Tomasz Ososiński empfiehlt
Gott der Barbaren
In seinem neuesten, vierten Roman „Gott der Barbaren“ befasst sich Stephan Thome mit der chinesischen Geschichte des 19. Jahrhunderts: Es geht um den Taiping-Aufstand, den größten chinesischen Bürgerkrieg, der in den Jahren 1851–1864 fast 30 Millionen Opfer mit sich brachte, und um den sogenannten Zweiten Opiumkrieg, einen der Kriege der Chinesen mit den Europäern, die der Öffnung des Reichs der Mitte vorangingen. Im Mittelpunkt des Geschehens steht ein deutscher Missionar, der seine von den Vorgesetzten zugewiesene Stelle verlässt und sich auf eine gefährliche Reise ins Zentrum der Erschütterungen begibt. Mit seinen Augen sehen wir die letzten Jahre des Bürgerkrieges, die Spannungen der damaligen chinesischen Gesellschaft und die schwierigen Beziehungen der Einheimischen mit den sogenannten „ausländischen Teufeln“, das heißt den ins Land eindringenden Europäer.
Für den in China sehr bewanderten Autor (als Philosoph befasst er sich mit der Konfuzianischen Philosophie) sind die detailliert beschriebenen Ereignisse (das Buch hat über 700 Seiten) jedoch nur ein Vorwand, um über die spannenden Probleme zu reflektieren, die durchaus auch in unserer Gegenwart präsent sind: die Konfrontation von sehr verschieden Kulturen, die Notwendigkeit der Öffnung auf das Fremde, des Fortschritts, aber auch der Abschließung, der Tradition, die für die Kultivierung eigener Identität von primärer Bedeutung ist.
Stephan Thome
Gott der Barbaren
Suhrkamp Verlag, Berlin, 2018
ISBN: 978-3-518-42825-2
719 Seiten
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