Filmvorführung Off to take Care: Programm 1 - Framing als Praxis

Eine Artzpraxis: 2 Mediziner*innen (eine hält ein Baby)  u. eine Patientin sitzen um einen Tisch. La Permanance__©Athenaise, Image: Alice Diop

Mi, 15.11.2023

19:00 Uhr

Alice Diop: La Permanence

Den Auftakt der Filmreihe bildet Care als framing, als Rahmung und Setzung von Interesse, in doppelter Hinsicht: die Filmemacherin Alice Diop gibt uns Zuschauer*innen die einmalige Gelegenheit, dem Allgemeinmediziner Dr Geeraert und seinem Team bei der Arbeit zuzusehen, Helden und Heldinnen des Alltags. Pragmatisch gelassen leisten sie im Rahmen des Möglichen medizinische und psychologische Versorgung, im Wissen um die allgemein, strukturelle Überforderung. Zugleich zeigt Diop die Arztpraxis in Saint-Denis als Mikrokosmos einer extrem prekären, migrantischen Wirklichkeit, und nimmt jene Praxis als Rahmung, um auf Frankreichs Migrationspolitik zu blicken. Von uns Zuschauer*innen fordert sie Aufmerksamkeit ein, um eben jene Wirklichkeit wahrzunehmen, die viele nicht sehen wollen.

19.00 Uhr Begrüßung + Einführung in das Festival, 30 min
19.30 Uhr La Permanence, Alice Diop, 2016, Frankreich, 96 min.
21.10 Uhr Diskussion

Wir freuen uns, dass die Teilnehmer des Waiting Times Project während des gesamten Festivals ihre Antworten mitteilen und an unseren Diskussionen über die Filme teilnehmen werden.
Das vom Wellcome Trust geförderte Waiting Times Project beleuchtet die Beziehung zwischen Zeit und Pflege und erforscht, wie gelebte Erfahrungen, Darstellungen und Geschichten von verzögerter und behinderter Zeit die Erfahrungen von Pflege, einschließlich Gesundheitsversorgung, formen und schaffen.

Bitte beachten Sie, dass wir keine Werbung zeigen und das Programm pünktlich beginnen wird. Alle Filme in dieser Reihe, die nicht in englischer Sprache sind, werden mit englischen Untertiteln gezeigt.
 
La Permanence, Alice Diop, 2016, Frankreich, 96 min.

In einer engen, schrabbeligen Arztpraxis im Avicenne Krankenhaus in Bobigny/Saint Denis, einem Vorort im Norden von Paris, platziert die Regisseurin Alice Diop ihre Kamera leicht versetzt hinter dem Allgemein-Mediziner Dr. Geeraert. Zusammen mit ihrem Tonmann Clément Alline kommt Diop über zwei Jahre regelmäßig während der Sprechstunde vorbei. Ohne Voranmeldung empfängt Dr. Geeraert all jene, die ansonsten keine Chance auf medizinische Versorgung haben. Alle Patient*innen bringen unterschiedliche Migrationserfahrungen mit. Mit im Raum eine Psychologin, nebenan kümmert sich eine Sachverständige um administrativen Papierkram. Geeraerts begrenzte Sprechstundenzeit gibt einen Rhythmus vor. Die Pragmatik, der Humor, die sachlich kenntnisreichen Nachfragen und Kommentare des Arztes bilden eine Art Puffer zwischen den Schilderungen entlang der Schmerzgrenzen. Dr. Geeraert lässt in seinen Diagnosen keinen Zweifel daran, dass die körperlichen und mentalen Symptome letztlich Folgeerscheinungen extrem prekärer Lebensumstände sind und diese das eigentliche Problem darstellen.

 

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