SILSAL صلصال Event & Ausstellung
Mit dem SILSAL صلصال Event & Ausstellung im Oktober 2022 feierten das Goethe-Institut und FANTASMEEM vier erfolgreiche Jahre seit seiner Gründung im Libanon sowie den Abschluss des Programms „Regional Circular Design & Material Innovation“, das 2022 zusammen mit unseren Schwesterprojekten in Goethe-Institut Jordan (Takween) und im Goethe-Institut Irak (Khan al fan) implementiert wurde. Unterstützt und kuratiert wurde das Event von „Diwan of Culture, Design and Innovation (DCDI)“, einer neuen, inklusiven und multidisziplinären kreativen Drehscheibe im Libanon.
Über drei Tage hinweg präsentierte das Event am 27., 28. & 29. Oktober ein Programm, das eine Designausstellung, Installationskunst, ein Kulinarisches Designerlebnis, eine künstlerische Aufführung zeitgenössischer Musik, drei Kunst-Workshops und ein Diskussionsforum umfasste. Die Veranstaltung war zudem die perfekte Networking-Gelegenheit für mehr als 260 Kreative und Gleichgesinnte aus einer ganzen Reihe von Bereichen, Fachkompetenzen und Ländern.
Die Designausstellung präsentierte drei Tage lang Produkte & innovative Materialien, die von den 22 teilnehmenden Kreativen aus dem Libanon, Jordanien und dem Irak entwickelt wurden. Die Designer*innen, die aus dem „Regional Circular Design & Material Innovation“-Programm ausstellten, dokumentierten und präsentierten zudem ihre alternativen Prozesse und Erfahrungen und arbeiteten damit auf eine Erweiterung der Diskurse in nachhaltigem Design hin – ein Ergebnis ihrer Teilnahme am Programm, das sich mithilfe intensiver Bemühungen um nachhaltige, dynamische und abfallfreie Produkte auf ein Umdenken im Umgang mit technischer Innovation konzentrierte. An der Ausstellung nahmen die folgenden Designer*innen teil: Abed Riadh, Reem Hilal, Dua’a Abdelhadi, Haneen Jaafreh, Stephanie Korab, Ahmad Aweik, Ghenoi Daher, Tasneem Zraikat, Michel Breidy, Ala’ Janbek & Hala Balaa, Al Batol Al-Sarraf, Al Hakam Hassan, Chantal Mhanna, Charbel Sayah, Ghenwa Kataya & Iman Najjar, Mohamad Chalabi, Niga Salam, Sarbast Burhan, Sheelan Saban, Sokar Sharif, Layan Al Nimer.
Die Installationskunst setzte sich mit dem Thema „Future is wasted. Waste is our future.“ auseinander. Dieses Thema wurde von Ali AbuAwad, dem Kreativdirektor von SILSAL, kuratiert und von dem Architekten/Bühnenbildner Edwin Samaha & dem Künstler Patrick Khoriaty brillant umgesetzt, die die Ausstellungsräume aus Elektroschrott strukturierten und gestalteten, um den Zusammenhang ebenso wie den Kontrast zwischen Innovation und Abfall zu vermitteln. Das bühnenbildnerische Motiv erinnerte daran, dass innovative Materialien toxisch sein können, dass Technologie, wenn sie nicht vom Design über die Herstellung bis zum Verbrauch gut kalkuliert ist, oft nichts als ein weiteres Abfallprodukt ist, das auf der Müllhalde landet. Ein an der Decke der Ausstellung installiertes und den Raum dominierendes Werk namens “Mother-Board” (statt „Mother Nature“) erinnerte daran, dass Innovation eines Tages zu schädlichem Abfall werden kann. Statt einfache weiße Podien zu mieten oder zu gestalten, waren die Ausstellungsstände der Designer*innen aus Elektroschrott gestaltete Unikate. Visuell sorgten sie für einen eindrucksvollen Kontrast zwischen dem innovativen & nachhaltigen Design und dem Elektroschrott und spornten alle zu der Frage an: „Ist Innovation sinnvoll, wenn sie nicht nachhaltig ist?” Das kulinarische Designerlebnis wurde von der Food-Designerin, „Malfoof“-Gründerin und FANTASMEEM-Alumna Josephine Abou Abdo arrangiert. Am Eröffnungsabend schuf Josephine Abou Abdo eine schlichte, aber dennoch kreative Atmosphäre, indem sie einfaches Obst & Gemüse der Saison zu etwas Besonderem machte und in seiner Reinstform präsentierte: aufgehängt, aufgeschnitten, dargeboten. Die Gäste waren eingeladen, mit den Nahrungsmittelhersteller*innen an einem Gemeinschaftstisch mit einfachen hausgemachten Zutaten zu sitzen, wo sie diese frei kombinieren konnten, während sie zuhörten, wo das Essen herkam, den Geschmack der Dörfer in Konservengläsern erlebten und mit dem Land in Berührung kommen konnten.
© Ali Annan
Die künstlerische Aufführung zeitgenössischer Musik wurde von OVIID präsentiert und von einer immersiven Kunstinstallation von Gerard Rechdan begleitet. Beim Eröffnungsabend spielte die Band Lieder auf Englisch & Arabisch und präsentierte rhythmische, von elektronischen Einflüssen durchzogene Prosa, die Tradition, Folklore und Nostalgie wiederaufleben ließ. Inspiriert von Kraut, Oriental & Electronica wühlten OVIID ihr Publikum mit einer Empowerment-Botschaft auf. Gerard Rechdan (ein multidisziplinärer Designer) verwandelte die Bühne in einen fesselnden und erhellenden Augenschmaus. Er projizierte Designs, die sich reflektierend drehten und so die ewigen Zyklen des Lebens und seinen fortwährenden Fluss symbolisierten.
© Ali Annan
Die drei Kunst-Workshops fanden am zweiten & dritten Tag von SILSAL statt. Die Workshops waren der Öffentlichkeit auf Anmeldung zugänglich, wurden mit großer Begeisterung aufgenommen und waren komplett ausgebucht! Zahlreiche Kreativschaffende aus verschiedenen Bereichen nahmen teil: Grafikdesign, Innenarchitektur, Architektur, Art Direction, Modedesign, Herstellung/Produktion und bildende Kunst. Bei den drei Workshops handelte es sich um:
- Malen mit Erdpigmenten, geleitet von Mirella Salame: Der Workshop konzentrierte sich auf die Anfertigung autarker, selbst herstellbarer Naturfarbe aus Erdbrocken und anderen Naturmaterialien. Die Teilnehmer*innen hatten zudem die Chance, die Aquarelltechnik zu demonstrieren und zu üben sowie Eitempera kennen zu lernen.
- Modellieren mit Ton, geleitet von Emné Mroué: In diesem Workshop konnten die Teilnehmer*innen unter Verwendung einer breiten Auswahl von Materialien mit verschiedenen Techniken experimentieren. Sie hatten die Gelegenheit, zu schnitzen, mit Ton zu modellieren, etwas zusammenzuschweißen und mit Stein, Metall, Keramik, Holz und zahlreichen anderen Materialien zu arbeiten.
- Wilde-Tinte-Workshop, geleitet von Dahlia Barakat: In diesem Workshop lernten die Teilnehmer*innen eine Reihe von Methoden kennen, aus Zutaten wie Beeren, Pilzen und mehr ihre eigenen natürlichen Obst- und Gemüsepigmente zu produzieren. Die Pigmente wurden zur Herstellung verschiedener Arten von Farben eingesetzt, um künstlerischen Bedürfnissen auf kostengünstige und breit zugängliche Art gerecht zu werden.
Das Diskussionsforum mit dem Titel „Sustainability and Cultural Colonialism: Remnant Design“ fand am letzten Tag von SILSAL statt. Die Podiumsdiskussion wurde in Zusammenarbeit mit „Living Arts International“ organisiert und live auf dem DCDI-YouTube-Kanal gestreamt. Sie wurde von Hanan Bou Akl moderiert und präsentierte die folgenden Podiumsgäste: Philippa Dahrouge, Sara Rita Kattan und Karim Nader. Ausgehend von der Idee, dass Design eine Philosophie, eine Zweckmäßigkeit und ein Menschenrecht ist, argumentierten die Podiumsgäste, dass Design zur Gestaltung der eigenen Werkzeuge & Umgebung eingesetzt wird. Sie warfen Fragen auf wie: Woher kommen die von uns genutzten Materialien, denen wir auf unserem täglichen Weg in die Arbeit, in unserem Essen, an unseren Reisezielen, in den von uns benutzten Geräten, in den Firmen, für die wir arbeiten, in den Tischen, an denen wir sitzen, begegnen? Welche Reise haben diese Materialien hinter sich? Wie lange waren sie unterwegs? Unterliegen Sie einer Steuer und vor allem: Wer hat diese Steuern erhoben? Sie betonten, dass die Designprozesse, die von uns genutzten Produkte und ihre Nachhaltigkeit unsere kolonialen Politiken und kulturelle Dichotomie reflektieren und übernehmen, solange wir nicht zum Ursprung dieser Frage zurückkehren. Die Podiumsdiskussion dauerte 2 Stunden und unterteilte sich in 4 Abschnitte: 1) Nachhaltigkeit auf einen Blick; 2) Nachhaltigkeit & Kultureller Kolonialismus; 3) Nachhaltigkeit vs. Politische Macht; 4) Herausforderungen & Instrumente.
© Ali Annan