Aktuelle Musik aus Deutschland  Popcast #5/2024

Popcast Mai 2024: Su Yono Su Yono © Toni Hasselmann

Diesen Monat mit Musik von: 

Textor | Grönland
Hjirok | Altin Village & Mine
Ferge x Fisherman | Ferge x Fisherman Records
Su Yono | Trikont
Jembaa Groove | Agogo Records
Autor und Sprecher (Deutsch): Ralf Summer

Textor

Textor | © Frank Zerban

 

Es kann nicht gut gehen, was sich nicht bewegt

Textor, „So Muss Es Sein“

Hip-Hop gehört heute, wie eigentlich überall, zu den erfolgreichsten Musikgenres der deutschen Musikszene. Nachdem sie sich Anfang der Neunzigerjahre langsam zu etablieren begann, fanden sich die jungen Pioniere allerdings mit dem Problem konfrontiert, dass sie sich zwar musikalisch an den US-amerikanischen Vorbildern orientieren konnten, inhaltlich aber kaum. Zudem kamen die ersten Hip-Hopper (und Hip-Hopperinnen, obwohl die Domäne zunächst doch sehr männlich dominiert war) eher aus der Mittelschicht als aus den Ghettos des Landes. Eine dieser frühen Crews waren Kinderzimmer Productions aus dem beschaulichen Ulm, die vor allem dadurch bekannt wurden, dass sie ihr erstes Album wegen eines ungeklärten Samples der Stranglers vom Markt nehmen mussten. Textor, ihr MC, hat die Musik nie aufgegeben und hat jetzt ein Album vorgelegt, das trotz deutlicher Oldschool-Wurzeln frisch und aktuell daherkommt. Textlich auf höchstem Niveau, beschreitet So Tun Als Ob zwar musikalisch nicht immer neue Wege, es sollen ihm aber hier allerhöchste Stylenoten bescheinigt werden.
HJirok

HJirok | © Siamand Mohammadi


Die kurdisch-iranische Sängerin Hani Mojtahedy und Andi Toma von Mouse On Mars haben für ein gemeinsames Projekt die fiktive Figur HJirok erdacht, eine ungewöhnliche aber außerordentlich stimmige Mischung aus traditioneller Sufi-Musik, einem perkussiven Musikstil, der sich in den mystischen Praktiken diverser Kulturen des Nahen Ostens, Westafrikas und Südasiens findet, und den field recordings und elektronischen Manipulationen des Düsseldorfer Musikers.
 
© Altin Village & Mine
Das selbstbetitelte Album entwickelt über die acht längeren, überwiegend ruhigen Stücke einen magischen Sog, der durch die unkonventielle Stimmtechnik und allerlei den westlichen Hörgewohnheiten fremde Perkussioninstrumente einen mystischen Schleier trägt.
Ferge x Fisherman

Ferge x Fisherman | © Kolja Pribbernow


Die Idee, Hip Hop mit jazzigen Sounds zu mischen wurde aus dem Bedürfnis geboren, der afroamerikanischen Musiktradition des frühen 20. Jahrhunderts im Rahmen kontemporärer Musikpraktiken Tribut zu zollen. Spätere Derivate wie Trip Hop oder die digitale, weniger samplebasierte Spielart Nu Jazz sind Beweis für die Wandlungsfähigkeit dieser Fusion der Stile. Eher auf der traditionellen Seite befindet sich das Nürnberger Duo Ferge x Fisherman, das live natürlich mit einer Band unterwegs ist und auch Elemente aus dem Soul der 90er Jahre mitbringt. Vor allem musikalisch wissen die beiden zu überzeugen, ihr entspannter Sound ist auch auf Albumlänge bei aller Stilsicherheit absolut makellos.
Su Yono

Su Yono | © Toni Hasselmann


Einen ganzen Haufen versponnener kleiner Kunstwerke hat das Trio Su Yono in ihr Album Wellen gekippt. Schleppende Rumpel-Drums und verhuschter Gesang führen die Karawane auf dem Rücken einer leiernden Orgel und vielstimmiger Bläsersätze in das Land des Gitarrenpops, in dem das Trio, bestehend aus Marcus Grassl, bekannt durch das großartige Münchner Projekt Aloha Input, Chris Hofbauer (Micro Circus) und der Sängerin des feministischen Chors The Witches of Westend, Pola Dobler, sesshaft geworden sind. Der verzauberte Indiepop auf Wellen, so hört man, soll mit einer Prise Feenstaub genossen sogar Warzen heilen!
Jembaa Groove

Jembaa Groove | © JKE

Ghanaischer Highlife und Afrobeat, Jazz und Soul, Jembaa Groove haben sich dem Sound Afrikas der Siebzigerjahre verschrieben. Das in Berlin ansässige und produzierte afrikanisch-europäische Septett hat bereits die Welt gesehen: Nach Veröffentlichung ihres Debutalbums Susuma (2022) ging es zunächst auf Tour, die die interkulturelle Gruppe auf verschiedene Jazzevents in Europa bis nach Austin, TX zum SXSW Festival geführt hat. Jetzt erscheint das vom ghanaischen Multitalent Kwame Yeboah in traditioneller Manier produzierte Ye Ankasa | We Ourselves, eine wunderschöne Sammlung leichtfüßiger Tracks, deren Leidenschaft durch das spürbare Fernweh eine melancholische Färbung erhält.
 
© Trikont

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