Öffentliche Haikus
Über Politik
schreibt keiner ein Haiku.
Versuchen wir es!
*
Was schreckst auch du vor
den Armen zurück? Hasst du
es, du selbst zu sein?
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Spricht mich ein Bettler
an, bin ich verlegen,
ein verdorrter Ast.
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Zu lange Wörter
Sprechen von der Gesellschaft.
Von dir so kurze.
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Gegen Mörder braucht
es mordfreie Affekte.
Hier kommt die Zukunft.
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Liebesgedichte
sind alle Politik. Und
alle Demos Sex.
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Der stinkige Mund
des Oberchefs rührt an die
Zeit. Dürre kehrt ein.
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Mein Herr ist kein Herr.
Wer ein Herr ist, ist nicht mein.
Ein windiger Tag.
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Warum schreit die Wahr-
heit? Was schmerzt sie so sehr, und
warum verstummt sie?
*
Viel gesprochen, doch
wenig gesagt. Verdorrte
Marillenbäume.
*
Sliwowitz und Wurst,
nervende, erlogene
Traditionen.
*
Einmal sagte ich,
ich sei ein Rom. Damals half
das. Aber heute …
*
Schöner Sommer, gleich
einer Romni. Lohende
Lippen, Schmelz und Glanz.
*
Über Politik
kann man kein Haiku schreiben?
Auch über sonst nichts.
Übersetzt von György Buda
In:
Élet és Irodalom, 22. Aug. 2014, S. 14. (Originaltitel:
Közhaikuk).