Herzlichen Dank, Wolfgang!

Der „Höhepunkt“ meiner Goethe-Karriere war mein halbes Jahr 2014 in Indonesien, wo ich in Surabaja und Jakarta fulltime als Begleitlehrer vier junge indonesische Deutschlehrkräfte ausgebildet und auch viel selbst unterrichtet habe. Ich merkte dabei, dass manche meiner Empfehlungen an Lehrkräfte in der Praxis doch nicht so gut laufen, haha.

Ansonsten bin ich dem Goethe-Institut natürlich ewig dankbar, dass man mich 1997 vom Unterrichten freigestellt hat, sodass ich nicht wegen meiner damals sehr angeschlagenen Gesundheit — ich lebe seit 1990 mit HIV — mit 39 Jahren in die Frührente (WAO) musste. Man hat dann bedacht, dass der Wolfgang als neue Aufgabe eine DaF-Fachbibliothek aufbauen könnte. Und das habe ich mit viel Elan gemacht, ich sah mich immer als das Front Office der pädagogischen Abteilung, der BKD, im dritten Stock.
Mir hat es sehr viel Spaß gemacht, auf Leute, die ins Goethe-Institut kommen, freundlich zuzugehen, auf ihre Fragen einzugehen und ihnen Tipps für den Unterricht oder zum Deutschlernen zu geben.
Später, als es mir dank der neuen Medikamente immer besser ging, habe ich auch sehr viele Workshops gegeben, u.a. DLL – Deutsch Lehren Lernen, womit wir auch schon am Goethe-Institut Indonesien gearbeitet hatten. Und ich habe nebenher an Schulen und Hochschulen unterrichtet und damit viel Erfahrungen gesammelt.

Meine schönsten Erlebnisse waren die Lehrertreffs abends in der Bibliothek, ursprünglich für VMBO. In ungezwungener Atmosphäre haben wir zweimal im Jahr mit einer kleinen Gruppe Interessierter ab 19 Uhr Erfahrungen ausgetauscht und neue Materialien, Spiele etc. ausprobiert und kritisch begutachtet. Um 22:00 Uhr musste ich sie dann alle aus dem Institut prügeln, so gezellig war es.
 

Spielerische, haptische Aktivitäten finde ich immer ideal: Gesprächsbälle, die man fangen muss und man dann ohne groß Nachzudenken reagiert, die Schritte-Spielesammlungen von Hueber, mit doppelseitigen Kärtchen, mit denen Lernende sich selbst korrigieren, denn hinten drauf stehen die Antworten (sie sind strenger als wir!). Das sind an sich Strukturübungen, wie früher im Sprachlabor, und die ständige Wiederholung automatisiert.
Bewegung im Unterricht finde ich auch immer wichtig: Klassenspaziergänge zu allen möglichen Themen, auch Autogrammjäger genannt (im Niederländischen kennt man das Wort gar nicht, es sind einfach Unterschriften!). Am besten mit Brettern, auf denen man gut mit der Hand schreiben kann. Das bringt Leben in die Bude. Oder Artikel-Gymnastik mit drei Gruppen (der, die, das), Wörter fangen, man schreibt einige Wörter aus einem Text auf Blätter, und dann muss man gut zuhören und hinrennen. Ja, es kann unruhig werden und es wird viel gelacht. Und das ist doch das Wichtigste, dass es Spaß macht und man ganz nebenbei etwas lernt.
Neue Vokabeln würde ich auch immer mit einem kleinen, weichen Ball (oder einer weichen Puppe) abfragen, also immer „Ist es der, die oder das?“ Und solange hin und her werfen, bis es stimmt. Man kann auch kurz mal checken, ob allen klar ist, wie das Wort auf Niederländisch heißt: aber bitte nicht Wort für Wort abfragen. 
Ansonsten kann ich natürlich auch viele digitale Tools empfehlen wie das Wordwall-Glücksrad, Padlet, Quizlet live und jetzt natürlich die faszinierenden KI Tools! Da sind Tolle dabei, zum Beispiel kann man aus einem Text ein Lied machen lassen. Man sollte das auf jeden Fall ausprobieren und dann ein Tool, das einem am besten gefällt, auswählen.

Leider muss ich sagen, dass sich in all den Jahren wenig getan hat. Obwohl wir vom Goethe-Institut zusammen mit unzähligen super motivierten Deutschlehrkräften unser Bestes gegeben haben, um den Deutschunterricht in den Niederlanden leuker, d.h. kommunikativer, spielerischer und weniger grammatikorientiert zu machen. Das Image des Deutschen, auch Deutschlands, entspricht immer noch nicht der vielfältigen deutschen Realität, wenngleich es natürlich viel besser ist als vor 35 Jahren. Aber im Deutschunterricht immer noch zu viel Grammatik, ständig übersetzen (das ist soo schwer!) — warum? Die Konsequenz ist, dass immer weniger Schüler*innen Deutsch wählen, fast niemand mehr Deutsch studieren oder gar Lehrkraft werden möchte. Erneuerte eindexamens werden hoffentlich eine Wende einleiten, damit man bei der Abschlussarbeit nicht nur besteht, wenn man die tricky Prüfungsfragen gut beantwortet.