Iwona Nowacka empfiehlt
Nichts, was uns passiert
Anna und Jonas verbringen eine Nacht zusammen. Es könnte bei einem unverbindlichen One-Night-Stand bleiben. Es kommt aber zu einer nächsten Annäherung, die bei ihr als Vergewaltigung in Erinnerung bleibt, die sich für ihn jedoch von der ersten nicht viel unterscheidet. Zwei Monate später erstattet Anna eine Anzeige und der Fall wird öffentlich. Im Umfeld geraten viele unter Druck eine Position zu beziehen. Sehr bald wird Anna Lügnerin und Jonas Täter genannt. Aussage gegen Aussage, keine Erlösung in Sicht. Weil es hier auch gar nicht darum geht, ein Urteil zu fällen, sondern gesellschaftliche Folgen der Sexualgewalt und die Ratlosigkeit demgegenüber auszumalen. Am Ende bleiben beide Protagonisten einsam und gebrandmarkt, was sie fast wieder zusammenbringt.
Im minimalistischen Protokollstil berichtet ein anonymes Erzähl-Ich aus den Gesprächen mit direkt oder indirekt involvierten Personen. Die Autorin verzichtet auf dekorative Sprache, bleibt sachlich, fast dokumentarisch, dabei aber sehr intensiv. Dieser beunruhigende Debütroman geht tief unter die Haut und trifft mitten in der #MeToo-Debatte sehr genau den Nerv der Zeit.
Verbrecher Verlag
Bettina Wilpert
Nichts, was uns passiert
Verbrecher Verlag, Berlin, 2018
ISBN 978-3-95732-307-1
167 Seiten
E-Book in der Onleihe des Goethe-Instituts ausleihen
Rezensionen in deutschen Medien:
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Perlentaucher
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Literaturkritik