Živilė Gapšienė empfiehlt
Was ist Liebe, Sokrates?
Die Philosophin Nora Kreft ist wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Humboldt-Universität Berlin und forscht zu den Themen Liebe und Autonomie. In ihrem großartigen Buch bringt sie an einen Diskussionstisch acht große Philosoph*innen zusammen und lässt sie über Liebe diskutieren. Es ist faszinierend, dass sie aus verschiedenen Epochen stammen, zum Beispiel Sokrates aus der Antike, Immanuel Kant aus dem 18. Jahrhundert, Sigmund Freud aus dem 20. Jahrhundert.
Die Philosophen haben schon immer Fragen zur Liebe gestellt. Die Liebe ist unkontrollierbar. Sie macht uns verletzlich. Sie verändert uns wesentlich. Warum sehnen wir uns trotzdem nach der Liebe? Ist die Liebe, wie Freud behauptet, der Trieb nach Lust, Erhaltung, Leben? Oder haben die Neurowissenschaftler recht, dass es um einen bestimmten neurochemischen Vorgang im Gehirn handelt? Eigentlich ist die Liebe laut Sokrates das Verlangen nach Weisheit. Wieso Weisheit? „Wir verlieben uns in eine andere Person, wenn wir uns bei ihrem Anblick an die ewigen Ideen erinnern (...) Natürlich, nur schemenhaft“ (S. 49). Nach Sokrates erinnern wir uns, dass wir Seelen sind, deren Glück nicht in weltlichen Dingen liegt, sondern in Weisheit. Kant fasst diese Frage zusammen: Deshalb sind alle Liebende Philosophierende und alle Philosophierende auch Liebende.
Nora Kreft berührt verschiedene Aspekte der Liebe – jedermanns Recht auf Liebe, die Unersetzbarkeit des Geliebten, die Einschränkung der Autonomie, die Liebeskunst, moderne Smart-Dating-Apps – und öffnet jungen Leser*innen auf einzigartige Weise die Welt der Philosophie. Dieses Buch wird viele dazu inspirieren, tiefer in die Originalwerke von Philosophen einzutauchen.
Piper Verlag
Nora Kreft
Was ist Liebe, Sokrates?
Piper Verlag, München, 2019
ISBN 978-3-492-05911-4
224 Seiten
Rezensionen in den deutschen Medien:
Deutschlandfunk