Rosinenpicker | Literatur
In Liebe scheitern

Verschaffen ihren Gefühlen Luft: Elefanten trompeten vor Aufregung und Erregung | © picture alliance / imageBROKER | Fabian von Poser
Michel Decars Liebesgedicht erzählt von einer On-Off-Beziehung voller Missverständnisse und Verwandlungen. Ein rasanter Ritt auf der Suche nach der Sprache der Liebe.
Von Benedikt Arnold
Zuerst ist er eine Gewehrkugel, dann eine Schneeflocke. Wenig später ist er ein CEO und kurz darauf ein Chihuahua. Das Ich in Michel Decars Liebespoem ist vielgestaltig. Darauf weist bereits der Titel des Buches hin: Ich kam in Gestalt eines Elefanten
Rasante On-Off-Beziehung
Erzählt wird die Geschichte eines Liebespaars, das sich sucht und nie findet, das miteinander spricht und einander nicht versteht. Hier richtet sich ein Ich an ein Du und erzählt von einer Liebe, die einer On-Off-Beziehung gleicht. Dabei verwandeln sich die beiden Liebenden immer wieder im Eifer ihrer Emotionen zu neuen Gestalten.Ich kam in Gestalt eines Kojoten
aus dem Schatten der Bürotürme hervor,
verrückt vor Hunger und Wahnsinn
Als Zwergplanet,
von allen verlacht
Und du,
du kamst als Supersparangebot,
als gleißend grelle Finsternis
Das Liebesgedicht spielt mit der Fiktion und der Gleichzeitigkeit verschiedener Welten. Die Welt, haltlos und zerbrechlich wie das Ich im Text, wird mit Hilfe der Sprache umgeformt. Das Ich denkt neue Bilder und dringt in seiner Träumerei damit zum Kern der Poesie vor: „Ich sagte,/ alles was man sich vorstellen kann,/ existiert doch, oder nicht?“
Bewegte Komik
Den gedanklichen Freiraum füllt Michel Decar in seinem Text stellenweise mit komischen Szenen aus, die das Buch auch zu einem heiteren Lesevergnügen machen. Doch es gehört zur Tragik der Geschichte, dass muntere Pirouetten und die Kraft der Poesie die unausweichliche Tragik der zwei Liebenden nicht abzuwenden wissen.Eifersucht, Resignation und Misstrauen sind den beiden eingeschrieben. Nicht zuletzt, weil sie keine Sprache miteinander teilen. „Ich sagte,/ wir sprechen dieselbe Sprache/ doch jedes Wort/ bedeutet bei dir etwas anderes/ Jedes Wort bedeutet das,/ was es bei mir nicht bedeutet.“
Die Sprache des Missverständnisses
Es liegt in der Natur der Sache, dass sie einander missverstehen. Immer wieder rennt er an, sucht nach einer neuen Sprache, um sich und seine Liebe mitzuteilen, um verstanden zu werden. Doch keine Form und keine Sprache scheint letztlich geeignet. Zurecht scheint zwischen all den Verwandlungen die Frage zu stehen: Wieso reicht es nicht aus, dass wir einander lieben?Schließlich trennen sie sich, der Baseball und die Kastanie, der Februarabend und der VW-Sharan – und doch können sie nicht voneinander lassen, sehen sich wieder und sehen die Dinge einmal mehr ganz unterschiedlich:
Und du sagtest,
dieses Wiedersehen
ist gar kein Wiedersehen,
sondern nur ein neuer Abschied,
der aussieht wie ein Wiedersehen
Michel Decar: Ich kam in Gestalt eines Elefanten. Liebesgedicht
Berlin: März, 2024. 92 S.
ISBN: 978-3-7550-0043-3
Berlin: März, 2024. 92 S.
ISBN: 978-3-7550-0043-3