Kanondebatten sind für Literaturbetrieb und -wissenschaft kein ganz taufrisches Thema und doch wird aktuell wieder verstärkt darum gestritten, wer sich in der Vielfalt der Leselisten und der Verlagsprogramme wiederfindet, wessen Texte gelesen und welche Werke wie besprochen werden. In Debatten um den Kanon handeln wir immer wieder unseren Literaturbegriff aus, diskutieren, nach welchen Kriterien Literatur beurteilt werden soll, und überlegen, wie ein Kanon verändert werden kann, der heute doch meist implizit wirksam wird. Was bedeutet Kanonisierung in den Literaturwissenschaften? Wie können Kanonisierungsprozesse sichtbar gemacht werden und wie werden Stimmen hörbar, die bis jetzt an den Rand gedrängt wurden? Diese Debatte soll hier den Anlass für vier längere Beiträge bieten, die sich aus verschiedenen Perspektiven mit dem Thema befassen.