Joseph Beuys (12. Mai 1921 – 23. Januar 1986) gehört zu den einflussreichsten und umstrittensten Künstlern*innen des 20. Jahrhunderts. Seine Plastiken, Environments, Zeichnungen, Installationen, Multiples, Sound- und Videoinstallationen befinden sich in den renommiertesten Museen. Seine Aktionskunst aus den 60er und 70er Jahren verkörpert einen Ausgang für die Aspekte der Gegenwartskunst, die man als „engagierte Performativität“ bezeichnen könnte.
Beuys war der Mitbegründer der Partei „Die Grünen“ und Mitbegründer der „Free International University for Creativity and Interdisciplinary Research“ – einer internationalen, unabhängigen Bildungsorganisation, die den Horizont des numerus clausus genauso wie die Grenzen einzelner Disziplinen versuchte zu überschreiten. FIU kann man heute als ein Pilotprojekt sehen, dessen Idee Bildungsorganisationen wie „Cátedra Arte de Conducta“ (gegründet von der kubanischen Performerin und Aktivistin Tania Brugera) oder „School of Resistance“ (betrieben vom Stadttheater Gent) folgen.
Beuys integrierte die pädagogische Tätigkeit in den Prozess seines künstlerischen Schaffens. Die Kunst als Lernen und das Lernen als Kunst – diese Logik machte er zur Voraussetzung der Gestaltung einer plastischen demokratischen Gesellschaft. Seine soziale Philosophie, die er auf Begriffen wie „erweiterter Kunstbegriff“ und „soziale Plastik“ aufgebaut habe, ist Gegenstand eines ernsten Interesses genauso wie einer radikalen Ablehnung. Obwohl er pauschal als die „bedeutendste Position der Postmoderne“ oder der „bedeutendste deutsche Künstler nach Albrecht Dürer“ etikettiert worden ist, seine künstlerische Produktion wie sein sozio-politisches Engagement waren in den letzten Jahrzehnten einer harten Kritik unterzogen.