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Tech Tales Filmvorführung
Den Austausch über geschlechtsspezifische Gewalt im Internet ankurbeln

Den Austausch über geschlechtsspezifische Gewalt im Internet ankurbeln
Annisa Adjam, unabhängige Filmemacherin | © Annisa Adjam

Annisa Adjam aus Indonesien ist als unabhängige Filmemacherin tätig und engagiert sich als Vorsitzende von Inteamates, einem Zusammenschluss von gleichgesinnten Geschichtenerzähler*innen, für den gesellschaftlichen Wandel durch unterschiedliche Formen des Geschichtenerzählens, digitale Kampagnen, öffentliche Diskussionen und gesellschaftliche Veranstaltungen. Sie produziert Arbeiten in den Formaten Virtual Reality (VR), Spielfilm, Animation und Dokumentarfilm, die sich mit Themen sexueller Traumata, geschlechtsspezifischer Gewalt, Diskriminierung und Inklusivität auseinandersetzen. Ihr Kurzfilm My Clouded Mind ist Teil der Kurzfilmsammlung Tech Tales und befasst sich mit dem kritischen Thema geschlechtsspezifischer Gewalt im Internet.
 

Erzählen Sie uns von Ihrer Reise als Filmemacherin. Was hat Sie dazu bewogen, Filme zu machen, was war Ihre Motivation?

Seit meiner Kindheit habe ich mich für visuelles Geschichtenerzählen begeistern können, damit beginnt wohl schon meine Reise als Filmemacherin. Während eines psychologischen Tests an der Oberschule entdeckte ich meine Liebe für Kinematografie, Design und Kommunikation. Meine Eltern, die beruflich mit Medizin bzw. Wirtschaft zu tun haben, hatten anfangs Bedenken hinsichtlich der Studiengebühren und auch ganz allgemein, da wir in einer Kleinstadt lebten und sie wenig über Kunsthochschulen wussten. Aber glücklicherweise gelang es mir, ein Stipendium für ein Master-Studium in Filmemachen zu bekommen, mit dem ich in Großbritannien studierte. Mein Interesse an gesellschaftlichen Themen in Kombination mit meinen ehrenamtlichen Erfahrungen während des Studiums hat mir klar gemacht, dass ich meinen Lebensinhalt, insbesondere in Verbindung mit dem Filmemachen darin besteht, mit kreativen Ansätzen ein Licht auf relevante Themen zu werfen. Ich bin fest davon überzeugt, dass Filmemachen darüber hinaus geht, die Menschen bloß zu unterhalten oder Bildung zu vermitteln. Filmemachen hat die Kraft, Wandel anzustoßen und Empathie zu fördern. Als Filmemacherin ist es mir ein Anliegen, Filme zu schaffen, die nicht nur das Publikum fesseln, sondern auch zu bedeutungsvollen Gesprächen anregen und einen positiven Einfluss auf die Gesellschaft haben.


Ihr Kurzfilm My Clouded Mind" handelt von einem Mädchen, das mit dem Trauma zu kämpfen hat, dass kompromittierende Fotos von ihm online gestellt wurden. Sie werfen damit das Problem der geschlechtsspezifischen Gewalt im Internet auf. Warum haben Sie sich entschieden, diesen speziellen Aspekt und diese Form geschlechtsspezifischer Gewalt im Internet in den Fokus zu stellen?

Mein Team und ich haben recherchiert und festgestellt, dass es in Indonesien während der Pandemie zu einem enormen Anstieg von rund 400 Prozent der gemeldeten Fälle geschlechtsspezifischer Gewalt im Internet gekommen ist. Persönlich kann ich dieses Problem aus meinen eigenen Erfahrungen als Kind nachvollziehen. Ich stand vor ähnlichen Herausforderungen, aber es fehlte mir die Sprache, um dies auszudrücken. Das hat mich dazu bewogen, mich mit dem Thema auseinanderzusetzen und das Bewusstsein dafür zu schärfen, insbesondere bei jungen Mädchen. Es ist für uns von essentieller Bedeutung, die Kontrolle über unsere Präsenz sowohl offline als auch online zu übernehmen, und unser Recht, Nein zu sagen, zu begreifen sowie zu verstehen, was es heißt, Einverständnis zu äußern, wie wir Stigmatisierungen überwinden, Unterstützung leisten und in diesem digitalen Zeitalter von rechtlichen und sozialpsychologischen Standpunkten aus mit Worst-Case-Szenarien umgehen können.
 

Filme fungieren als Vehikel, um verschiedene Perspektiven zu transportieren und ein kreatives Erbe zu hinterlassen, das gesellschaftliche Dynamik anstoßen und beeinflussen kann.


Was haben Sie bei den Recherchen für den Film über geschlechtsspezifische Gewalt im Internet in Indonesien erfahren? Was hat Sie überrascht?

Was mich während unserer Recherche für den Film überraschte, war die mangelnde Unterstützung von Angehörigen des anderen Geschlechts bzw. von Familienmitgliedern in Fällen geschlechtsspezifischer Gewalt im Internet in Indonesien. Durch Fokusgruppendiskussionen mit einer Gruppe von Bündnispartnern und Daten von Anwält*innen für Menschenrechte und Rechtsbeiständen haben wir herausgefunden, dass Opfer häufig Unterstützung von befreundeten Menschen des gleichen Geschlechts suchten, wenn sie ihren Fall meldeten. Dieses Ergebnis war unerwartet, da wir davon ausgingen, dass die Unterstützung seitens Familienmitgliedern von großer Bedeutung sein würde. Um dies zu thematisieren, haben wir die Erkenntnis in den Film integriert, indem wir den älteren Bruder der Protagonistin als verbündete Figur darstellten und so zeigen, wie wichtig die Unterstützung durch Menschen unterschiedlicher Geschlechter ist.


Haben Sie Rückmeldungen oder Reaktionen von Zuschauer*innen erhalten, insbesondere von solchen, die geschlechtsspezifische Gewalt im Internet selbst erlebt oder beobachtet haben? Wie haben deren Reaktionen Ihr Verständnis der Thematik und die Wirkung Ihres Films beeinflusst?

Ein Teil der Handlung des Films basiert auf vertraulichen, nicht aufgezeichneten Interviews, die ich mit Überlebenden geführt habe, sowie auf meinen eigenen persönlichen Erfahrungen. Ich habe von Überlebenden unterstützende Rückmeldungen erhalten, was unglaublich aufbauend war. Zu wissen, dass der Film bei jenen Menschen Anklang findet, die geschlechtsspezifische Gewalt im Internet selbst erlebt oder beobachtet haben, bedeutet mir sehr viel. Mein Ziel war es, das Thema auf eine Weise anzugehen, die weniger triggert, und metaphorische Elemente und farbenfrohe Bilder zu integrieren. Während der Frage-und-Antwort-Runden erlebte ich, wie anwesende Zuschauer*innen emotional beteiligt waren und zum Ausdruck brachten, wie sehr der Film sie berührte, da er sich gut auf ihr tägliches Leben beziehen ließ. Diese Reaktionen haben mich in meiner Überzeugung bestärkt, dass ein Film jemandem, der darum kämpft, seinen Sinn im Leben zu finden, ein Freund sein kann. Es unterstreicht die Kraft des Films, für viele Menschen ein Begleiter zu sein.


Welche Wirkung erhoffen Sie sich von Ihrem Film auf die breitere Debatte über geschlechtsspezifische Gewalt im Internet in Indonesien?

Ich sehe den Film als ein kraftvolles Medium, das es uns ermöglicht, über unser Leben und unsere Gesellschaft zu reflektieren. Ich hoffe, dass der Film My Clouded Mind für andere als Katalysator dienen kann, um die Komplexität der geschlechtsspezifischen Gewalt im Internet in Indonesien anzuerkennen. Ich wünsche mir, dass die Zuschauer*innen bewusster und mutiger werden, Gespräche über dieses Thema zu beginnen oder zumindest die Botschaften des Films mit anderen zu teilen. Darüber hinaus haben wir wichtige Hotlines im Film aufgenommen, die eine wertvolle Ressource für Menschen sein können, die ähnliche Geschehnisse erlebt oder beobachtet haben.


Wie können Filme Ihres Erachtens nach zum gesellschaftlichen Wandel beitragen?

Durch interessantes Geschichtenerzählen haben Filme das Potential, Empathie zu wecken, bestehende Überzeugungen zu hinterfragen und Gespräche anzuregen, die zu einer positiven Transformation führen können, indem sie den Zuschauer*innen einen Einblick in andere Lebenssituationen bieten. Ähnlich wie Bücher bieten Filme wertvolle Einblicke und fördern das menschliche Verständnis auf subtile, aber kraftvolle Weise. Ich bin fest davon überzeugt, dass Filme als Vehikel fungieren, um unterschiedliche Perspektiven zu transportieren und ein kreatives Erbe zu hinterlassen, das die gesellschaftliche Dynamik anstoßen und beeinflussen kann.
 

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