Peer Tutoring – eine Ressource für die Orientierungsphase
Schüler*innen halten Schnupperstunden

Der Leitfaden "Il tedesco insegnato dai ragazzi. Studenti in cattedra per un giorno", erschienen in italienischer Sprache
Der Leitfaden "Il tedesco insegnato dai ragazzi. Studenti in cattedra per un giorno", erschienen in italienischer Sprache | © Goethe-Institut Italien

Sind Sie Deutschlehrkraft an einer Oberschule? Haben Sie Schüler*innen, die Sie während der Orientierungsphase unterstützen können? In einem Leitfaden des Goethe-Instituts präsentieren fünf Klassen Best-Practice-Schnupperstunden, die sie für die Scuola Media kreiert haben und darin zeigen, wie interessant und motivierend Deutschlernen sein kann. 

Von Klaus Dorwarth

EINE RESSOURCE FÜR DAS ORIENTAMENTO

Im Alter von 13/14 Jahren stellt sich für Schüler*innen der dritten Klasse der Scuola Media die Frage nach der weiterführenden Schule. Die betroffenen Familien hoffen nicht selten, während der Orientierungsphase, dem Orientamento, eine abschließende Antwort zu finden. Spätestens dann lohnt es sich, noch einmal intensiv für die deutsche Sprache zu werben, zum Beispiel mit Schnupperstunden. Dass diese nicht zwingend von den Lehrkräften gehalten werden müssen, zeigen die positiven Erfahrungen mit dem Peer-to Peer-Prinzip.

Unsere Probestunden sind als Werbung für Deutsch entstanden, aber nach und nach haben wir erlebt, wie sehr auch unsere Schüler davon profitieren.”

Marialuisa Brambilla, Deutschlehrerin an der PASCH-Schule Liceo "Copernico" in Brescia

Fünf Beispiele solcher Probestunden stehen jetzt in dem Leitfaden Il tedesco insegnato dai ragazzi. Studenti in cattedra per un giorno bereit. Lehrkräfte von Oberschulen in Domodossola, Brescia, Triest, Perugia und Rom haben ihren Schüler*innen die Möglichkeit gegeben, selbst aktiv zu werden und ihre Leidenschaft für Deutsch zu zeigen. Die daraus entstandenen Schnupperstunden, geeignet zur Inspiration und Nachahmung, werden in dem Leitfaden nutzerfreundlich dargestellt, begleitet von zahlreichen Tipps, Illustrationen und Links zu den verwendeten Materialien.
Beispiele für Materialien, die von Oberschulklassen erstellt wurden
Beispiele für Materialien, die von Oberschulklassen erstellt wurden | © Goethe-Institut Italien
Der Reiz, der diesem Angebot innewohnt, ist der Jugend der Autoren geschuldet: Nur unwesentlich älter als ihr Publikum kommen die Gymnasiasten bei den jüngeren Schüler*innen der Scuola Media gut an: ohne die gewohnte Lehreraura, frisch, spontan, persönlich. Die Identifikationsfläche mit ihnen ist groß. Ihr Anliegen, den Jüngeren Lust auf Deutsch zu machen, wird mit Neugierde belohnt. Das unhierarchische Peer-to-peer-Prinzip öffnet neue Kanäle und hilft, Deutsch als interessante und lernenswerte Sprache wahrzunehmen. Ein Grund mehr, nach dem Wechsel in die Oberschule Deutsch weiterzulernen oder als neues Unterrichtsfach zu wählen.

Das Peer-Tutoring-Prinzip hat eine Lernsituation geschaffen, in der die Kommunikation fast auf Augenhöhe, fast unter Gleichen, stattfand und in der alle miteinander und voneinander gelernt haben.”

Adriana Sulli, Deutschlehrerin an der PASCH-Schule Liceo "Petrarca" in Triest

Schüler*innen des Naturwissenschaftlichen Gymnasiums „N. Copernico“ in Brescia (Foto li.) und des Sprachgymnasiums „Assunta Pieralli“ in Perugia (Foto re.) bei ihren Schnupperstunden
Schüler*innen des Naturwissenschaftlichen Gymnasiums „N. Copernico“ in Brescia (Foto li.) und des Sprachgymnasiums „Assunta Pieralli“ in Perugia (Foto re.) bei ihren Schnupperstunden | © Goethe-Institut Italien

DER LEITFADEN

Der entstandene Leitfaden ist als Desiderat aus der nationalen PASCH-Schulleiter*innenkonferenz 2021 hervorgegangen. Dank der redaktionellen Mitarbeit von Lehrkräften der PASCH-Schulen in Triest (Liceo Classico Linguistico "Petrarca") und Brescia (Liceo Scientifico "Copernico") ist es gelungen, italienweit fünf Best-Practice-Beispiele von Peer-to-peer-Schnupperstunden koordiniert abzubilden und interessierten Lehrkräften zur Verfügung zu stellen. Die Broschüre ist im digitalen PDF-Format und in der Printversion erhältlich.     
 
Die Veröffentlichung veranschaulicht ausgewählte Unterrichtseinheiten für Schüler*innen zwischen zwölf und vierzehn Jahren mit und ohne Deutschkenntnisse. Die Schnupperstunden sind sowohl für digitale als auch präsentische Veranstaltungen konzipiert. Im PDF-Format sind alle verwendeten Materialien per Mausklick einsehbar.
Ausschnitte aus dem Leitfaden "Il tedesco insegnato dai ragazzi. Studenti in cattedra per un giorno"
Ausschnitte aus dem Leitfaden "Il tedesco insegnato dai ragazzi. Studenti in cattedra per un giorno" | © Goethe-Institut Italien
Die Unterrichtsideen, interaktiv und unterhaltsam, werden ergänzt durch Hinweise zu organisatorischen Aspekten wie etwa schulinterne Vorkehrungen, die Kontaktaufnahme zu den Scuole Medie und das Monitoring der Schülerarbeitsgruppen. Außerdem erläutern vierzehn Gute Gründe, warum sich die Peer-to-peer-Aktion sowohl für Schüler*innen der Scuole Medie als auch der Oberschulen lohnt. Für Letztere ist die kompetenzfördernde und berufsorientierende Erfahrung (PCTO), die hier auf sehr authentische Weise gemacht wird, von zentraler Bedeutung.
 

Nach dieser Erfahrung haben einige meiner Schüler eine Neigung zum Lehrberuf entdeckt und alle haben die eigenen Lehrkräfte besser verstanden.”

Adriana Sulli, Deutschlehrerin an der PASCH-Schule Liceo "Petrarca" in Triest


Alternativ zu "Einmal-Pillen" können die Schnupperstunden den Scuole Medie auch als Minikurs angeboten werden. Das kann unabhängig vom Orientamento und außerhalb der traditionellen Orientierungsmonate November bis Januar geschehen. Die Wirkung ist hier besonders nachhaltig: Mehrmalige Treffen erlauben es, dass zu den unkonventionellen Botschaftern der deutschen Sprache eine persönliche Beziehung entsteht. Außerdem können die Schüler*innen der Scuole Medie ihre Lernfortschritte erkennen und damit Lernerfolg verbuchen. Die Chance, dass die Entscheidung für Deutsch gerade für die Unentschlossenen zu einer realen Option wird, dürfte in diesem Fall vergleichsweise höher sein. Wollte man noch einen Schritt weitergehen, könnte man anstreben, derartige Minikurse als festes Angebot in den Scuole Medie zu etablieren – ein Desiderat, das der Kontinuität am Übergang zur Oberschule einen großen Dienst erweisen würde.
 

Der Open Day reicht eigentlich nicht aus. Das Beste wäre, wenn man in die Mittelschulen ginge und dort versucht Kurse zu organisieren.”

Dorit Berger, Deutschlehrerin am Liceo "Pieralli" in Perugia

Erfahrungen, die bleiben

Nach Erscheinen des Leitfadens haben Schülerinnen aus drei Gymnasien, die an dem Projekt mitgewirkt haben, von ihren Erfahrungen berichtet. Die jungen Sympathieträgerinnen für die deutsche Sprache sind sich einig: Sie haben nicht nur dem Orientamento einen Dienst erwiesen. Sie haben in der neuen Rolle auch Vieles verstanden und für sich selbst gelernt.
 
Maria Elisa Recaldini, Schülerin der PASCH-Schule Liceo "Copernico" in Brescia
Maria Elisa Recaldini, Schülerin der PASCH-Schule Liceo "Copernico" in Brescia | © Liceo "Copernico"
“Ich habe eine große Leidenschaft für Deutsch entwickelt und wir haben versucht, diese Leidenschaft so gut wie möglich auf die Schüler zu übertragen in der Hoffnung, dass sie sich auch für Deutsch entscheiden, weil es meiner Meinung nach eine große Chance ist.”
 
 
"Unsere Präsentation war auch eine Bewährungsprobe, wo wir verstanden haben, wie wir mit anderen interagieren können.“ (Miranda)
“Es war wirklich eine schöne Erfahrung. Ich hätte sie auch gern in der Scuola Media gemacht, aber man hatte uns nicht die Möglichkeit dazu gegeben.” (Benedetta)
 
Miranda Brencio (sinistra) e Benedetta Pimpinelli (destra), studentesse del Liceo "Pieralli" di Perugia
Miranda Brencio (sinistra) e Benedetta Pimpinelli (destra), studentesse del Liceo "Pieralli" di Perugia | © Liceo "Pieralli"
Giorgia Tulliani, Schülerin der PASCH-Schule Liceo "Petrarca" in Triest
Giorgia Tulliani, Schülerin der PASCH-Schule Liceo "Petrarca" in Triest | © Liceo "Petrarca"
"Ich habe verstanden, dass wir am Ende alle auf derselben Seite stehen. Ich finde, zwischen Lehrern und  Schülern sollte es keine Distanz geben, weil wir alle hier sind um etwas zu lernen."
 

An der Realisierung des Projekts haben folgende Lehrkräfte mitgewirkt:
  • Adriana Sulli – PASCH-Schule Liceo Classico Linguistico "Francesco Petrarca", Triest (Redaktion und Beitrag)
  • Marialuisa Brambilla – PASCH-Schule Liceo Scientifico Statale “Nicolò Copernico”, Brescia (Redaktion und Beitrag)
  • Laura Pozzetta – Liceo Statale "Giorgio Spezia", Domodossola (Beitrag)
  • Dorit Berger – Liceo Linguistico "Assunta Pieralli", Perugia (Beitrag)
  • Anna Maria Curci – PASCH-Schule ITC und Liceo Linguistico "Vincenzo Arangio Ruiz", Rom (Beitrag)    
  Leitfaden Il tedesco insegnato dai ragazzi (in it. Sprache) (Bestellung der Printversion)
Weitere Materialien für die Orientierungsphase 

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