Deutsche Spuren im Libanon
Das Johanniter-Hospital zu Beirut
Auch die Geschichte der Krankenpflege in Beirut weist Verbindungen nach Deutschland auf. Denn auf dem Gelände der heutigen Ecole Superieure des Affaires (ESA) befand sich bis zum Ende des Ersten Weltkriegs das Johanniter-Hospital, das durch Spenden des evangelischen Johanniter-Ordens finanziert und am 7. Januar 1867 seiner Bestimmung übergeben wurde.
Die Ärzte des Hospitals rekrutierten sich von 1871 bis 1917 aus Medizinprofessoren des Syrian Protestant College, der späteren American University Beirut. Um 1900 waren acht Kaiserswerther Diakonissen, die von einheimischem Pflegepersonal unterstützt wurden, für die Pflege der damals etwa 500 Patienten pro Jahr zuständig. Die Kooperation mit US-amerikanischen Ärzten kam 1917 zum Ende, als die Vereinigten Staaten dem Deutschen Kaiserreich den Krieg erklärten und eine gemeinsame Arbeit aus politischen Gründen nicht mehr opportun erschien. Obwohl der Präsident des Syrian Protestant College, Reverend Bliss, für eine Fortsetzung der gemeinsamen Krankenhaus-Verwaltung plädierte, entschied sich die Regierung des Johanniter-Ordens dagegen, wie der Kanzler des Johanniterordens dem Präsidenten des College mitteilte:
(Freiherr von Maltzahn an den Präsidenten des Syria Protestant College, Berlin, 25. September 1917, in: AFKSK AKD, Box 241)
Nach dem I. Weltkrieg fiel das Johanniter-Krankenhaus unter französische Aufsicht und sollte als französisches Armee-Hospital dienen. Wie aus mehreren Berichten hervorgeht, befanden sich die Gebäude im Jahre 1927 in sehr schlechtem Zustand und standen vermutlich leer. Eine Wiederinbetriebnahme durch die Johanniter scheiterte an den nötigen finanziellen Mitteln.
Deshalb begannen Verhandlungen über einen Verkauf des Johanniter-Eigentums an den französischen Staat und die Nichtanerkennung des Art. 438 des „Versailler Vertrags“. Die Verhandlungen gestalteten sich insofern schwierig, als hier ein Präzedenzfall für die ungelösten Fragen des Grundbesitzes der Borromäerinnen und der Kaiserswerther Diakonissen im Raume stand. Nach zähem Ringen wurde das Hospital im Oktober 1929 im Gegenwert von 32.000 US-Dollar von Frankreich gekauft.
An einem Nebengebäude, das heute den Namen Villa du Pasteur – also Pfarrhaus, trägt, und für Gastdozenten der ESA als Wohngebäude dient, lassen sich noch Spuren der Vornutzer finden: An den Bogensimsen von Eingang und Fenstern im Souterrain sind vier größtenteils beschädigte unterschiedliche Kreuzzeichen zu erkennen; davon eines in maltesischer Form. Der unbeschädigte Schlussstein des Bogens über dem Eingang trägt das nomen sacrum IHS - die Abkürzung Iota-Eta-Sigma steht für Jesus. Das ehemalige Pfarrhaus der Evangelischen Gemeinde zu Beirut wurde später von den Pfarrern der Église Protestante Française de Beyrouth bewohnt und diente danach zeitweilig als Kindergarten des Collège Protestant. Über dem Eingang befand sich eine Inschrift, deren Buchstaben ausgemeißelt wurden. Sie könnte einst „GOTT GRUESSE DICH“ gelautet haben.
Quellen:
- Anstalten der Johanniter in Beirut, in: Politisches Archiv des Auswärtigen Amtes [PAAA], Konsulat Beirut, Paket 32
- Auslandstationen Beirut, Johanniter-Hospital, in: Archiv der Fliedner-Kulturstiftung Kaiserswerth [AFKSK], Akten der Kaiserswerther Diakonie [AKD], Box 241
- Catalogue of the Syrian Protestant College, 35th year (1900/01), S. 47f.
- Debbas, Fouad: Beyrouth. Notre Mémoire. Promenade Guidée à travers la collection de cartes postales de Fouad Debbas, Beyrouth 1986, S. 128