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Ideale
Werte im Frauenfußball

Frauenfußball – Megan Rapinoe
Frauenfußball – Megan Rapinoe | Foto (Ausschnitt): © Shutterstock 1717697848

Wenn von Werten im Frauenfußball gesprochen wird, geht es oft um Spielerinnen wie Megan Rapinoe. Sie ist eine Fußballerin aus den USA. Für viele ist sie ein Symbol von Fortschritt im Fußball. Zum Beispiel, weil sie für gleiche Bezahlung von Männern und Frauen kämpft. Aber auch, weil sie offen lesbisch lebt; ihre Lebensgefährtin ist eine Frau. Megan Rapinoe tritt für die Rechte von Lesben, Bisexuellen, trans Personen und anderen diskriminierten Gruppen ein. Und sie setzt sich gegen Rassismus ein. Als der Footballspieler Colin Kaepernick gegen Rassismus kniete, war sie eine der ersten Sportlerinnen, die ebenfalls knieten. Wegen solcher Spielerinnen glauben viele: der Frauenfußball ist fortschrittlicher als der Männerfußball. Er vermittelt andere Ideale. Er hat bessere Werte. Aber stimmt das?

Von Alina Schwermer

Zunächst mal ist es richtig: in manchen Dingen ist Frauenfußball freier. Zum Beispiel können Spielerinnen dort leichter offen homosexuell sein als im Männerfußball. Das lesbische Magazin L-Mag schreibt: bei der WM 2019 waren mindestens 51 Spielerinnen offen lesbisch oder bisexuell. So viele wie noch nie. Bei den Männern ist das viel schwerer. Dort ist es immer noch ein Tabu, einen Mann zu lieben. Es gibt fast keine offen schwulen Fußballer. Im Frauenfußball dagegen gibt es Stars wie Pernille Harder. Sie spielt in England beim FC Chelsea und war Europas Fußballerin des Jahres 2020. Sie spricht nicht nur über Homosexualität. Sie hat ihre Freundin Magdalena Eriksson bei der WM 2019 auch vor der Kamera geküsst. Das Bild wurde sehr bekannt. Der Frauenfußball ist hier viel toleranter.

Aber trotzdem nicht so tolerant, wie viele glauben. Die Chefin vom lesbischen Magazin L-Mag vermutet: etwa die Hälfte aller Spielerinnen in der deutschen Bundesliga und in den Nationalteams sind lesbisch. Viel mehr als in den meisten Berufen. Und sie findet: dafür wird sehr wenig über Homosexualität gesprochen. Es ist auch hier oft ein Tabu. Das Recht auf Fußball wurde nämlich sehr oft vor allem von lesbischen Frauen erkämpft. Aber darüber wird kaum gesprochen. Die Spielerinnen tragen außerdem fast alle lange Haare. Sponsoren mögen es, wenn sie heterosexuell aussehen. Und in Nigeria zum Beispiel ist Homosexualität verboten. Viele Spielerinnen müssen Angst haben, dass jemand sagt: du bist lesbisch.

All das sind Probleme. Denn der Fußball ist sehr konservativ. Im Frauenfußball zeigt sich das nur anders. In den letzten hundert Jahren haben viele Männer gesagt: Fußball ist nur was für Männer. Frauen, die Fußball spielen, sind keine richtigen Frauen. Sie sind lesbisch. Dieses Image hat vielleicht auch lesbische Frauen beeinflusst. Sie entschieden sich eher für Fußball als für anderen Sport. Fußball gilt weiter als männliches Spiel, auch bei den Frauen.

Frauenfußball - Portland Thorns Providence Park Frauenfußball - Portland Thorns Providence Park | Foto (Ausschnitt): Portland Thorns Providence Park © Rainer H. Fußgänger privat
Trotzdem ist die Atmosphäre beim Fußball der Frauen anders. Lange haben sie zum Beispiel in Interviews viel ehrlicher gesprochen als Männer. Und in den Stadien werden die gegnerischen Spielerinnen nicht beschimpft oder beleidigt. Es gibt keine Gewalt. Manche Fanszenen sind sehr fortschrittlich. Zum Beispiel bei den Portland Thorns in den USA, beim FC Rosengård oder Hammarby IF in Schweden oder in Deutschland bei Eintracht Frankfurt und dem SC Freiburg. Sie bieten Chancen auf einen besseren Fußball: ohne Hass, Sexismus, Homophobie. Immer mehr Fans gehen bei diesen großen Klubs sowohl zu den Fußballern als auch zu den Fußballerinnen ins Stadion. In Spanien, Argentinien oder Chile sind Fußballerinnen gut mit feministischen Bewegungen vernetzt. All das sind wirkliche Chancen. Durch den Frauenfußball kann der Fußball besser werden.

Aber die Lage ist kompliziert. Viele Fanszenen im Frauenfußball sind nämlich gar nicht fortschrittlich. Dort sitzen alte Männer, die auch rassistisch schimpfen. Und aktuell ist der Frauenfußball auch deshalb anders, weil er wenig Fans hat. In den Stadien werden viele Freikarten vergeben. Es sitzen viele Kinder und Familien beim Frauenfußball. Es gibt noch wenig Fankultur. Sobald viele Fans da sind und mehr junge Männer in die Stadien kommen, könnte sich auch die Kultur im Stadion ändern. Die Verantwortlichen im Frauenfußball wollen mehr Publikum. Sie wollen mehr Geld machen. Aber Fans könnten dann zum Beispiel fordern, dass die Trainerin rausfliegt. Sie könnten die andere Stadt beschimpfen. Es könnten sich rechtsextreme Fangruppen gründen. Das ist vielleicht der Preis, den man zahlt. Wie sich der Sport ändert, wenn er bekannter wird, zeigen schon jetzt Interviews. Da sprechen viele Spielerinnen auswendig gelernte, nichtssagende Sätze. Wie die Männer.

Mit dem Frauenfußball ist also kompliziert. Er transportiert teilweise wirklich andere Werte. Und er bringt die Chance auf Veränderung. Oft hat er aber auch die gleichen Probleme wie Männerfußball, nur in anderer Art. Denn Frauenfußball ist eben auch nur Fußball.

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