Bernd das Brot  „Mist!“ – Kultfigur im Kinderfernsehen

Die Kultfigur Bernd das Brot vor dem Rathaus in Erfurt neben seinen Kinderkanal-Freunden Briegel der Busch (l.) und Chili das Schaf (r.)
Die Kultfigur Bernd das Brot vor dem Rathaus in Erfurt neben seinen Kinderkanal-Freunden Briegel der Busch (l.) und Chili das Schaf (r.) Foto (Detail): © picture-alliance/ dpa | Hendrik Schmidt

Seit mehr als zwanzig Jahren präsentiert sich „Bernd das Brot“ im deutschen Kinderfernsehen – meistens schlecht gelaunt. Kein Wunder, dass man sich in den sozialen Medien fragt, weshalb Kinder in Deutschland so etwas sehen dürfen. Also: Mit wem haben wir es zu tun? Wer ist diese Kultfigur?
 

Die deutsche Sprache hat viele Worte, um das Wesen von Bernd – ein sprechendes Weißbrot – zu beschreiben: griesgrämig, deprimiert, grummelig, schlecht gelaunt, genervt, Kauz, Miesepeter, Pessimist oder Nörgler. Bernds eigenes Lieblingswort lautet: „Mist“. Sein einfaches, aber markantes Äußeres passt zu seinem Charakter: Er ist ein beige-braunes Kastenbrot mit kurzen Armen, großen Händen und Füßen. Die Mundwinkel hängen nach unten, darüber Tränensäcke und hervorstehende, hilflos bis grimmig schauende Augen.

Bernd klingt zunächst nicht nach dem Typen, mit dem man gerne selbst oder mit dem die eigenen Kinder Zeit verbringen möchten. Und dennoch ist Bernd das Brot eine der beliebtesten Figuren des Kinderkanals (KiKA). Dort verfolgen seit über zwanzig Jahren nicht nur Kinder sein Treiben, sondern auch bei Erwachsenen ist das ewig schlecht gelaunte Brot beliebt. Das mag daran liegen, dass seine bekanntesten Auftritte im Fernsehen spät abends und nachts liefen, nämlich dann, wenn das reguläre Programm vom KiKA vorbei war, die Kinder schon schliefen und Bernd die Lücke in der Nacht füllen sollte.

Es mag aber auch daran liegen, dass Bernd etwas tut, was vielen Menschen schwerfällt: Er äußert offen und ehrlich seine Meinung. Das bedeutet in Bernds Fall: Er redet so gut wie alles schlecht. Hinzu kommt, dass Bernd ein Star wider Willen ist. Er drängt sich nicht ins Rampenlicht – im Gegenteil. Klingt sympathisch angesichts der vielen Menschen in der Fernsehbranche, die mit Macht die Aufmerksamkeit und den Glamour suchen.

Brotmischung: Humor und Gesellschaftskritik

Bernd das Brot ist, wenn man so möchte, Entertainer. Seit September 2000 hat er Sendezeit im Kinderfernsehen, die er für seinen speziellen Schabernack nutzen kann. Die Puppe wird von dem Schauspieler Jörg Teichgraeber bewegt und mit einer unverkennbar tiefen, monotonen Stimme gesprochen. Begleitet wird Bernd meist von seinen Freunden Chili das Schaf und Briegel der Busch, die ihn gegen seinen Willen in allerlei Abenteuer mit hineinziehen. In Sendungen wie Chili TV, Bravo Bernd oder Nachtschleife werden Märchen, TV-Shows und Filme sowie Fernsehserien parodiert. Bernd äußert immer wieder den Wunsch, die Sendung zu verlassen. Doch eine gewisse Sympathie für den abenteuerlustigen Chili und den hyperaktiven Briegel ist dennoch erkennbar.

Seine kuriosesten Auftritte hat Bernd nachts in sich wiederholenden Nachtschleifen. Dabei steht er zu Beginn meistens in einem weißen Raum, wirkt verloren und beschwert sich über sein Leben. Beispielsweise startete Bernd 2013 eine Nachtschleife mit dieser Klage: „Na toll, also wieder die übliche Nummer: Ihr lacht euch kaputt, und ich bin ganz allein in der weißen Hölle.“ Daraufhin wird Bernd von einer Computerstimme auf die Welt der sozialen Medien aufmerksam gemacht –Tausende potenzielle Freunde würden dort auf ihn warten. Widerwillig lässt sich Bernd darauf ein. Was folgt, ist eine kluge und lustige Social-Media-Kritik. An dieser und anderen Folgen zeigte sich, dass die Sendung zurecht für ihren intelligenten und oft sarkastischen Humor bekannt und beliebt ist.

Entführt oder befreit?

The Sky is the Limit? Nicht für Bernd. Als „Astrobrot“ fliegt er auf die internationale Raumstation ISS. Seine Liebe zu Musik und Tanz hat er schon in früheren Sendungen gezeigt. Und auch „Astrobrot“ schwebt im Astronautenanzug zu neuen Songs durch die Atmosphäre. Als wäre all das nicht schon absurd genug, mussten sich Bernd-Fans 2009 tatsächlich um ihn sorgen, denn: Er wurde entführt. Und zwar in der „wirklichen Welt“. Eine zwei Meter große und 125 Kilogramm schwere Figur von Bernd das Brot, welche in Erfurt direkt vor dem Rathaus stand, verschwand im Januar 2009 auf mysteriöse Art und Weise. Viele, vor allem die Kinder, hatten Angst um das Wohlbefinden von Bernd. Andere wiederum sahen in der Entführung einen Akt der Befreiung – endlich müsse Bernd nicht mehr gegen seinen Willen für den KIKA arbeiten. Nach elf Tagen fand die Polizei Bernd jedoch in einem verlassenen Gebäude zwischen Erfurt und Weimar und brachte ihn an seinen Platz zurück.

Bernd for Bundeskanzler!

Die mit mehreren Preisen ausgezeichnete Fernsehfigur passt auf eine gewisse Art zu einem Stereotyp von Deutschland. Auf ihr Brot sind die Deutschen stolz – es ist immer wieder das, was Deutsche im Ausland am meisten vermissen. Und eine Vorliebe zum Meckern wird ihnen auch nachgesagt. Damit repräsentiert Bernd das Brot durchaus authentisch ein Stück von Deutschland. Vielleicht sollte Bernd sich als künftiger Bundeskanzler ins Gespräch bringen. Seine Chancen dürften gar nicht so schlecht stehen.