Lichtspielhaus  Deutschland 83

Titelkarte Deutschland 83 Sundance Channel
Ausschnitt „Deutschland 83“: Illustration für den US-Vertrieb auf Sundance Channel Foto (Detail): © Sundance Channel

Als „Deutschland 83“ auf der internationalen Bühne erschien, war die Serie weltweit sofort ein Erfolg. Sie erhielt nicht nur eine Reihe prestigeträchtiger Auszeichnungen, darunter einen International Emmy Award und einen Peabody-Preis, auch das Publikum war von der achtteiligen Serie über die Welt des Kalten Krieges begeistert. Der Protagonist ist Martin / Moritz, gespielt von Jonas Nay: ein junger ostdeutscher Spion, der von seiner Tante Lenora (Maria Schrader) zwangsrekrutiert wird, um Anfang der 80er-Jahre auf die andere Seite der Mauer nach Westdeutschland zu gehen.
 

In Anlehnung an die preisgekrönte US-Show The Americans erforscht auch diese Serie Familienwerte, Liebe, Politik und Atomwaffen, während Nay versucht, sich in seine neue westdeutsche Umgebung einzufügen und gleichzeitig der DDR zu dienen. Das Ganze ist unterlegt mit einen Soundtrack, der Songs von The Cure, Duran Duran, Eurythmics und Nena enthält. 
 
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Die Köpfe hinter dem Drama

Die kreativen Köpfe hinter Deutschland 83 sind die Schriftstellerin Anna Winger und der Produzent Jörg Winger, der 2002 aus den USA nach Deutschland zog. Jörg Winger, der in den 80er-Jahren bei der Bundeswehr für einen Radiosender tätig war, hatte das sehr erfolgreiche Krimidrama SOKO Leipzig produziert und entschied sich dann – zusammen mit seiner Frau, einer Journalistin, Romanautorin und Kreativen (Berlin Stories für NPR Worldwide) – diese Serie zu entwickeln, die den Kalten Krieg in Westdeutschland erkunden sollte.
 
Die Wingers fanden den perfekten Haken für das Serienfinale, die Operation „Able Archer“: ein militärisches Manöver 1983 in Westdeutschland, an dem 40.000 US- und Nato-Soldaten teilnahmen. Der Kreml bekam den falschen Eindruck, dass diese Kriegsübung real war. Die Spannungen zwischen der Sowjetunion und den Vereinigten Staaten hatten zu dieser Zeit bereits ein Allzeithoch erreicht. 
 
Inspiriert von der Fernsehserie Borgen stellten sich die Wingers der Herausforderung, eine Show zu kreieren, die von einem schriftstellerisch-schöpferischen Team geleitet wurde, das im deutschen Fernsehen als sehr innovativ galt. Traditionell haben erfolgreiche deutsche Fernsehserien keine Autor*innenteams oder serielle Erzählungen als Teile ihrer Struktur. Aber die Wingers haben bewiesen, dass sie erfolgreich sein können. Jetzt entwickelt die Produktionsfirma Studio Airlift, die ihren Sitz im ehemaligen Flughafen Berlin-Tempelhof hat, eine Reihe neuer TV-Projekte.  

Interview mit Jörg Winger

NEULAND Kalter Krieg

In der Vergangenheit haben deutsche historische Fernsehsendungen häufig die Welt des Dritten Reiches thematisiert, und so war die Entscheidung der Wingers, den Kalten Krieg zu erkunden, auch für das Paar eine sehr innovative Entscheidung.
 
Zum Zeitpunkt des Mauerfalls gab es mehr als 2.000 verdeckte Stasi-Agent*innen in Westdeutschland. Während in den 1980er-Jahren eine Reihe von Filmen über das Leben in Ostdeutschland entstand, existierten nur wenige Filme über die Rolle der Ostdeutschen im Westen. Die Erforschung eines jungen idealistischen Soldaten aus dem Osten, der den konsumorientierten Westen kennenlernt, ermöglichte einen neuen Blick auf die Geschichte von Ost gegen West.
 
Für die Wingers bestand die Herausforderung darin, eine Geschichte zu vermeiden, die die kommunistische Ära in nostalgisch-romantischer Weise darstellte: „Ostalgie“, wie sie in Deutschland genannt wird – ein komplexer Begriff für das Leben im sozialistischen System. Das war für Jörg Winger unglaublich wichtig, da er Menschen kannte, die Verwandte in der DDR hatten, die gefoltert wurden. Auch sein Casting-Agent war inhaftiert worden, weil er ein Punk war. Die Serie untersucht die oberen Ränge der ostdeutschen Regierung und zeigt deren Machenschaften und Martins Unschuldsverlust, während er immer weiter in seiner Rolle als Stasi-Spion aufgeht.

Erfolg auf Erfolg

Das spannende Drama der Wingers hat sich als phänomenaler Erfolg erwiesen. Deutschland 83 erhielt eine Bewertung von 100 Prozent auf der Website von Rotten Tomatoes und wurde weltweit ausgestrahlt. Deutschland 83 wurde mit zahlreichen Auszeichnungen geehrt, darunter International Emmy Award, Peabody Awards und in Deutschland der Grimme-Preis und die Goldene Kamera. Jonas Nay gewann außerdem die Goldene Nymphe 2016 als bester Schauspieler beim Festival de Television in Monte Carlo sowie den Deutschen Fernsehpreis für seine Darstellung des Martin Rauch.
 
Als Deutschland 83 im Jahr 2015 vor amerikanischem Publikum ausgestrahlt wurde, war es das erste Drama in den USA, das in deutscher Sprache mit Untertiteln gezeigt wurde. Erst lief es auf Sundance Channel und dann auf Hulu in den USA, in Deutschland bei RTL, auf BBC Persian im Iran, in Afghanistan und Tadschikistan und auf Channel 4 in Großbritannien, wo es mit 2,5 Millionen Zuschauenden ab Januar 2016 das beliebteste fremdsprachige Drama in der Geschichte des britischen Fernsehens war.


2016 kündigte Amazon an, die Serie weiterzuführen. Im Sommer 2017 drehte Regisseur Florian Cossen Szenen in Südafrika, die in Angola und Libyen spielen, und Regisseur Arne Feldhusen begann im Oktober 2017 mit weiteren Dreharbeiten in Berlin. Die zweite Staffel von „Deutschland 83“ Deutschland 86in der sich Martin (Jonas Nay), der wegen seiner Sünden in „Deutschland 83“ nach Afrika verbannt wurde, in der Rolle des Doppelspions wiederfindet – lief im Oktober 2018 auf Amazon Prime an und steht mittlerweile auch auf weiteren Streaming-Plattformen zur Verfügung.