Zu den verbreitesten Aktionen im öffentlichen Raum gehören Konsum, Fortbewegung (zum Beispiel von der Arbeit nach Hause) und große offizielle Stadtfeste, während informelle und spontane Aktivitäten sowie Kommunikation der Einwohner im öffentlichen Raum ziemlich selten sind. Wie die Sozialforscherin Anna Karpenko betont, besteht das Ziel des Konsums in Kaliningrad in den meisten Fällen darin, den eigentlichen Konsum sichtbar zu machen, und nicht den Raum für Kommunikation und öffentliche Debatte in Ordnung zu bringen.
Man sollte auch einige positive Trends in der Entwicklung des öffentlichen Raumes hervorheben, die es trotz einer Reihe von politischen Einschränkungen in Kaliningrad gibt. In bestimmten Fällen eröffnen sich die Perspektiven der Bürgerbeteiligung und wächst die Nachfrage nach dem öffentlichen Raum. In den letzten fünf Jahren sind einige neue und ziemlich offene öffentliche Orte entstanden (zum Beispiel die Clubs „Kwartira/russ. Квартира“ und „Reportjor/russ. Репортёр“). Außerdem haben bestimmte Gruppen einige vorhandene Räume für sich in Anspruch genommen (zum Beispiel Biker- und Rennfahrertreffen am Siegesplatz). Aber einige soziale Gruppen (zum Beispiel Rentner, Wirtschaftsmigranten) werden nach wie vor häufig aus dem öffentlichen Raum verdrängt.
Was den öffentlichen Raum im Allgemeinen (sowohl den virtuellen als auch den physischen) betrifft, ist in Kaliningrad nach wie vor ein Mangel an etablierten Mechanismen und Plattformen für öffentliche Diskussionen und kritische Reflexion, wo unterschiedliche soziale und politische Interessen zum Ausdruck kämen, spürbar.
Deshalb ist das Projekt „Going Public. Über die Schwierigkeit einer öffentlichen Aussage“, das den öffentlichen Raum, eine kritische Reflexion und Analyse verschiedener Konzepte der Öffentlichkeit zum Thema hat, im lokalen Kontext sehr aktuell. Es entspricht außerdem den Prioritäten des Baltischen Zweigs des Staatlichen Zentrums für zeitgenössische Kunst, das seit Ende der 1990er-Jahre aktiv im Bereich Public Art tätig ist und den Schwerpunkt auf das Kulturerbe und das Thema „Identifikation“ legt.
Yulia Bardoun