Interview: Internationales Besucher-Programm
In Zusammenarbeit mit dem Kultusministerium von Nordrhein-Westfalen (NRW) bringt das internationale Besucher-Programm des NRW-Kultursekretariats Kulturjournalisten, Mediatoren, Politiker, Museumsdirektoren und andere Multiplikatoren aus aller Welt in die Kulturszene in NRW zusammen.
Das Besucher-Programm arbeitet mit dem Goethe-Institut ebenso wie mit anderen internationalen Kulturinstitutionen, Kulturschaffenden und Kulturämtern in NRW und mit Kulturorganisationen zusammen.
Im April 2016 wurden Teilnehmer aus verschiedenen Ländern ausgewählt, die an einer Studienreise nach Deutschland teilnahmen, mit der Absicht, sie mit Kunstmuseen, Landschaften in der Region vertraut zu machen und über deren Geschichte, Funktionen und Strukturen ein besseres Verständnis zu erlangen.
Dr. Asma Ibrahim und Dr. Kaleemullah Lashari waren die Teilnehmer aus Pakistan. Sie berichten über ihre Erfahrungen.
Bitte erzählen Sie ein wenig über sich selbst:
Dr. Asma Ibrahim:
Mein Hintergrund: ich wurde im Fach Münzkunde promoviert, habe ein Post-Doc-Fellowship an der University of Wisconsin, Madison, erhalten und bin Fellow des Salzburger Seminars gewesen. Ich habe als Kuratorin und Leiterin in der Abteilung „Archäologie und Museen“ und als Direktorin im National Museum of Pakistan gearbeitet und war außerdem Redakteurin bei Tribune Daily und dem Monatsmagazin Travelogue.
Seit 2006 arbeite ich als Direktorin des „State Bank of Pakistan Museum & Art Gallery“, das erste Währungsmuseum von Pakistan. Ferner hat die Abteilung in Baluchistan, Sindh und in der Region des Indus-Delta mehrere Ausgrabungen durchgeführt und dort eine Unterwasserstadt entdeckt. Ich fungiere auch als Leiterin von pakistanischen Ausgrabungsmissionen zusammen mit Auslandsmissionen von Frankreich, Italien & Deutschland.
Zu vielen Dokumentarfilmen von BBC, ZDF, CNN, Discovery, HBO habe ich beigetragen. Meine Werke wie Horizon, “Mystery of Persian Mummy” & Industal-Kultur wurden in BBC präsentiert. Ich habe im Aufsichtsrat von Indus Valley School of Art & Architecture mitgewirkt und war Mitglied zahlreicher Ausschüsse für die Einrichtung von Museen und für Konservierung.
Als Gründungsmitglied habe ich ein Zentrum für archäologische und Umweltforschung errichtet. Zur Wiederbelebung aussterbenden Kunsthandwerks habe ich das Projekt „Terrakotta der Zohra Ibrahim Stiftung” gegründet. Ich habe mehrere Bücher und zahlreiche Forschungsartikel geschrieben.
Wie hat Ihnen Deutschland gefallen? Welche Städte und Orte haben Sie besucht?
Es war sehr informativ und eine Bereicherung für mich, ich habe Düsseldorf, Duisburg und Köln besucht. Es gibt viele Kunstgalerien und Museen dort, die wir gar nicht alle besuchen konnten. Sehr interessant für mich war das Konzept der Public-Private-Partnership, das an vielen Orten, die wir besuchten, umgesetzt wurde. Der Mechanismus der Kunstförderung war einzigartig, nicht nur die staatliche Unterstützung sondern auch die Strategien für Finanzbeschaffung waren außergewöhnlich, das war überall zu sehen.
Unter den Museen, die wir besuchten, waren das Museum Folkwang, Museum Kunstpalast in Düsseldorf, DKM in Duisburg und Kolumba in Köln. Ausgrabungen und Wege für die Besucher im Kolumba-Museum waren bemerkenswert. Wir sind ins Glasmuseum gegangen, diese Sammlungen waren für mich wegen der großen Vielfalt an Gläsern von der Frühzeit bis heute sehr erhellend. Man kann die Evolution der Gläser im Verlauf der Geschichte wahrnehmen. Da ich mich für die Ausgrabungen in Bhambore, Sindh, sehr interessiere und mich mit Glas und dessen wissenschaftlicher Analyse beschäftige, war es für mich von großer Bedeutung. Es gab eine Reihe von interaktiven Ausstellungen. Das interessanteste für mich war die schöne Ghandhara-Sammlung, eine private Sammlung der Gründer, die im DKM-Museum in Duisburg ausgestellt war. Dort sah ich die Stücke von Ghandhara, die nirgendwo namentlich genannt oder ausgestellt wurden. Das Erlebnis war faszinierend. Ich werde ungeduldig auf die Veröffentlichung des Katalogs warten.
Ansonsten findet man Kunst überall in Deutschland, selbst in Hotels und öffentlichen Räumen. Das Hotel, in dem wir untergebracht wurden, war mit Kunstwerken und Kunstbüchern ausgestattet. Für mich selbst war es eine Entdeckung. Sogar das Geschirr im Hotel war von verschiedenen Künstlern entworfen worden. Es war ein spannendes Erlebnis mit künstlerisch gestaltetem Geschirr zu frühstücken. Außerdem gibt es Kunstgalerien und Museen, die den Jugendlichen und Erwachsenen spezifische Programme anbieten.
Was mir sehr gefallen hatte und wovon ich sehr viel gelernt habe, sind die Angebote zu kultureller Bildung für Kinder und der Einsatz von Rentnern als ehrenamtliche Mitarbeiter in den Museen.
Was waren die Folgen des Besuches, was haben Sie von dieser Studienreise profitiert?
Wir können Kontakte für die Karachi Biennale anknüpfen, und das Konzept der Public-Private-Partnership hier in Pakistan anwenden. Wir würden gerne Formate und die Dynamik der dortigen Museen auf unsere archäologischen Stellen übertragen. Und die Museen innerhalb der Institutionen entwickeln.
Wie können Sie in Pakistan die gelernten Strategien implementieren?
Private-Public Partnership war ein neues Konzept, das in Deutschland existiert und es hat mir sehr gefallen, dass die privaten Sammler bereit sind, ihre Sammlungen den lokalen Museen und Kunsträumen zur Verfügung zu stellen. Ich will es auch in Pakistan realisieren und zunächst mit ein paar großen Sammlern anfangen.
Bitte erzählen Sie uns etwas über ihre aktuellen und zukünftigen Projekte.
Unsere neuesten Projekte bestehen darin, dass wir neu entstehende Museen beraten: das Sindh Police Museum, Oxford University Press Museum, Mukhi House Museum (ein historisches Haus in Hyderabad, das in ein Museum der jüngsten Vergangenheit umgewandelt wird), Sukkur Archaeological Museum, N. A. Baluch Museum der Persönlichkeiten, Wildlife Museum u.a.
Letztes Jahr hat unsere NGO SEAS Pakistan (Sindh Exploration & Excavation Branch) einen Preis gewonnen, den US Ambassadors Fonds für Denkmalpflege für die Erhaltung des Varun Dev Temples in Manora. Das ist ein zweijähriges Programm, das im Oktober 2017 endet.
1989 wurde die Sindh Exploration & Adventure Society von Dr. Kaleemullah Lashari und mir gegründet. Seitdem nehmen wir verschiedene Projekte auf, die wir selbst finanzieren. Z.B. ein Projekt zur Dokumentierung von Denkmälern. Inzwischen haben wir mehr als 900 historische sowie archäologische Denkmäler dokumentiert. Durch diese NGO wurde ein Zentrum für archäologische und Umweltforschung gegründet, das über ein Labor für Materialanalyse von Bauten und zur Konservierung von Dokumenten, eine Bibliothek und eine Datenbank zu historischen Denkmälern, ein Trainingszentrum für aussterbendes Kunsthandwerk in Pakistan, verfügt. Eines von unseren erwähnenswerten Projekten ist die Erhaltung der in Stein gemeißelten Grabmäler des Friedhofs in Rumi, Hub mit der Einrichtung eines Rasthauses.
Die Teilnehmer unserer Gruppe waren sehr vielseitig und wir konnten einzelne zukünftige Projekte untereinander diskutieren. Ich bin sicher, dass sie für verschiedene internationale Museen und Kunstinstitutionen sehr nützlich sein werden.
Mein ausdrücklicher Dank gilt Anika Mittendorf und Judith Pawlitta vom NRW Kultur-Sekretariat. Sie waren sehr freundlich und sehr organisiert.
Highlights und Erlebnisse geteilt von Dr. Kaleemullah Lashari:
Internationales Besucher-Programm: Die Sammlungen im Museum NRW
Vom 12. April bis 15. April wurde dieses Programm vom Kultur-Sekretariat NRW organisiert. Für die Besucher der Museen war es eine wohl durchdachte Präsentation über die Sammlungen in der Region NRW.
Deutschland war nicht neu für mich, denn ich habe ein Post Doctoral Fellowship am Museum für islamische Kunst in Berlin erhalten, doch dieser Bereich war neu für mich. Die Kombination der Museen, die für dieses Programm ausgewählt wurden, wurde mit Vorbedacht geplant und man konnte sich ein Bild von relevanten Problemen des Managements machen.
Es gibt Museen, die komplett staatlich gefördert werden, andere werden von Gemeinden gefördert und es gibt welche, die von staatlichen und städtischen Quellen gefördert werden. Es gab sogar ein Museum, das über private Sammlungen verfügte und privat gefördert wurde. Für mich war es eine interessante Einsicht, die Kombination der verschiedenen Quellen und deren Implementierung von Museum-Programmen zu sehen. Die Museen entschieden sich für das Aushandeln mit Public-Private-Partnership, um ihre Veranstaltungen organisieren zu können. Auch die Vor- und Nachteile dieser Phase war ein Teil der gewonnenen Einsichten. Ferner habe ich gelernt, auf welche Art und Weise moderne Museen funktionieren und welche Schwierigkeiten sie haben. Es war eine inspirierende Erfahrung, die etwas in mir bewegt hat.
Da ich mich um Konzeption, Einrichtung und Management der Museen im Bundesland Sindh kümmere, war es eine wertvolle Erfahrung für mich, einige wichtige Museen zu besuchen. Der Besuch ermöglichte mir Interaktionen mit großartigen Menschen im Bereich der Kunstgeschichte und Management der Museen, die zu einem wertvollen Diskurs führten. Die Teilnehmer, Jung und Alt, waren aus unterschiedlichen Verhältnissen. Ich muss zugeben, dass ich davon viel gelernt habe.