Aija Jakoviča empfiehlt
Olga
Der Roman spielt im historisch ereignisreichen Zeitraum vom Ende des 19. bis zum Beginn des 21. Jahrhunderts und erzählt die Liebesgeschichte von Olga, einem armen Waisenkind, und Herbert, dem Sohn eines Gutsherrn.
Olga gelangt schon früh in eine feindselige Umgebung und muss um das Recht kämpfen, ihr Leben nach ihren eigenen Wünschen gestalten zu können, obwohl durch ihre soziale Herkunft und die allgemeinen Ansichten über die Rolle der Frau in der Gesellschaft klare Grenzen gezogen sind. In diesem Bewusstsein steht sie mit beiden Beinen auf dem Boden. Herbert ist das Gegenteil von Olga – er lebt in solcher Eile, dass seine Füße den Boden fast gar nicht berühren. In Herberts Charakter spiegelt der Autor exzellent wider, wie die politischen Ideale eines Zeitalters die Persönlichkeit eines Menschen beeinflussen.
Der realistische Inhalt des Romans wird in einer ungewohnten Struktur dargereicht: Im ersten Teil erzählt ein nicht benannter Erzähler Olgas Geschichte in distanziertem und neutralem Stil. Im zweiten Teil lernt man Olga durch die Augen des Erzählers Ferdinand näher kennen. Dieser Teil verleitet auch dazu, Parallelen zu „Der Vorleser“ zu ziehen. Der dritte Teil ist der emotionalste, er besteht aus Olgas Briefen an Herbert. Im Schlussteil warten zwei Überraschungen auf den Leser. Bernhard Schlinks gewandter Stil wird dem Leser ebenfalls Freude bereiten.
Bernhard Schlink
Olga
Diogenes Verlag, Zürich, 2018
ISBN 978-3257070156
320 Seiten
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