Filmvorführung Natalia Sinelnikova: Wir könnten genauso gut tot sein

Blick von oben nach unten in die zentrale Halle eines Hochhauses © Fortissimo Films

Mi, 28.02.2024

19:00 Uhr

Goethe-Institut London

Goethe-Kino (Kinovorführung)

Anna und ihre sechszehn Jahre alte Tochter Iris leben in einem Hochhaus, das allein inmitten eines großen Golfplatzes steht und durch einen Stacheldrahtzaun von den umliegenden Feldern abgetrennt ist. Es ist ein begehrter Ort zum Leben, eine sichere Bastion gegen die scheinbar gefährliche und chaotische Außenwelt. Anna ist hier die Sicherheitsbeauftragte, eine wichtige Position an einem Ort, der strengen Regeln und Vorschriften unterworfen ist. Als der Hund von Hausmeisterin Gertie verschwindet, keimen unter den Bewohner*innen Angst und Misstrauen auf. Einige Nachbarn gründen eine Bürgerwehr, um die Person zu finden, die hinter dem steckt, was bald als Tatsache gilt - dass der Hund ermordet wurde. Anna versucht, die Bewohner zur Vernunft zu bringen, muss aber feststellen, dass sich die Stimmung gegen sie zu wenden beginnt.

In ihrem hoch gelobten Spielfilmdebüt führt uns die Regisseurin Natalia Sinelnikova in eine Welt, die auf seltsame Weise dystopisch und vertraut zugleich ist. Sie lässt uns über das Außen im Unklaren, um sich ganz auf den Zerfall des sozialen Mikrokosmos im Inneren zu konzentrieren. Dabei zeigt sie viel Sinn für das Absurde und schwarzen Humor, so dass wir die Vorgänge (die sich in präzise gestylten und exquisit fotografierten Interieurs abspielen) mit einer gewissen Distanz und Belustigung betrachten können. Dennoch erspart sie uns nicht den kalten Schauer der Erkenntnis: der Drang zu überleben bringt nicht das Beste im Menschen hervor, nicht einmal in einmal in Anna. Doch die rumänische Schauspielerin Ioana Iacob, die auch in unserem Januar-Goethe-Kino-Film Bis ans Ende der Nacht zu sehen war, zieht uns auf Annas Seite und macht die prekäre Situation der Außenseiterin greifbar.

Deutschland / Rumänien 2022, Farbe, 94 Min. Mit englischen Untertiteln.
Regie: Natalia Sinelnikova. Mit Ioana Iacob, Pola Geiger, Jörg Schüttauf, Şiir Eloğlu, Moritz Jahn, Susanne Wuest, Knut Berger, Mina Özlem Sagdiç, Cristin König, Jörg Pose.

   

Natalia Sinelnikova wurde 1989 in Leningrad (heute Sankt Petersburg, ehemalige Sowjetunion) geboren. Im Alter von sieben Jahren emigrierte sie mit ihrer Familie nach Deutschland. 2013 schloss sie ihr Bachelorstudium der Kulturwissenschaften mit den Schwerpunkten Fotografie und Theater an der Universität Hildesheim ab und studierte anschließend Filmregie an der Filmuniversität Babelsberg Konrad Wolf. Ihr Abschlussfilm Trauerweiden hatte seine Weltpremiere auf dem Moskauer Jüdischen Filmfestival. Die Filmemacherin ist Mitglied des jüdischen Künstler*innenetzwerks Dagesh. Wir könnten genauso gut tot sein ist ihr Spielfilmdebüt und wurde als Eröffnungsfilm der Perspektive Deutsches Kino auf der Berlinale 2022 uraufgeführt. (Quelle: Katalog der 72. Internationalen Filmfestspiele Berlin)
 

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