Schnelleinstieg:

Direkt zum Inhalt springen (Alt 1) Direkt zur Hauptnavigation springen (Alt 2)

Interview mit Antje Ehmann
Eine Installation voller interessanten Reflexionen

Antje Ehmann
© Neogrády-Kiss Barnabás

Harun Farocki gilt als einer der wichtigsten und international einflussreichsten deutschen Filmemacher. Ab den späten 1990er Jahren entwickelte er eigenständige Arbeiten, Projekte und Ausstellungen in Zusammenarbeit mit seiner Frau, der Filmkritikerin Antje Ehmann. Die aktuelle Ausstellung "Wie man sieht" von Harun Farocki im aqb läuft bis zum 5. November. Über die Ausstellung fragten wir Antje Ehmann.

Es gab über die Jahre schon viele Ausstellungen von Harun Farocki in aller Welt. Hat sich Ihrer Meinung nach die Wahrnehmung oder Einstellung zu den Werken verändert? Wenn ja, wie weit und in welchen Aspekten?

Die Rezeption von Haruns Werk ist – weltweit gesehen – sehr unterschiedlich. In einigen Ländern wird seine Arbeit geradezu verehrt und gefeiert (z.B. in Argentinien, der USA und Österreich) in anderen Ländern ist er als Filmemacher kaum bekannt (z.B. in Ungarn, was sich jetzt gerade ändert). Aus traurigem gegebenen Anlass, dem Angriffskrieg Russlands, sehe ich, dass man Haruns Filmen und Installationen eine Aktualität zuschreibt. Viele seiner Werke setzen sich mit vergangenen Kriegen auseinander und die werden gerade verstärkt angefragt.

Sie haben sehr eng mit Harun Farocki zusammengearbeitet. Bei welchem Projekt war die Zusammenarbeit für Sie am spannendsten?

Harun Farocki: Eine Einstellung zur Arbeit © Neogrády-Kiss Barnabás Das ist zweifelsohne das Workshop- und Ausstellungs-Projekt „Eine Einstellung zur Arbeit“, dass wir von 2011-2014 in 15 Städten weltweit betrieben haben.
(Siehe: http://labour-in-a-single-shot.net)

Der Künstler Andreas Siekmann sagte einmal, dass Harun mit diesem Projekt, die ganze Welt umarmen wollte. Das finde ich sehr schön, ich schließe mich da an. Erfreulicherweise ist das Projekt bis heute noch sehr lebendig; ich führe die Workshops mit verschiedenen Kollegen weiterhin durch; und es sind auch diverse Ausstellungen derzeit in Planung.
 

Harun Farocki: Wie man sieht © Neogrády-Kiss Barnabás
Wie sehen Sie die Ausstellung in Budapest im Vergleich zu anderen Ausstellungen? Gibt es vielleicht einen Unterschied, den Sie besonders bemerkenswert finden?

Zunächst gefällt mir die Ausstellungshalle sehr gut, mit dem 100 Jahre alten Holz.
Das ergibt schon mal eine sehr spezifische Atmosphäre, nicht so clean wie in White Cubes. Dann ist die Auswahl der Werke, die Krisztián Kukla getroffen hat, sehr präzise. Der aufmerksame Besucher wird merken, dass sich hier gewisse Leitthemen durchziehen (Filmgeschichte, Bildproduktion), die aufeinander aufbauen und sich gegenseitig bereichern. Es handelt sich also um das Gegenteil eines Sammelsuriums. Das gibt es natürlich öfter, gelingt aber nicht immer.

Welches Werk aus dieser Ausstellung liegt Ihnen persönlich besonders am Herzen?

Eine meiner Lieblings-Installationen ist die Zweikanal-Arbeit „Schnittstelle“. Das war das erste Mal, dass Harun mit zwei Bildern nebeneinander gearbeitet hat; und also auch seine erste Installation für Kunsträume. Das war eine Auftragsarbeit und der Auftrag war es, dass sich Harun mit seinem eigenen Filmwerk auseinandersetzen sollte. Die Installation ist voller interessanter Reflexionen, und sie ist – wie ich finde – zugleich eine ideale Einführung in sein Werk und sein Denken.

Und welches Werk bzw. welche Werke könnten aus Ihrer Sicht eine besondere Relevanz für das ungarische Publikum haben?

Harun Farocki: Wie man sieht © Neogrády-Kiss Barnabás Das ist für mich schwer zu sagen, da ich keinen tieferen Einblick in die ungarischen Verhältnisse habe. Ich nehme jedoch an, dass das Novum dieser Ausstellung, eine Auswahl von Themen-T-Shirts, für das ungarische Publikum interessant sein könnte. Harun hat über Dekaden hinweg mit großer Freude Themen-T-Shirts gekauft und auch getragen. Die Auswahl zeigt ein Problembewusstsein bezogen auf Konflikte, die sich in den unterschiedlichsten Ecken der Welt abspielen und -spielten. Und das Ganze ist ziemlich pop-artig: von scharf oder ernst bis albern oder ironisch gebrochen.
 

Top