Schnelleinstieg:

Direkt zum Inhalt springen (Alt 1) Direkt zur Hauptnavigation springen (Alt 2)

Sexting
Minenfeld privater Kommunikation

Sexting – Minenfeld privater Kommunikation
© Freepik.com

Von Emīls Rotgalvis

Wir leben nicht nur in einem Technologiezeitalter, sondern auch in einem Kommunikationszeitalter. Die Möglichkeiten, mit Bekannten wie auch Fremden eine Konversation zu beginnen, sind größer als je zuvor. Dies wird besonders durch die vielen Auswahlmöglichkeiten für Kommunikationskanäle noch bequemer – so gut wie jedes soziale Netzwerk hat eine eingebaute private Chatfunktion, ganz zu schweigen von speziellen Messenger-Apps. Doch bei allen Kommunikationsformen ist es wichtig, die Risiken und Grenzen zu beachten, die zu überschreiten wir (nicht) bereit sind. Eine dieser Grenzen ist das Sexting.

Das US-Magazin „The Atlantic“ bietet einen Einblick in die Geschichte des Begriffs „Sexting“. Demnach wurde dieses Wort erstmals 2004 benutzt, als die Klatschpresse Nachrichten diskutierte, die der berühmte Fußballer David Beckham und seine Assistentin seinerzeit ausgetauscht hatten. Durch die Verbindung der Wörter „sex“ und „text [message]“ (Kurznachricht) entstand der Begriff „sext“ als Bezeichnung für private Nachrichten mit sexuellem Inhalt, und „sexting“ bezeichnet die Teilnahme an einer solchen Konversation. Im Jahr 2004, als Handys längst nicht so verbreitet waren wie heute, schien der Begriff aufzutauchen und wieder zu verschwinden, doch vier Jahre später kehrte er zurück und blieb. Als 2008 in den Vereinigten Staaten das Thema Schwangerschaften bei Jugendlichen an Aktualität gewann, wurde in Gesprächen zur körperlichen Entwicklung von Teenagern auch das zunehmende Problem des Sextings erkennbar. Wie landesweite Studien in den USA zeigten, hatte fast jede*r fünfte Jugendliche in privaten Konversationen bereits Fotos mit sexuellem Inhalt ausgetauscht.

Dein Foto kann weitergeleitet werden

Doch warum werden so gut wie immer Jugendliche mit dem Thema problematischen Sextings in Verbindung gebracht? Wie von „The New York Times“ befragte Psychologen erklären, ist die Beliebtheit von Sexting unter jungen Leuten mit dem Erwachsenwerden und dem Interesse an einer Beziehung zu begründen, selbst wenn sie selbst nicht bereit für körperliche Nähe sind. Deshalb ist es von großer Bedeutung, junge Menschen über diese Art der privaten Kommunikation und ihre Gefahren aufzuklären. Die internationale gemeinnützige Organisation „Education Development Center“ schreibt in einem Interview mit Shari Kessel Schneider, Gesundheitsexpertin für Kinder im Schulalter und Jugendliche, dass Sexting unter Jugendlichen auf ungesunde zwischenmenschliche Beziehungen hindeuten kann. Dies kann wiederum die psychische Gesundheit der jungen Menschen beeinträchtigen oder sogar ein Anzeichen für Probleme sein.

Aber der Aspekt der psychischen Gesundheit ist nur ein – möglicherweise geringerer – Teil der Risiken von Sexting. Viel größere Beachtung finden die Risiken für die Sicherheit und den Schutz der persönlichen Daten, die Sexting mit sich bringt – besonders bei Konversationen mit kaum oder gar nicht bekannten Konversationspartner*innen. Diese Risiken führt das lettische Zentrum für ein sichereres Internet, Drossinternets.lv, auf: Fotos oder Videos können ohne Zustimmung der Absenderin oder des Absenders weitergeleitet werden; sie können ins Internet gestellt werden, unter anderem auf Sexportale, ohne Möglichkeit, sie wieder zu entfernen; die Verbreitung solcher Bilder führt häufig zu beleidigenden oder erniedrigenden Kommentaren; und wer ein Bild oder Video mit sexuellem Inhalt verschickt, verliert die Kontrolle darüber, wer dieses zu sehen bekommt.

Sexting ist auch in Lettland ein aktuelles Thema

In Lettland wird Fragen rund um die Kommunikation junger Leute, einschließlich Sexting, regelmäßig Aufmerksamkeit zuteil. In Schulen wird Sexting in Sozialkundestunden thematisiert sowie in thematischen Wochen zur Sicherheit im Internet. Es gibt auch Studien zu dem Thema. Die neueste ist eine 2016 durchgeführte Umfrage der Organisation „Centrs Dardedze“ im Rahmen des Projekts „Ich habe es nur weitergeleitet“, an der 684 junge Menschen im Alter von 12 bis 17 Jahren teilnahmen. Darin zeigte sich, dass neun Prozent der Befragten bereits selbst jemandem ein Nacktfoto geschickt hatten und 64 Prozent mindestens eine*n Jugendliche*n kannten, der oder die jemandem ein Nacktfoto von sich geschickt hatte. Gleichzeitig werden Bilder auch regelmäßig weiterverbreitet: Neun Prozent der Jugendlichen gaben zu, selbst schon einmal ein Nacktfoto eines oder einer anderen Jugendlichen weitergeleitet zu haben, während 42 Prozent schon ein Nacktfoto eines anderen Teenagers auf ihr Telefon erhalten hatten. Die Frage, ob ihnen jemand bereits ein Nacktfoto eines oder einer anderen Jugendlichen weitergeleitet oder gezeigt habe, bejahten 49 Prozent.

Was tun?

Wie sollte man sich verhalten, wenn die private Konversation eine intime Entwicklung nimmt und der Partner oder die Partnerin zum Sexting auffordert? Um jüngere Jugendliche oder gar Kinder vor solchen Konversationen zu schützen, ist es entscheidend, dass Eltern die Internetnutzung ihrer Kinder im Auge behalten. Zu diesem Zweck werden verschiedene Apps zur Beschränkung der Bildschirmzeit empfohlen, wie auch Gespräche über das Thema in der Familie. Wenn dies rechtzeitig und vollständig besprochen wird, helfen diese Fragen den Kindern auch in der Jugend, wenn intime Konversationen immer häufiger werden.

Ältere Teenager, die mit der Aufforderung zum Sexting konfrontiert werden, sollten sich zuallererst bewusst machen, wer der oder die Gesprächspartner*in ist und ob sie ihm/ihr vertrauen können. In einer Beziehung, die auf gegenseitigem Vertrauen und Nähe beruht, kann Sexting als nicht grenzüberschreitend empfunden werden. Dennoch ist es wichtig, einige goldene Regeln zu beachten, um sicherzustellen, dass der gesendete Inhalt keine unerwünschten Wege einschlägt. Experten für Kommunikation und ein sicheres Internet empfehlen, Sexting nur auf sicheren Plattformen zu betreiben, etwa auf „WhatsApp“ oder „Viber“, nicht jedoch in sozialen Netzwerken wie „Instagram“ oder „Snapchat“.

Ebenso sollte besonders darauf geachtet werden, was auf dem Foto zu sehen ist. Es wird dringend empfohlen, in Sexting-Nachrichten weder das Gesicht noch andere identifizierbare Details wie Tätowierungen oder Muttermale zu zeigen. Auch sollten identifizierbare Details im Hintergrund vermieden werden, damit anhand des Fotos nicht der Aufenthaltsort oder persönliche Daten der Absenderin oder des Absenders bestimmt werden können. Nach dem Versenden sollten sowohl die Nachrichten als auch das Foto gelöscht werden, damit sie nicht kopiert werden können.

Risiken gibt es immer

Expert*innen empfehlen, sich mit dem oder der Gesprächspartner*in auf eine Reihe von Regeln zu einigen, bevor eine Sexting-Konversation begonnen wird. Zum Beispiel, dass beide Konversationspartner*innen sich nicht an einem öffentlichen Ort befinden, dass sie die Nachrichten nach dem Gespräch löschen, keine Screenshots machen und die erhaltenen Bilder niemandem zeigen. Doch auch bei einer Absprache gibt es natürlich niemals eine hundertprozentige Garantie, dass diese eingehalten wird. Die sicherste Art, sich vor den Risiken des Sexting zu schützen, ist daher, sich nicht daran zu beteiligen. Daran sollte man besonders dann denken, wenn eine nicht oder kaum bekannte Person zu solch einer Konversation auffordert.

Wenn doch ein Foto oder Video ins Internet gelangt ist, ist es empfehlenswert, den Ratschlägen der Expert*innen für sicheres Internet zu folgen. Wie Drossinternets.lv ausführt, ist es erst einmal wichtig, Ruhe zu bewahren und die Situation zu beurteilen: Wie ist das Bild ins Internet gelangt und wem wurde es geschickt? Personen, in deren Hände das Foto oder Video gelangt ist, sollte man bitten, dieses sofort zu löschen – je schneller die Situation gelöst wird, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass der verschickte Inhalt sich nicht weiter verbreitet. Wenn das Foto oder Video sich im sozialen Netzwerk verbreitet, muss dessen Administration informiert werden, die dabei hilft, das Problem zu beheben. Über das Geschehene sollte man mit Vertrauenspersonen sprechen – der Familie, engen Freunden oder Organisationen, die bei der Lösung solcher Probleme helfen. Einer Person, die ohne Einverständnis sexuelle Fotos oder Videos einer anderen Person verbreitet, kann wiederum eine Strafe drohen. Das Zentrum für ein sichereres Internet listet die Vergehen auf. Die schwersten Vergehen betreffen sexuelle Handlungen oder Verbreitung von Inhalten, wenn eine volljährige und eine minderjährige Person beteiligt sind. Eine Liste der strafbaren Handlungen gibt es HIER.

Hilfsorganisationen und Ressourcen

Verein „Papardes zieds“
sos@papardeszieds.lv

Vertrauenstelefon für Kinder
Tel. +371 116111

Drossinternets.lv Meldestelle
zinojumi@drossinternets.lv

Krisenzentrum „Skalbes“
Tel. +371 67 222 922

„Centrs Dardedze”
Tel. +371 67 600 686

Informationsquellen

>> „The Atlantic“: In Weiner's Wake, a Brief History of the Word 'Sexting'
>> „The New York Times“: Teenagers Are Sexting — Now What?
>> Education Development Center: Sexting: A Cause for Concern
>> Drossinternets.lv: Sekstings
>> „Centrs Dardedze“ Ergebnisse der Sexting-Umfrage unter Jugendlichen
>> „The Insider“: How to sext as safely as possible, according to experts
 

Top