Ausstellung für Zeitgenossische Kunst
ARTJOG: von Yogyakarta in die ARTWORLD

Seni instalasi - bola mata; Wedhar Riyadi
Seni instalasi - bola mata; Wedhar Riyadi | © Therra Bajraghosa

ARTJOG - so heißt das Ausstellungsereignis zeitgenössischer Kunst, das jährlich einen Monat lang entweder im Mai, Juni oder Juli in Yogyakarta stattfindet und als Barometer für zeitgenössische Kunst Indonesiens gilt. Die beteiligten Künstler entstammen den unterschiedlichsten Kunstszenen sowohl im In- als auch im Ausland und präsentieren ihre Kunstwerke in vielfältigen Formaten - nicht nur zweidimensional, sondern auch dreidimensional in Form von Performances und Installationen.

An Besuchern mangelte es der ARTJOG seit ihrem Bestehen noch nie. Im Gegenteil, zieht sie doch mit jedem Jahr mehr und mehr die Aufmerksamkeit von Kunstinteressierten auf sich, die sich entweder eine Ausstellung ansehen oder sich sogar an einer Ausstellung beteiligen wollen. Zu Beginn war die ARTJOG ein Bestandteil der jährlich stattfindenden Veranstaltungsreihe mit dem Titel „Festival Kesenian Yogya” (FKY), das heißt, des Kunstfestivals Yogya. Seit dem Jahr 2010 firmiert das Ausstellungsereignis selbstständig unter dem Titel ARTJOG. Sein enormer Erfolg brachte ein weiteres Ausstellungsprogramm hervor, das die einmonatige ARTJOG begleitet: die Yogya Art Week. Dieses Format dient dazu, jenen Kunstwerken eine Sichtbarkeit zu verleihen, die den Auswahlprozess im Vorfeld der ARTJOG nicht bestanden haben und somit nicht in den entsprechenden Ausstellungsräumen in Yogyakarta präsentiert werden.

Romuald Karmakar, BYZANTION (2017). Installation view at documenta 14, Kassel, 2017 Romuald Karmakar, BYZANTION (2017). Installation view at documenta 14, Kassel, 2017 | Photo by Benjamin Westoby for Artsy Die ARTJOG wurde von Heri Pemad ins Leben gerufen. Der Absolvent des Fachbereichs Malerei des Kunstinstituts Yogyakarta gründete im Jahr 2004 als Kunstmanager ein Büro für art management in der Stadt. Bis heute fungiert Heri Pemad als CEO der ARTJOG, an seiner Seite ist Bambang „Toko” Witjaksono als Kurator tätig. Yogyakartas Ausstellungsräume sind eigentlich niemals leer. Ständig finden Ausstellungen Bildender Kunst statt. Bei der ARTJOG allerdings handelt es sich um ein Kunst-Event, das gleichermaßen von Interessierten aus Indonesien wie von internationalen Besuchern erwartet wird. Die magische Anziehungskraft der ARTJOG wächst von Jahr zu Jahr sogar noch und nimmt die Aufmerksamkeit der Kunstliebhaber zunehmend in Beschlag. Das Festival wird nicht nur von Sammlern, Kunstschaffenden und Kunstliebhabern besucht, so wie man es von anderen Ausstellungen kennt, sondern auch die breite Öffentlichkeit zeigt großes Interesse, sich an den auf der ARTJOG präsentierten Kunstwerken zu erfreuen. Die teilweise eben nicht kunstversierten Besucher machen sich mit den Ausstellungsstücken vertraut, indem sie entweder das jeweils dargebotene Kunstwerk auf sich wirken lassen und die seitlich angebrachten Beschriftungen lesen, oder aber, indem sie sich einige Werke namhafter Künstler, die in anderen Kunstausstellungen selten zu sehen sind, für die eingehendere Betrachtung auswählen. Andere machen einfach ein Foto - gern auch ein Selfie oder Wefie.

Warum ARTJOG?

Der Erfolg der ARTJOG kann hinsichtlich seiner Anziehungskraft auf ihre Besucher als fantastisch bezeichnet werden. Die Vielfalt an ausgefallenen, künstlerisch und besucherfreundlich gestalteten Ausstellungsräumen ernten immer wieder aufs Neue anerkennenden Beifall. Aber was genau unterscheidet die ARTJOG von anderen Veranstaltungen dieser Art?

Roee Rosen, Live and Die as Eva Braun (1995-1997). Installation view at documenta 14, Athens, 2017 Roee Rosen, Live and Die as Eva Braun (1995-1997). Installation view at documenta 14, Athens, 2017 | Photo by Sabine B. Vogel for Kunstforum Die ARTJOG ist in jedem Jahr einem spezifischen Thema gewidmet, das sich in der Gestaltung der Ausstellungsräume niederschlägt. Auch das gesonderte Auswahlverfahren der auszustellenden Kunstwerke steht unter dem Licht des thematischen Schwerpunktes. Das Management geht zum Teil gezielt auf Künstler zu und spricht sie für ihre Teilnahme an der Ausstellung an, doch über die sogenannte open application öffnet es ebenso die Tore für andere Kunstschaffende.

Angesichts der Fülle von hunderten bis tausenden eingereichter Kunstwerke wird jedoch das Auswahlverfahren der ARTJOG von Jahr zu Jahr strenger. Es besteht ein enorm hohes Interesse und ein starker Andrang seitens der Kunstschaffenden, an dieser Veranstaltung teilnehmen zu wollen. Im Rahmen der ARTJOG stellt das Format Special Presentation Artist ausgewählte Kunstwerke in den Mittelpunkt, darunter auch solche von internationalen Künstlern. So wurden etwa Werke von Yoko Ono in ihrer Eigenschaft als Kunstschaffende und als Friedensaktivistin auf der ARTJOG 8 2015 im Taman Budaya Yogyakarta ausgestellt. Vor dem Jahr 2015 waren unter anderem Werke von Marina Abramovic (USA), Team Lab (Japan), Stefan Sagmeister (Österreich), Wim Delfoye (Belgien) und Ashley Bickerton (USA) vertreten.

Das „Aushängeschild“ der ARTJOG ist die Gestaltung des Eingangsbereichs. Ein beauftragter Künstler, der „commissioned artist“, präsentiert hier seine commissioned work, die seine Auseinandersetzung mit dem jeweiligen Thema verbildlicht. Ganz gleich ob ein einzelner Künstler oder eine Gruppe von ARTJOG damit betraut wird: Im Werk muss sich widerspiegeln, dass sich die Künstler mit dem ihnen gestellten Thema künstlerisch auseinandergesetzt haben, sodass der visuelle Ausdruck im Ergebnis den Betrachter in Erstaunen versetzt. So arrangierte der Künstler Samsul Arifin im Jahr 2014 unter dem Thema „Legacies of Power” eine Reihe von Puppen aus Jutestoffen unterschiedlicher Größe auf einer großen Bühne. Die teilweise riesigen Figuren schienen die Besucher des Ausstellungsraumes des Taman Budaya Yogyakarta zu begrüßen.

Zur ARTJOG 10 im Jahr 2017 lautete das Thema „Changing Perspective” und Wedhar Riyadi wurde als commissioned artist ernannt. Seine Installation präsentierte Augäpfel in unterschiedlichen Formen und Farben und stellte seine Antwort auf die gegenwärtige digitale Epoche dar. Neben der besonderen Gestaltung ihrer Veranstaltungsorte versammelt die ARTJOG sämtliche Medien und Formate von Kunstwerken: Gemälde, Skulpturen, Kunsthandwerk, Graphik, Fotografie, Film, Vorträge, Performative Kunst und Installationen. Dabei findet man sowohl Exponate, die man dem Mainstream zurechnen kann, als auch solche, die als „out of the box“ zu bezeichnen sind.

ARTJOG10 -2017 ARTJOG10 -2017 | © Therra Bajraghosa Seit 2013 verleiht die ARTJOG die Auszeichnung Young Artist Award (YAA) an junge Künstler unter 35 Jahre. Der Preis soll den Ehrgeiz junger Künstler anspornen und ihre Entwicklung befördern sowie auch das künstlerische Netzwerk stärken, das für eine weitreichende Sichtbarkeit der Kunstszene sorgt. Im Jahr 2017 fiel die Auszeichnung des Young Artist Awards auf Syaiful Aulia Garibaldi und Bagus Pandega.

Eine weitere Besonderheit der ARTJOG ist, dass sie auch gut organisiert ist, was das Angebot des Rahmenprogramms angeht: Es gibt kuratorische Führungen, Treffen mit Künstlern und Präsentationen zur Kunst. Es fand eine Führung zur Geschichte der Kunstakademie Indonesiens (ASRI) statt, als die Veranstaltung im Jogya National Museum (JNM) ausgetragen wurde: Die Kunstakademie war der Vorläufer des Institut Seni Indonesia Yogyakarta, des Kunstinstituts der Stadt. Für Kunstsammler wird zu Beginn der Ausstellung darüber hinaus das Programm viewing angeboten. Die Sammler haben hier die Möglichkeit, sich in Ruhe über die Werke der Künstler und ihre Preise im Einzelnen zu informieren. 

Ein Jahrzehnt ARTJOG

ARTJOG10-2017 ARTJOG10-2017 | © Therra Bajraghosa 2017 ging die ARTJOG ins zehnte Jahr ihres Bestehens. Die ARTJOG 10 unterschied sich aus diesem Grund hinsichtlich des Auswahlkonzepts der Künstler und ihrer Werke von ihren Vorgängerveranstaltungen. Nicht nur namhafte Künstler wurden ausgestellt, sondern auch zahlreiche junge Künstler mit ihren Debüt-Werken. Außerdem waren zwei, in Indonesien als public figures geltende Teilnehmer mit dabei: Der Jazzsänger Tompi zeigte eine fotografische Arbeit und Nicholas Saputra, der durch den Film Ada Apa dengan Cinta (AADC) bekannt wurde, präsentierte ein Werk, das in Zusammenarbeit mit dem Künstler Angky Prubandono entstand.

“Floating Eyes” ist der Titel der Augen-Skulptur aus Harz von Wedhar Riyadi, die den Austragungsort der ARTJOG 10 beherrschte. Als commissioned artist wollte er mit seinem Werk zum Ausdruck bringen, dass die Menschen in der durchdigitalisierten Zeit ihre Perspektive wechseln sollten. Eine weitere Neuheit bei dieser Veranstaltung im Jogya National Museum (JNM) war die nochmalige Präsentation der Skulptur vom Gründer der ASRI, R.J. Katamsi, des Bildhauers Wahyu Santoso.