stattfindende Treffen bieten, sind eine großartige Möglichkeit, um das zu ändern. Von den wissenschaftlich immer wieder neu geprüften und praxiserprobten Fortbildungsangeboten des Goethe-Instituts würden die Deutschlehrkräfte in der Region sehr profitieren. Und als attraktives Qualitätssiegel werden sie dabei helfen, für das Studium und den Beruf zu werben.

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