Hello Wood
Step Closer! – Architektur und soziales Engagement
Hello Wood ist eine internationale Kunstinitiativemit Sitz in Budapest. Ihr bekanntestes Programm ist ein jährlich stattfindender einwöchiger Workshop, bei dem anerkannte Experten und Kunstschaffende ihre Erfahrungen mit den Nachwuchstalenten teilen. Die Arbeiten, die während des Workshops entstehen, sind von zwei von Merkmalen geprägt: Ihr Material ist meist Holz und sie müssen eine Verbindung zwischen Kunst und sozialem Engagement aufweisen. Hello Wood will wissenschaftliche und künstlerische Bereiche zusammenführen, Netzwerke aufbauen und junge Talente entdecken. Das Programm bringt nicht nur Studenten und Lehrer grenzübergreifend zusammen, sondern sorgt auch für den Kontakt zwischen den jungen Kreativen und dem Publikum.
2013 wurde bereits zum vierten Mal der Hello-Wood-Workshop veranstaltet. 130 junge Architekten und Designer arbeiten mit renommierten Experten aus dem In- und Ausland zusammen, um den Wert menschlicher Beziehungen wiederzuentdecken. Hello Woods jüngste Vision nämlich galt dem Versuch, die natürlichen menschlichen Bindungen zu erfassen und zu festigen und mit Hilfe von entstehenden Gebäuden die Umgangsformen innerhalb einer Gemeinschaft auf subtile Weise neuzugestalten. Damit wollte man die junge Generation der Gestalter, in deren Leben der Workshop eine wichtige Rolle spielt, erneut für das sozial bewusste Denken und Handeln sensibilisieren. Die Teilnehmer konstruierten im einwöchigen Workshop 12 Objekte, die am letzten Tag von einer prominenten Jury bewertet wurden.
Hello Wood und das soziale Engagement der Architektur
Ein Jahr davor, 2012, entwarfen die Teilnehmer von Hello Wood Installationen für acht Gemeinden in Borsod, um den Menschen in der nordostungarischen Problemregion mit den ihren Mitteln zu helfen. Die sozial-architektonischen Eingriffe sollten zur Verbesserung des Gemeindelebens beitragen. Manche der Konstruktionen halfen, um lokale Spannungen zu mildern, andere förderten die Entwicklung einer positiven Identität der Gemeinde. Beim Workshop 2013 wurde dann aufgrund dieser Erfahrungen und Ergebnisse vor allem die Frage weiter untersucht, wie die Berufe des Architekten und des Designers eine gemeinschaftsstärkende Rolle erfüllen können, wie also das Verhältnis zwischen den Menschen, der Natur und der gebauten Umgebung mit Hilfe des Designs und der Architektur enger geflochten werden kann.Mit dem Motto von Hello Wood 2013 – „Step closer!“, „Tritt näher!“ – wurden gleich zwei Zielsetzungen formuliert: das Verhältnis zwischen den Menschen, der Natur und der gebauten Umgebung mit Hilfe des Designs und der Architektur (und natürlich mit großen Mengen von Holz) enger zu flechten sowie junge kreative Talente dazu anzuregen, ihre urbane, moderne, digitale Arbeitsumgebung zu verlassen und in gemeinsamer Anstrengung sowie in manueller Arbeit Lösungen für reale, konkrete Probleme zu suchen.
Teilnehmer und Gestalter
Hello Wood 2013 zeigte sich ebenso sozial wie international. Fast 40% der Teilnehmer kamen aus dem Ausland, und von den 11 Installationen sind fünf unter der Leitung ausländischer (polnischer, österreichischer, deutscher, englischer, spanischer und niederländischer) Teamleiter entstanden. Zu diesen gehörten Gestaltungsexperten wie die Architekten des Büros CODA aus Barcelona, die mit ihrer „BigO“ betitelten (und von vielen als „Pfannkuchen“ bezeichneten) Installation die Elastizität des Baumaterials Holz betonten, oder Holger Alpermann aus Berlin, der einen riesengroßen, in den Himmel ragenden und vom Wind geschaukelten „Trichter“ errichtete. Der Brite Oliver Sales und der Österreicher Bence Pap ließen sich gleichermaßen von der digitalen Designtechnik und den in der Natur vorhandenen Formen inspirieren, um ihren zeltähnlichen „Tom Dom“ zu konstruieren.Erstmals waren beim Workshop der international anerkannte, mit dem FIABCI- und dem Ybl-Preis ausgezeichnete Architekt Gábor Zoboki und sein Mitarbeiter András Csiszér dabei, die mit ihrem Team ein fast 20 Meter langes und 3 Meter hohes, dynamisches Tor mit dem Titel „e-motion TRACK“ (Pfad der Emotionen) entwarfen, dessen Konstruktion sich wie ein Drache bewegen lässt.
Die aktuellen Arbeiten
2013 setzten sich die Teilnehmer ausnahmslos mit Formen der alltäglichen Interaktion auseinander, die die Menschen so ausgeprägt vorfinden, dass sie sie meist gar nicht hinterfragen. Ein Beispiel dafür ist das Lagerfeuer, das dank der gemeinsamen Arbeit von András Cseh und Bálint Veres nunmehr auch von jenen unmittelbar genossen werden kann, die nicht ganz vorne sitzen können. Im „FeuerHERD“, einem mobilen Konstrukt aus Sitzbänken nämlich sind die hinteren Reihen wie in einem Amphitheater höher gestellt, so dass man von ihnen auf das lodernde Feuer in der Mitte blicken kann. Áron Losonczi und Bence Turányi reagierten mit ihrem Musiksharing-Gerät „iWood“ auf jene inzwischen völlig normale Situation, dass in einer Gesellschaft alle mit ihren Handys beschäftigt sind. Ohne diese moderne Idylle ihres digitalen Elements zu berauben, werden hier die Teilnehmer mit Hilfe einer analogen Technik, einem Holzgerät zum Musiksharing, miteinander verbunden. So kann die Gesellschaft die Vorteile moderner Technik (in diesem Fall das bequeme Musikhören) gemeinsam genießen, ohne voneinander isoliert zu werden.Suzana Milinovic’ und Rufus van den Bans Projekt „Panorama Peep Hole“, das auch den Publikumspreis gewann, ist eigentlich nichts anderes als das vermutlich kleinste Lokal der Welt, das unter den Teilnehmern als „Body Bar“ bekannt wurde. Das Duo setzte sich zum Ziel, auf 1,44 Quadratmeter die maximale Zahl von Gästen und Wirtshausfunktionen unterzubringen, wobei die „Körperbar“ trotzdem bequem und funktionsfähig bleiben und die Menschen durch die intensive Nähe zu neuen Formen der Interaktion anregen sollte. „Mordors Mühle“ wiederum ist ein Windkraftwerk, eine monumentale, 6 Meter hohe Windmühle, die konkret für einen Windkanal der Gegend entworfen wurde und um deren zentrale Achse 24 Blätter rotieren. Ihre Konstrukteure, Nándor Nagy und Bulcsú Szabó, wurden wohl ebenso durch die Vorsehung wie auch praktisch durch einen Traktor unterstützt, als der monumentale Wundermechanismus aus seiner liegenden Position aufgerichtet wurde, um mit dem endlosen Rotieren zu beginnen. Dia Harcsa und Tibor Dékány legten größten Wert auf die Einfachheit, indem sie einen 43 Meter langen Designer-„Tisch“ bauten und damit die gemeinschaftsstiftende Rolle der gemeinsamen Mahlzeiten und Gespräche betonten. Áron Vass-Eysen, Zsolt Frikker und Béla Gál errichteten in einem unbenutzten Trakt des Dorflokals von Kapolcs den „Kapo_cs“-Platz (d.h.: „Verknüpfung“), der zwei Bereichen verbindet und die Kontakte zwischen einheimischen und fremden Gästen im Lokal fördern kann.
Die Installationen, die in der atemberaubend schönen Landschaft von Csórompuszta errichtet wurden, zeugen ausnahmslos von der Ernsthaftigkeit, mit der die Teilnehmer ihre Aufgabe angingen, sowie davon, dass die kreativen und wertvollen Arbeiten allesamt auf sensiblen Fragestellungen und der gemeinsamen Suche nach Antworten beruhen.
Hello Wood widmet sich neben dem Vorbereiten und Durchführen des jährlichen Workshops der Entwicklung von Programmen und Projekten, in denen sich sozial verantwortungsvolle Inhalte aussagekräftig manifestieren und mit architektonischen Mitteln verknüpft werden können. Das Programm Manufaktur8 etwa zielt auf die Errichtung einer Werkstatt für Holzverarbeitung, in der auch die örtliche Bevölkerung in die Herstellung der Möbelstückeeinbezogen wird. In einem anderen Programm sollen lokale Baumaterialien und Ressourcen mit modernen Technologien verbunden werden, um schließlich zum Prototyp eines Billighauses zu kommen.