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Berlinale-Blogger*innen 2024
„Das ist kein Dokumentarfilm über die Vergangenheit"

No Other Land
Der palästinensische Aktivist Basel Adra in Masafer Yatta zeichnet Momente seines Lebens und das seiner Gemeinschaft unter der israelischen Besatzung auf. | © Basel Adra, Hamdan Ballal, Yuval Abraham, Rachel Szor

In Palästina herrscht eine kritische Situation. No Other Land, ein Dokumentarfilm aus Palästina, dokumentiert Momente der bis zum heutigen Tag andauernden Besatzung Palästinas und des Völkermords durch Israel. Der Film feierte auf der 74. Berlinale Premiere und ist ein Beitrag des Panorama-Programms. Nach der Vorführung erntete er Standing Ovations der Zuschauer.

Von Permata Adinda Priyadi

Basel Adra, ein palästinensischer Aktivist aus Masafer Yatta im Westjordanland, kämpft seit seiner Kindheit gegen die israelische Besatzung seiner Gemeinde. Er trifft Yuval Abraham, einen israelischen Journalisten, der Basels Kampf unterstützt. Der Film ist die kollektive Bemühung, für Gerechtigkeit zu kämpfen. Neben Basel und Yuval sind zwei weitere Filmemacher*innen, Hamdan Ballal und Rachel Szar, beteiligt. Im Folgenden finden Sie eine Zusammenfassung der Frage-und-Antwort-Runde im Anschluss an die Filmvorführung.

Was stand am Beginn der Filmarbeiten zu No Other Land? Mit welchen Herausforderungen waren Sie konfrontiert?

Basel: Zunächst haben wir über fünf Jahre als Journalisten in Masafer Yatta gearbeitet, wir haben Artikel geschrieben und dokumentiert. Dann hatten wir das Gefühl, dass wir mehr tun mussten als die journalistische Arbeit, wir mussten einen Dokumentarfilm drehen.

Yuval: Wie man im Film sehen kann, mussten wir uns vielen Herausforderungen stellen. Rachel und ich sind frei, wir genießen Bürgerrechte, wir genießen Bewegungsfreiheit. Basel und Hamdan tun das nicht. Sie leben unter der militärischen Besatzung. Sie können uns nicht besuchen. Aus diesem Grund haben wir den größten Teil des Filmschnitts in Masafer Yatta durchführen müssen.

Das Militär ist zweimal in Basels Haus eingedrungen und hat Material, Kamera und Computer mitgenommen. Nicht nur das, was die Filmarbeit betrifft, auch Masafer Yatta wird, während wir uns hier unterhalten, zerstört.

QnA No Other Land Frage-und-Antwort-Runde im Anschluss an die Filmvorführung mit Basel Adra und Yuval Abraham auf der 74. Berlinale. | © Goethe-Institut Indonesien / Permata Adinda
Sie haben noch nie zuvor einen Film gedreht. Warum haben Sie sich für dieses Medium entschieden? Ist es in dieser Zeit nicht einfacher, soziale Medien zu nutzen?

Basel: Wir haben Beiträge in sozialen Medien veröffentlicht, wir haben Artikel geschrieben. Wir wollen ein breiteres Publikum erreichen und Druck auf westliche Regierungen ausüben, um eine politische Lösung zu finden. Diese Regierungen stellen Israel Militärhilfe und Geld bereit.

Yuval: Ich denke, das Kino ermöglicht es uns, Momente anhaltender Gewalt festzuhalten und diese in einer klaren Geschichte zu verweben, sodass die Menschen erkennen können, dass die Ereignisse nicht zufällig passieren. Gewalt gegen Palästinenser ist zur Normalität geworden, auch in Gaza. Es entsteht der Eindruck, dass israelisches Menschenleben für westliche Zuschauer und Medien mehr wert ist als palästinensisches Menschenleben. In meinen Augen versucht unser Film, das zu hinterfragen.

Der Konflikt dauert an, wie entscheiden Sie als Filmemacher und Aktivist über Beginn und Ende des Projekts?

Basel: Es war äußerst schwierig, den richtigen Zeitpunkt für das Ende des Films zu bestimmen. Der Dokumentarfilm dokumentiert nichts bereits Geschehenes, sondern er erzählt eine fortlaufende Geschichte.

Wie Sie im Film sehen können, verschlechtert sich die Situation immer weiter. Am 13. Oktober habe ich gefilmt, wie mein Cousin von einem Siedler erschossen wurde. Ich hätte mir niemals vorstellen können, einen solchen Moment mit der Kamera festzuhalten.

Ihrer Meinung nach, was können wir als Zuschauer tun, wenn wir diesen Film gesehen haben?

Yuval: Uns ist bewusst, dass in Deutschland der Begriff „Apartheid“ nach wie vor umstritten ist. Aber für mich als Israeli gibt es keinen geeigneteren Begriff, um die Situation zu beschreiben. Basel und ich beispielsweise stehen gleichermaßen unter der Kontrolle der israelischen Regierung. Unsere Personalausweise wurden von der israelischen Regierung ausgestellt. Aber ich habe das Wahlrecht und Basel nicht. Ich kann zum Flughafen, der 20 Minuten von mir zu Hause entfernt ist, fahren und hierher fliegen. Basel ist Palästinenser und kann zu keinem Flughafen. Er brauchte 40 Stunden, um hierher zu kommen und euch zu sehen. Wir, zwei Filmemacher, im gleichen Alter, ich bin frei und Basel ist es nicht.

Meine Familie ist vom Holocaust betroffen. Meine Großmutter wurde in Libyen unter der faschistischen Herrschaft Italiens geboren, und die Familie meiner Großmutter in Rumänien und Ungarn wurde unter dem Holocaust-Regime ermordet. Als Israeli mit dieser Geschichte möchte ich den Menschen in Deutschland sagen: Berufen Sie sich nicht auf Ihre Schuldgefühle, wenn Basels Familie angegriffen wird, wenn Sie keinen Waffenstillstand in Gaza fordern, wenn Sie einen Krieg unterstützen, der 12.000–13.000 Kinder getötet hat. Wenn so die Schuld, die Sie aus dem Zweiten Weltkrieg in sich tragen, eingelöst werden soll, dann will ich diese Schuld nicht.
QnA No Other Land Standing Ovations der Zuschauer nach der Vorführung des Films No Other Land. | © Goethe-Institut Indonesien / Permata Adinda

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