Gespräch mit Maharani Mancanagara
Tiefer tauchen, weiter gehen: Einblicke in die künstlerische Praxis von Maharani Mancanagara
Die Künstlerin Maharani Mancanagara hat während der Pandemie ein Brettspiel entwickelt, das auf ihrer Arbeit „Hikayat Wanatentrem" basiert. Viele Geschichten liegen Maharanis Person und Arbeiten zugrunde. Eine davon betrifft ihre Reise in verschiedene Regionen, um die von ihrem Großvater hinterlassenen Notizen über seine Erfahrungen auf der Insel Buru zu erforschen - über kreative Methoden und Wege, ein sensibles Thema so darzustellen, dass es von allen wahrgenommen und geschätzt wird.
Wie passen Sie sich inmitten der Pandemie an, um produktiv zu bleiben?
Mein kreativer Prozess beinhaltet normalerweise eine Menge Reisen, Treffen mit Menschen, viele Gespräche und Interviews. Ich sammle auch Daten, mache Fotos und sammle Dokumente. Aber natürlich hat die Pandemie zu Einschränkungen beim Reisen und bei persönlichen Treffen geführt, insbesondere mit älteren Menschen.
Die heutigen digitalen und virtuellen Kommunikationsmethoden wie Videoanrufe haben mir geholfen, meine Produktivität zu erhalten und weiter zu arbeiten. Auch viele Ausstellungen sind auf digitale Formate umgestiegen, eine positive Entwicklung, die es Künstlerinnen und Künstlern ermöglicht, ihre Werke zu weiterhin verbreiten. Für mich ist es jedoch eher unbefriedigend, wenn ich eine Ausstellung nicht direkt genießen kann.
Woran arbeiten Sie im Moment?Ich arbeite an mehreren Arbeiten für Ausstellungen. Zu Beginn der Pandemie wurden viele Ausstellungen verschoben oder abgesagt, aber seit Mitte des Jahres erhalte ich plötzlich Angebote, Ausstellungen zu machen.
Ich arbeite derzeit an Projekten für dieses und nächstes Jahr und bereite mich auf eine verschobene Residenz vor. Außerdem habe ich ein langfristiges Kooperationsprojekt mit Misha Ahmad Azizia und Rio. Wir arbeiten momentan an der Weiterentwicklung von „Hikayam Wanentrem“ in Form eines Brettspiels oder einer Game-App.
Meine anfängliche Inspiration, der Auslöser meiner Arbeit, rührt von einem Gespräch, das ich mit Pak Tisna Sanjaya, einem meiner Dozenten an der Universität, hatte. Er sagte: „Künstler müssen in ihrem kreativen Prozess ehrlich sein, ehrlich über ihre Erfahrungen. Sie müssen sich selbst und ihre Wurzeln kennen." Von da an versuchte ich, mehr über meine Geschichte und die Geschichte meiner Familie herauszufinden.
Es war auch der Ausgangspunkt meiner kreativen Reise, auf der ich meinen Großvater durch sein Tagebuch und die Zeiten, die er darin festhielt, kennen lernte. Es gab ein Kapitel in seinem Tagebuch, auf das ich erst während meines Studiums aufmerksam wurde; es stellte sich heraus, dass mein Großvater mit einigen Freunden auf die Insel Buru gebracht worden war. Er sagte, dass sie auf die Insel gebracht wurden, um sich einer Ausbildung zu unterziehen, die sie zu besseren indonesischen Bürgern machen sollte. Dies weckte meine Neugier. Denn die Notizen im Tagebuch meines Großvaters unterschieden sich von dem, was ich in der Schule über die Ereignisse von 1965 gelernt hatte.
Diese historischen Ereignisse werden in Indonesien immer noch als sensibel angesehen. Wie stellen Sie sensible Themen so dar, dass die Öffentlichkeit sie zur Kenntnis nehmen kann? Verwenden Sie eine bestimmte Methode?
Maharani Mancanegara
| © Maharani Mancanegara
Nachdem ich den Auslöser und meinen Zugang zu einem Thema gefunden habe, fange ich an, persönliche Geschichten zu sammeln - nicht aufgezeichnete Geschichten oder solche, die selten an die Öffentlichkeit dringen. Dann bearbeite ich die Geschichten und Erzählungen und fiktionalisiere sie und verändere ihre Form.
2018 habe ich zum Beispiel ein Märchen mit vereinfachter Charakterisierung geschrieben: Die Akteure, die in die Ereignisse von 1965 verwickelt sind, werden metaphorisch als Tiere oder Fabelwesen dargestellt, die in Indonesien üblich sind.
Das erste Mal, dass ich ein Werk in ein Märchen oder eine Fabel verwandelte, war für meine Einzelausstellung „Zero Sum Game" in der Galeri Soemardja im Jahr 2018. Ich präsentierte die Erzählungen als illustriertes Märchenbuch; es wurde inzwischen in mehrere Sprachen übersetzt.
Zur Ausstellung gehörte die Installation einer Insel namens „Wanatentrem", auf der eine Piratencrew die Maushirsch-Figur zur Arbeit zwingt. Außerdem führte mein Kollege Misha Ahmad Azizia ein Stück auf, das ich in das Märchenbuch aufgenommen hatte; er verwandelte es in ein Schattenpuppenspiel, das für jedes Publikum geeignet war, von Kindern bis zu Erwachsenen. Ich plane, Hikayat Wanatentrem langfristig zu einem Brettspiel oder einer Game-App zu entwickeln. So erzähle ich die Geschichte neu, um sie einem breiteren Publikum zugänglich zu machen.
Gibt es bestimmte Erwartungen an das Publikum, das sich Ihre Werke angesehen hat?
Ich hoffe, dass meine künstlerische Arbeit das Bewusstsein des Publikums dafür schärft, wie wichtig es ist, die eigenen Wurzeln und die eigene Geschichte zu kennen und deren Bedeutung und Hintergründe zu verstehen. Das war der Auslöser für mich, mich mit dem Thema zu beschäftigen. Als mir das Thema bewusst wurde, habe ich mich auf den Weg gemacht, meinen Großvater kennenzulernen und tiefer in die Geschichten einzutauchen, die ich in Gesprächen mit Menschen erfahren habe. Ich habe mich ebenso mit der älteren wie mit der jüngeren Generation unterhalten.
Obwohl nicht viele Menschen diese Arbeit kennen, ist sie für mich sehr wichtig. Viel darüber zu sprechen, ist für mich ein Weg geworden, die Menschen für mein aktuelles Projekt zu interessieren und warum ich daran arbeite. Das ist meine Art, auszudrücken, was ich wichtig finde.
Maharani Mancanagara
Bei Agenda Seniman (AMAN), eine Instagram Takeover Reihe des Goethe-Instituts Bandung, gab Maharani mit ihrer Schattenpuppen-Performance „Parodi Partikelir“ einen Einblick in ihre künstlerische Auseinandersetzung mit den historischen Ereignissen.Die Künstlerin Maharani Mancanagara lebt und arbeitet in Bandung. Sie ist Absolventin des Institut Technologi Bandung, Fakultät für Kunst und Design, Abteilung für grafische Kunst. Sie nimmt an Ausstellungen und anderen Kunstveranstaltungen in Indonesien und im Ausland teil.
Durch ihre Erkundung des Mediums Holzzeichnung versucht Maharani, ihre Ideen auszudrücken, die sich hauptsächlich auf historische Erzählungen, Bildung und persönliche Geschichten konzentrieren, die oft
übersehen werden.
aman
Für AMAN (Agenda Seniman) übernahmen lokale Künstler*innen und Musiker*innen von August bis Dezember 2020 den Instagram-Kanal des Goethe-Instituts Bandung und stellen aktuelle Arbeiten sowie ihren Alltag während der COVID-19 Pandemie vor. Am ersten Samstag im Monat fand ein Live-Talk mit einem Studiobesuch oder eine Jam Session und anschließender Diskussion auf @goetheinstitut_bandung statt.