Anda Bukvić Pažin

Anda Bukvić Pažin © Creative Commons 4.0 Anda Bukvić Pažin Creative Commons 4.0

Anda Bukvić Pažin hat Die Bibliothek des Goethe-Instituts Kroatien als Kulisse für unser Gespräch gewählt.
Wir fragten sie, warum?


Weil meine Anfänge hier in Zagreb mit dem Goethe-Institut ebenso sehr verbunden sind wie mit der Philosophischen Fakultät. Ich hatte mein Germanistikstudium begonnen und im Stillarbeitsraum der Fakultät, wo die entsprechende Literatur erhältlich war, war es oft voll. Im Goethe-Institut gab es die nötige Literatur aber auch, es war nicht so voll und die Atmosphäre war angenehmer. Da die Sprachübungen im Rahmen des Germanistikstudiums ein sehr anspruchsvolles Fach waren, für das man viel arbeiten und lesen musste, war die Bibliothek des Goethe-Instituts also ein Ort, an dem ich fast genauso viel Zeit verbrachte wie an der Philosophischen Fakultät. Das hinterließ eine schöne Erinnerung, weil die ganze Geschichte ein gutes Ende nahm.

Wer ist And Bukvić Pažin?

Übersetzerin. Zunächst einmal. Ich beschäftige mich mit vielen Dingen und es fällt mir immer schwer ein Formular auszufüllen, das nur eine Linie oder nur ein Antwortfeld bietet. Das war schon immer so. Inzwischen sind diese Felder etwas konventioneller geworden, doch ich bin auch weiterhin in erster Linie Übersetzerin. Damit identifiziere ich mich am meisten.

Wenn ich nicht am Übersetzen bin… Hobbys, Interessen?

Lese ich. Wenn ich nicht übersetze, lese ich oder schreibe meine eigenen Texte, die mit dem Übersetzen oder mit Literatur zu tun haben. Ich schaue auch gerne Serien, doch mein Leben ist abwechselnd von textbezogenen und visuellen Phasen geprägt. Wenn ich in Texte oder ins Lesen vertieft bin, dann habe ich wenig Zeit für Serien, denn der Rest meiner Zeit ist dann hauptsächlich für meine Kinder reserviert.

Als Kind wollte ich…

Es ist wie mit den Formularfeldern, die ich erwähnt habe. Das was ich werden wollte, hatte nie einen Namen, aber es war klar, dass es mit Sprachen verbunden ist. Ich wollte mich mit Sprachen beschäftigen. Diese Sprachen wurden dann die, die ich in der Schule lernte, zunächst Englisch, dann Deutsch. Auch das, was ich studieren wollte, waren zwei Sprachen und die jeweils zugehörige Literatur. Das habe ich dann auch in die Tat umgesetzt.

Wenn ich keine Übersetzerin wäre, wäre ich…

Das ist eine schwierige Frage. Ich weiß es nicht. Ich weiß es nicht, aber es hätte sicher etwas mit Sprache und Literatur zu tun. Vielleicht wäre ich ausschließlich Lehrerin. Auch jetzt arbeite ich als Lehrkraft, aber ich bezweifle, dass ich mich zu etwas Naturwissenschaftlichem überreden ließe. Meine Familie ist ausschließlich naturwissenschaftlich geprägt, sowohl mein Bruder, als auch meine Schwester und Mutter. Alle haben diese Richtung gewählt und auch mir ist sie nicht fremd. Ich übersetze gerne Texte, die mit Naturwissenschaften, mit Medizin, zu tun haben. Ich weiß nicht, ob ich mich in diese Richtung hinreißen oder schubsen ließe, vielleicht schon. Ich bin überzeugt, dass man auch in diesen Bereichen, die als unkreativ gelten, seine Kreativität zum Ausdruck bringen kann.

Stadt oder Land?

Stadt.

Sommer oder Winter?

Sommer.

Tee oder Kaffee?

Kaffee. Das ist einfach.

Mein Lieblingsschulfach...

Kroatisch und Fremdsprachen. Aber ich mochte beispielsweise auch Biologie. Biologie gefiel mir, weil das Fach einen narrativen Charakter hatte. Wenn ich jetzt so im Nachhinein darüber nachdenke, sehe ich die Verbindung zwischen dem einen und dem anderen.

Das schlimmste/schwierigste/ langweiligste Schulfach...

Am schlimmsten fand ich Sport, weil immer etwas sehr Striktes verlangt wurde, was ich manchmal konnte und manchmal auch nicht. So lag ich dann immer irgendwie zwischen einer Eins und einer Zwei, und immer hieß es: Was krieg ich wohl in Sport? Wenn ich das jetzt Revue passieren lasse, wird mir klar, dass alles, was mit Mannschaftssportarten zu tun hatte, nicht so meine Stärke war.

Mein/e Lieblingssänger/in oder mein Lieblingslesestoff als Kind...

Uff, das ist schwierig. Sagen wir mal, dass ich eine treue Leserin der Kinderbuchreihe Biblioteka Vjeverica war. Ich las alles, was in ihrem Rahmen herausgegeben wurde, sowohl inländische als auch ausländische Autoren. Dabei hatte ich diese Fixierung. Am Ende gab es nämlich immer eine Liste von Büchern, die noch in der Reihe herausgekommen waren. Ich war besessen davon, so viele wie möglich zu lesen, um dahinter ein Häkchen machen zu können. Eigentlich kann ich aber nichts als sehr besonders hervorheben. Aus heutiger Sicht würde ich wahrscheinlich sagen, dass ich „Pippi Langstrumpf“ super fand, das sagen alle. Aber ich mochte auch den berühmtem kroatischen Kinderroman „Koko u Parizu“ (dt. Koko in Paris), den fand ich großartig. Musik stand in meinem Leben immer eher im Hintergrund und so ist es geblieben. Ich mochte Lieder, die eine Geschichte erzählen.

Mein Leibgericht...

Salziges immer eher als Süßes. Ich liebe Pizza. Ich esse sie immer gern, obwohl ich eigentlich kein Fast-Food-Typ bin, aber Pizza kommt immer gut, als Dessert oder als Hauptgericht.

Die Beatles oder die Stones?

Das hängt von der Gelegenheit und jeweiligen Laune ab, aber aus sentimentalen Gründen die Beatles.

Ich glaube ich bin sehr schlecht in…

allem, was mit Handarbeit zu tun hat. Im weitesten Sinne des Wortes.

Soziale Netze - ja oder nein?

Leider ja.

Meine Lieblingsfigur aus meinen Übersetzungen...

Es gibt zwei, zu denen ich immer wieder zurückkehre. Der erste ist Aleksandar aus dem Roman „Wie der Soldat das Grammofon repariert“ von Saša Stanišić, und da ich in letzter Zeit viele Bilderbücher übersetze, ist da noch der Junge aus der Geschichte „The King Who Banned the Dark“.

Die abstoßendste Figur aus meinen Übersetzungen...

Es ist schwierig eine Figur aus seinen Übersetzungen abstoßend zu finden, denn, wann immer man mit jemandem viel Zeit verbringt und ihn/sie gut kennenlernt, verzeiht man ihm alle seinen schlechten Seiten. Es gibt also keine.

Das Schwierigste, was ich je übersetzt habe...

Jetzt sollte ich sagen, und es wäre auch wahr, dass es der Roman „The Lesser Bohemians“ der irischen Autorin Eimar McBride war. Das war sicherlich objektiv meine schwierigste Übersetzung, weil sie ein Schreib- und Sprachkonzept umfasste, das zunächst entschlüsselt werden musste, um dann ins Kroatische übertragen werden zu können. Aber da ich Saša Stanišić schon erwähnt habe, wäre da auch sein Roman „Vor dem Fest“ zu nennen, der sehr viel historische und kreativ historisierte Teile beinhaltete, so dass man aufgrund der Bestehenden ebenfalls eine ganz neue Sprache erfinden musste. Diese beiden wären es, eine Übersetzung aus dem Deutschen, eine aus dem Englischen.
 
Wo ich am liebsten übersetze...

Überall, wo ich nicht gestört werde. Ich arbeite an allen möglichen Orten. Am liebsten bin ich in meinem Arbeitszimmer, aber das ist ein polyvalenter Raum, so dass ich, wann immer möglich, meinen Laptop nehme und mich an den nächstbesten Ort begebe, wo ich Stille und Ruhe habe, und wo niemand mit mir kommuniziert. In dem Moment ist das dann mein Lieblingsort. Also jeder Ort, an dem ich arbeiten kann, und eigentlich kann ich das überall.

Prosa oder Poesie?

Als Übersetzerin absolut Prosa. Ich habe nie längere Ausflüge in die Poesie gemacht, nur zeitweise, hier und da. Jetzt steht gerade einer an. Wir werden also noch sehen, wie das endet. Als Leserin tendiere ich aber aus Zeit- und Raummangel immer mehr zur Poesie.

Mein/e kroatische/r Lieblingsautor/in...

Das ändert sich sehr häufig, denn ich lese viel kroatische Literatur. Ich lese auch viel regionale Literatur, die für mich eigentlich auch zu unserer gehört. In letzter Zeit ist das zum Beispiel Maša Kolanović und ihre Kurzgeschichten. Lana Bastašić, „Uhvati zeca“ (dt. Fang den Hasen) heißt der Roman.

Was ich außer dem Übersetzen, wenn überhaupt, noch beruflich mache, und welcher Beruf mir lieber ist...

Ich unterrichte, arbeite mit Studenten. Es fällt mir schwer zu sagen, was ich lieber mache. Wenn ich zu lange und zu intensiv unterrichte, dann sehne ich mich nach Raum für mich und meine Übersetzungsarbeit. Wenn ich dann wiederum zu lange am Übersetzen bin, fehlt mir der Kontakt und die Interaktion mit Kollegen, mit den Studenten. Das eine ergänzt also das andere.

Mein momentanes Lieblingswerk aus der deutschsprachigen Literatur.
Gerade lese ich „Miroloi“, einen Roman von Karen Köhler, einer Hamburger Autorin. Es ist eine Frauengeschichte, nicht gerade so originell, wie ich gedacht hatte, aber heutzutage und in der heutigen Literatur ist es schwierig, etwas Originelles zu schreiben. Ich habe noch nicht zu Ende gelesen, es könnte also noch eine Enttäuschung werden, aber bis jetzt finde ich den Roman ziemlich interessant. Eigentlich höre ich mir die Hörbuchversion an - ich höre oft Hörbücher, womit wir wieder beim Mangel an Zeit, Ruhe und Konzentration aufs „richtige“ Lesen wären. Ich lese auch Esther Kinskys Roman „Am Fluß“. Sie ist Übersetzerin und Schriftstellerin und ich interessiere mich auch für ihre theoretischen Texte und ihre Essayistik. Ihre Prosa habe ich noch nicht gelesen, aber das ist die nächste Übersetzung, die auf mich zukommt, so dass wir beide uns gut gegenseitig kennenlernen werden.

Pläne für den Sommer, bzw. das Meer oder die Berge?

Übersetzen. Am Meer.


 
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