Fr., 23.04.2021, 13:00 Uhr - 21:30 Uhr
Zur Auslotung von Interpretationsansätzen der ANTIGONE für das Theater in Vietnam
Antigone | Symposium 1
In Zusammenarbeit mit ZzzReview.
Sophokles verfasste die ANTIGONE vor etwa 2462 Jahren. Das ist lange her, aber die deutsche Aufführungspraxis zeigt, dass das Stück bis heute nichts an Aktualität und Aktualisierung eingebüßt hat. In Vietnam, wo das Stück praktisch unbekannt ist, liefern zahlreiche historische Ereignisse und literarische Muster mögliche Anknüpfungspunkte für eine Inszenierung der ANTIGONE.
Die ANTIGONE lässt sich in Beziehung setzen zu verschiedenen vietnamesischen Heldinnen der Geschichte. Sogar zur KIEU, der Hauptfigur im gleichnamigen vietnamesischen Nationalepos, lassen sich Parallelen herstellen: eine starke weibliche Figur, die in einem kritischen Augenblick Verantwortung übernimmt; Einflüsse durch Familie, Religion oder Karma; Überlegungen, was Leben und Sterben in Würde bedeutet. Wo Ähnlichkeiten sind, fallen die kulturspezifische Unterschiede um sehr stärker auf.
Zum Symposium sind herzlich eingeladen: Theaterregisseur:Innen, Drehbuchautor:Innen, Grafiker:Innen, Literaturkritiker:Innen, Übersetzer:Innen, Bühnenbildner:Innen, Aktivist:Innen für Geschlechtergerechtigkeit. Gemeinsam wollen wir über die ANTIGONE als europäisches Juwel der Weltliteratur reden und herausfinden, wie das hiesige Publikum dafür interessiert werden kann.
Der erste Tag des Symposiums (23.04.2021) steht unter der Überschrift ANNÄHERUNGEN AN ANTIGONE.
Verschiedene Wege der Interpretation der ANTIGONE werden aufgezeigt. Welche Bezüge aus der vietnamesischen Geschichte und Kultur lassen sich herstellen? Welches Frauenbild wird in vermittelt? Worin unterscheidet sich ANTIGONE von TRUYEN KIEU? Warum muss ANTIGONE sterben? Welche Themen sind in dem Stück verborgen, die im heutigen Kontext entfaltet werden können?
PROGRAMM | TAG 1: ANNÄHERUNGEN AN ANTIGONE | |
13 Uhr - 15:15 Uhr | 11 Annäherungen an ANTIGONE Zoom-Link |
16:30 Uhr - 17:30 Uhr |
11 Zusammenfassungen Zoom-Link |
19 Uhr - 20:30 Uhr |
5 deutsche Inszenierungen zoom-link |
Am zweiten Tag (24.04.2021) geht es um ästhetische Fragen.
Wir blicken auf jüngere Inszenierungen der ANTIGONE auf vietnamesischen und deutschen Bühnen zurück. Wir fragen welche künstlerische Gestalt die jeweiligen Aktualisierungen angenommen haben oder in Zukunft annehmen können. Wir schalten hier Beiträge aus Deutschland, der Schweiz und Österreich online hinzu.
Das Kaleidoskop von Ideen und Formen soll schließlich eine Diskussion der anwesenden Regisseure inspirieren. Am Beispiel der ANTIGONE wollen wir über die Zukunft des Theaters sprechen. Da kann es um die Aufmerksamkeitsspanne des Publikums gehen, um einen neuen Umgang mit der Black-Box der Theaterbühne, um das Verhältnis des Theatererlebnisses im Raum zur Präsenz des Theaters im Internet und anderes mehr.
Über die Sprecher
Nguyen Thi Minh (*1985)
hat ihren Master (2010) und PhD (2019) an der Pädagogischen Universität HCM erlangt. Dort unterrichtet sie derzeit Linguistik und Literaturwissenschaft. Ihre Spezialgebiete sind vergleichende Literaturwissenschaft und Film auf der Basis von Subjektivitätslehre und Semiotik. Sie hat an gemeinsamen Forschungsaktivitäten in Japan (2017, 2019) und den USA (2017-2020) sowie an der Organisation und Präsentation auf zahlreichen Konferenzen im In- und Ausland teilgenommen. Sie hat Hannah Arendts Between Past and Future ins Vietnamesische übersetzt und hat Judith Butler übersetzt und dem vietnamesischen Publikum vorstellt. Sie ist Übersetzerin und Mitübersetzerin einiger Publikationen zu Philosophie, Kultur- und Sozialwissenschaften. Minh ist Mitbegründer von The Ladder - einem gemeinnützigen Lernraum für alle die akademisches Wissen teilen und anderen zugänglich machen, insbesondere den Jugendlichen in Vietnam.
Quyen Nguyen (*1984)
is Mitbegründerin und Chefherausgeberin der vietnamesischen online Literatur-Zeitschrift Zzz Review. Sie ist auch die vietnamesische Herausgeberin des Asymptote Journal. Sie hat einen BA in Literatur von der Nationalen Universität Vietnam (2006). Sie hat an der Nanyang Technological University Singapur über James Joyce promoviert. Ihre akademischen Interessen gelten außerdem der irischen Literatur, Moderne und Postmoderne, Übersetzungstheorie und zeitgenössischer Literatur. Sie veröffentlicht bei Palgrave Macmillan. Quyen Nguyen hat 14 Jahre Erfahrungen in englisch-vietnamesischer Übersetzung. Dazu gehören What we talk about when we talk about love von Raymond Carver, Atonement von Ian McEwan, Middlesex von Jeffrey Eugenides.
Kevin Hart (*1982)
gehört zum Gründungsteam der Fulbright University Vietnam. Bevor er zu Fulbright kam, war er Gastdozent an der USSH in Ho-Chi-Minh-Stadt (HCM). Bevor er nach Vietnam kam, unterrichtete er Literatur und Rhetorik an der University of California in San Diego, wo er in vergleichender Literaturwissenschaft promovierte (2018). Seinen Master in englischer Literatur hat er von der Fordham Universität New York. An der Fulbright University Vietnam leitet das akademische Programm für Literaturwissenschaft. Seine Spezialgebiete sind der Roman des 20. Jahrhunderts und Schnittstellen der Literaturwissenschaft mit den Sozial-, Naturwissenschaft und Architektur. Er ist bewandert in Theorie und Praxis von Übersetzungen mit Schwerpunkt auf englische, französische und russische Autoren. In Ho Chi Minh City und in Ben Tre engagiert er sich außerdem als Kulturfreiwilliger für benachteiligte Kinder.
Le Nguyen Long (*1980)
hat einen Master von der Pädagogischen Universität Hanoi und arbeitet derzeit an seinem PhD. Er ist Dozent am Institut für Literatur der USSH der Vietnam National University (VNU) in Hanoi. Er unterrichtet altgriechische und römische Literatur, amerikanische Literatur, vergleichende Literatur und Globalisierungs- und Diaspora-Literatur des 20. Jahrhunderts. Sein Hauptgebiet ist westliche Literatur, insbesondere amerikanische Literatur. Daneben hat er jüngst seine akademischen Interessen auf die Beziehung zwischen Vietnam und dem Westen seit der Zeit des Kolonialismus und während des Vietnamkriegs bis zur Ära der Globalisierung ausgeweitet. Er interessiert sich für Postkolonialtheorie, Übersetzungswissenschaft, Fachtheorie und Lacansche Psychoanalyse.
Hoang Phong Tuan (*1978)
hat einen Master in Literatur von der Pädagogischen Universität HCM (2006) und promovierte in Literatur an der USSH HCM (2015). Er lehrt Linguistik und Literaturwissenschaft an der Pädagogischen Universität HCM. Seine Forschungsschwerpunkte sind Populärkultur, die Beziehungen zwischen sozialen Institutionen und literarische Interpretationen. Er hat unter anderem das Buch „Literatur, Leser, Institution“ (2017) veröffentlicht, und zu Themen geschrieben, die sich mit Konventionen und Rezeptionsmustern in Vietnam, in den Massenmedien und mit der Bearbeitung von Kriegserinnerungen befassen. Ein aktueller Schwerpunkt seiner Forschung ist die Beziehung zwischen Ideologien und literarischer Rezeption, Traumata in Film und Literatur über Kriege, soziale Institutionen und der Frage der künstlerischen Freiheit. In diesem Jahr schließt er eine Forschungsarbeit ab über die Rezeption japanischer Populärkultur.
Do Thuy Linh (*1983)
hat einen Bachelor in Englisch der University Massachusetts. Sie arbeitet für verschiedene englischsprachige Medien wie die Vietnam Net Bridge, die Thanh Nien News, die Tuoi Tre News, die Sai Gon Giai Phong News, die Saigon Times Daily, Mon Ngon Vietnam, die Vietnam Literature Review, VN Express und The Vietnam News gearbeitet. Sie ist freiberufliche Übersetzerin und Ko-Übersetzerin von Judith Butlers Gender Trouble (Das Unbehagen der Geschlechter) für den Frauenverlag, Hanoi.
Dr. Tran Kien (* 1985)
studierte Jura an der Vietnam National University in Hanoi und legte seinen Master und PhD in Jurisprudenz an der University of Glasgow (2015) ab. Er hat verschiedene Positionen an internationalen und nationalen Institutionen inne, die seine unterschiedlichen Interessen und Verpflichtungen widerspiegeln, als Dozent an Rechtsfakultät der VNU und an der Universität Glasgow, als stellvertretender Direktor des Instituts für Studien zur sozialen Entwicklung, Vietnam, als Mitglied des Wissenschaftlichen Ausschusses für Rechtswissenschaften, der Nationalen Stiftung für Wissenschafts- und Technologieentwicklung. Kien ist auch Berater und Experte einiger Regierungsstellen und internationaler Organisationen.
Dr. Vu Duc Liem (*1986)
is a lecturer at Hanoi National University of Education. He was trained in Southeast Asian History and Southeast Asian Studies at Hanoi National University of Education (Vietnam), Chulalongkorn University (Thailand), National University of Singapore (Singapore), and Hamburg University (Germany). His research interests center around political history of early modern Vietnam and history of early globalization in East and Southeast Asia. He has published widely in the subjects, including those by UC Berkeley, Manchester University Press, Japanese Association of Southeast Asian Studies, NIAS Press (Copenhagen), Bundeszentrale für politische Bildung (BpB, Germany), ISEAS (Singapore)…
Veronika Maurer
studierte Philosophie und arbeitete am Burgtheater als Dramaturgieassistentin u.a. mit René Pollesch und Christoph Schlingensief. Von 2011 bis 2014 war sie am Residenztheater München engagiert, anschließend am Schauspielhaus Graz. Von 2015 bis 2020 war sie Dramaturgin am Volkstheater Wien, wo sie u.a. Produktionen von Yael Ronen, Robert Gerloff und Jessica Glause betreute, die Diskussionsreihe „Volkstheatergespräche“ und ein jährliches Minifestival mit Gastspielen aus Osteuropa kuratierte.
Susanne Traub
ist Dramaturgin, Kuratorin, Autorin. Sie studierte von 1988 bis 1993 Theaterwissenschaft, Philosophie und Musikwissenschaft in München. Anschließend arbeitete sie als freie und angestellte Dramaturgin für Theaterhäuser, Festivals, Tanz- und Performanceprojekte. Von 2001 bis 2008 war sie Dramaturgin am Schauspiel Frankfurt. Sie lehrte regelmäßig an verschiedenen Hochschulen und Universitäten (Arnheim, Bochum, Frankfurt, Leipzig, München, Salzburg, u.a.) und kuratierte u. a. die interdisziplinären Veranstaltungsreihen Begehrte Körper (1999) und Moving Thoughts (2000) in Leipzig und die Ausstellung Open the Curtain (2003) zu Kunst und Tanz im Wechselspiel an der Kunsthalle Kiel. Seit 2012 ist sie in der Kulturabteilung des Goethe Institut in München verantwortliche Referentin für Theater und Tanz.
Veröffentlichungen: »Moving thoughts. Tanzen ist Denken«, (Hgg., Berlin, Vorwerk 8 2003); »Open the curtain. Kunst und Tanzen im Wechselspiel«, (Hgg., Kiel 2003); zahlreiche Fachartikel und Essays.
Wanda Golonka (*1958, Lyon)
wurde bei Rosella Hightower und an der Folkwang Schule in zeitgenössischem Tanz ausgebildet und tanzte anschließend u.a. bei Pina Bausch. 1985 gründete sie die Gruppe NEUER TANZ, die sie bis 1995 leitete. Von 2001 bis 2009 war sie Hausregisseurin am Schauspiel Frankfurt. Seit 2013 leitet sie den Studiengang MA Choreographie am Hochschulübergreifendes Zentrum Tanz Berlin.
www.wandagolonka.com