Die Stadt hat Durst
Manduševac soll anders werden
Obwohl die Rolle des Manduševac auf dem Zagreber Hauptplatz seit Jahrhunderten die eines Trinkwasserbrunnen war, ist heute das Vorhandensein von Wasser am Manduševac symbolisch bzw. auf die Funktion eines dekorativen Springbrunnens reduziert. Gerade aufgrund dieser Unzulänglichkeit bedarf es einer minimalen Umgestaltung der jetzigen Funktionsform des Brunnens, um diesen fehlenden Inhalt des Hauptplatzes, nämlich die Möglichkeit des Trinkwasserkonsums, zu erschaffen. Anlass zu dieser Verbesserung könnten das diesjährige dreißigste Jubiläum der Wiederentdeckung der Reste der historischen Trinkwasserquelle oder im nächsten Jahr das dreißigste Jubiläum ihrer Rückkehr auf den Trg bana Jelačića sein.
Die Bedeutung von Manduševac für Zagreb ist groß, nicht nur im Hinblick auf die Legende von der Namensgebung der Stadt, sondern auch allgemein als Trinkwasserquelle im Sinne einer Voraussetzung für die Existenz einer Stadt. Früheste Nennungen von Manduševac gehen ins 14. Jahrhundert zurück. Die Quelle befand sich auf der westlichen Seite der heutigen Bakačeva ulica, an der Hausnummer 3, von wo das Wasser bis zum Brunnen auf dem Plateau des heutigen Platzes floss. Schon im 16. Jahrhundert wurde verzeichnet, dass die Quelle hergerichtet wird, 1641 wurde der Trinkwasserbrunnen ummauert und sein visuell verzeichnetes Aussehen bekam er 1852 anlässlich des Besuchs von Kaiser Franz Joseph I. Der bisherige Brunnen wurde damals durch einen neuen ersetzt, es wurde ein Zaun aufgestellt und in der Mitte wurde ein eiserner Kandelaber mit Öllampen, später Gaslampen installiert. Dieser wurde bei der Londoner Industrieausstellung erworben.
Die Geschichte des öffentlichen Trinkbrunnens am Hauptplatz umfasst die Zeit, in der er tatsächlich vorhanden war, aber auch jene, in der es ihn nicht gab, da der Manduševac gegen Ende des 19. Jahrhunderts zugeschüttet wurde (der Kandelaber blieb noch einige Zeit stehen, aber auch er wurde 1907 entfernt), und mit der Errichtung eines neuen Palastes am Standort der Quelle ist auch sie 1912 verschwunden. In der Zwischenzeit gab es am Hauptplatz, und zwar in seinem östlichen Teil, in dem es kontinuierlich Wasser gab, den sog. „Eisernen Franzi“ („Željezni Francek“), der mit der Zeit ebenfalls entfernt wurde.
Die Herrichtung des Hauptplatzes anlässlich der Universiade 1987, eines Ereignisses, das allgemein einen wichtigen Ausfallschritt in der architektonischen Gestaltung von Zagreb bedeutete und im Zuge dessen wichtige infrastrukturelle, öffentliche und insbesondere sportliche Gebäude gebaut wurden, hatte als Ergebnis auch die Abgrabung des ehemaligen Trinkwasserbrunnens, der bis dahin praktisch in Vergessenheit geraten war.
Bei der Renovierung und dem Wiederbau des Manduševac ist jedoch ein Versäumnis geschehen – die Möglichkeit des Konsums von Trinkwasser ist nämlich nicht vorgesehen worden.
So resultierte die Entdeckung steinernen Überreste, des steinernen Würfels und der Reste der Mauer und des Bodens mit einer wertvollen, aber nur symbolischen Rückkehr des Trinkbrunnens, der das Wasser in einer neuen Form in die Erfahrung und das Erlebnis des Hauptplatzes (zurück)gebracht hat. Dieses Vorhandensein von Wasser ist aber ausschließlich dekorativ und zugleich nicht utilitär, so dass gerade hier sowohl ein Raum als auch ein Bedarf für Verbesserungen vorhanden ist.
Der neuentdeckte Manduševac hat in den ersten Jahren den im Erdreich gefundenen steinernen Teil beinhaltet, der später mit der Erklärung entfernt wurde, dass er nicht dazu passt. Der Kubus wird heute im Museum der Stadt Zagreb aufbewahrt.
Diese Veränderung initiierte die Ausschreibung eines öffentlichen Wettbewerbs für eine alternative Lösung, aber auch hier wurde der Bedarf einer Möglichkeit des kostenlosen Trinkwasserkonsums programmatisch nicht erkannt und nicht betont. Die "jugoslawische, allgemeine, öffentliche, anonyme“ Ausschreibung wurde 1989 veröffentlicht, 1990 wurde eine Entscheidung getroffen. Es sind 30 Arbeiten eingegangen und es wurden zwei gleichberechtigte erste Preise vergeben, aber als „geeigneter für die Durchführung“ wurde die Arbeit von Boris Ljubičić gewählt, der einen „Würfel“ aus springendem Wasser entworfen hat, der an den entfernten Steinwürfel assoziiert, mit programmierbaren Wasserstrahlen, die veränderbare Formen und Würfelquerschnitte in verschiedenen Richtungen und Gefällen bilden und gleichzeitig mit verschiedenfarbigem Licht (von innen, Light Show) und auch leisen Tönen kombiniert sind (…)". [Radovan Ivančević: Za Zagreb (... suprotiva mnogim), Der Verband der kroatischen Kunsthistoriker, 2001]
Die meisten eingegangenen Vorschläge „haben eine zusätzliche steinerne oder bronzene, in den meisten Fällen dazu noch überdimensionierte Skulptur vorgesehen." (ibid.)
Der ausgewählte Vorschlag wurde aber ohne Erklärung nie implementiert, und es hätte auch keinen Sinn, das heute, zwei Jahrzehnte nach der Ausschreibung zu tun.
Der damalige Ausgangspunkt für die Ausschreibung war der Ersatz des Steinwürfels, während stattdessen ein zukünftiger Eingriff den Schwerpunkt auf die Rückerlangung der ursprünglichen Hauptfunktion des Manduševac als öffentlichen Trinkwasserbrunnen setzen sollte. Obwohl die heutige Lösung projektiert wurde, um den Steinkubus, der dort nicht mehr vorhanden ist, unterzubringen, besteht keine Notwendigkeit, die heutige Form mit zusätzlichem Inhalt bedeutend zu ändern, da sie Großteils zufriedenstellend und gut in den Raum eingefügt ist.
Weil aber ein Ausbau zweifelslos erforderlich ist und der städtische Hauptplatz eine Möglichkeit des Konsums von Trinkwasser bieten soll, ist der beste Standort gerade jener historische – dort wo diese Funktion jahrhundertelang vorhanden war und allen zur Verfügung stand.
Würde man in einem breiteren Bild über die Gestaltung des Platzes, auf dem sich der Manduševac befindet nachdenken, sollte man sich außer seinem Ausbau von einem Springbrunnen zu einem Trinkbrunnen zukünftig auch mit den überbetonten Pfeilern nahe den Gleisen befassen, die allgemein zu dicht (sogar auch zu hoch) sind. Die Pfeiler bilden eine Art visueller Wand und verkleinern den Platz im Grunde genommen um fast ein Drittel. Raum für Verbesserungen gibt es auch im Hinblick auf Sitzgelegenheiten auf dem Platz zu allen Jahreszeiten. Einfach und erforderlich ist auch eine Veränderung und Findung einer neuen Lösung für den Sockel der öffentlichen Uhr, da der heutige Ergebnis einer Improvisation ist und nach der Entfernung der Fotopaneele entstanden ist, welche die jetzt sichtbaren Pfeiler bedeckt haben (es wäre, z. B. möglich, die Funktion der Uhr mit anderen Informationsfunktionen zu verbinden, die im Moment auf dem Platz als selbständige Objekte vorhanden sind). Als Teil einer umfassenderen Umgestaltung des Hauptplatzes wäre es empfehlenswert, das Ban-Denkmal an seinem ursprünglichen Standort oder einem anderen Standort aufzustellen, damit die Skulptur besser den Raum dominieren kann und aus den Zugangsstraßen sichtbar wird. Aber die einfachste und wünschenswerte Intervention ist die genannte Schaffung der Möglichkeit, am Manduševac kostenloses Trinkwasser zu konsumieren. Dabei ist als Argument für die Verfügbarkeit von Trinkwasser nicht nur die historische Funktion des Manduševac zu nennen, sondern zum gleichen Teil auch moderne Standards und die niederschmetternde Tatsache, dass am Zagreber Hauptplatz, aber auch im Stadtzentrum und in Zagreb allgemein, Trinkwasser im öffentlichen Raum Großteils nicht verfügbar ist.
Das jetzige Bild des Manduševac ist keine Abbildung seiner historischen Form, lehnt aber an diese an, und es handelt sich auch nicht um eine Gestaltungart, in die man nicht intervenieren sollte, so dass es als solches geändert werden kann. In diesem Sinne ist der vorgeschlagene Ausbau sehr wohl möglich.
In der Geschichte der Errichtung des Trinkbrunnens sind unterschiedliche Formen seiner Gestaltung verzeichnet. Es steht außer Frage, dass er heute als Trinkwasserbrunnen für alle Altersgruppen, aber auch Tiere funktionieren sollte. Gleichzeitig sollte er in seiner zentralen Position und mit seinem Maßstab zur Affirmation von Wasser als Gemeingut beitragen. Sogar die Stadtlegende, nach der jeder, der am Manduševac trinkt, immer nach Zagreb zurückkommt, spricht für die Restitution. Die Einführung einer zusätzlichen „Trinkfunktion“ ist nicht technisch anspruchsvoll, auch nicht teuer und muss das vorhandene Autorenkonzept, dass korrekt ist, nicht wesentlich beeinträchtigen, während der Ausbau an Inhalten empfehlenswert und sogar notwendig ist. Mit den Worten des Architekten Jesenko Horvat, weil “man das Wasser auch schmecken und nicht nur sehen muss”.