Ausstellung Afghan Futurism: Transforming Imagination

Parwana Haydar - Foot ache © Parwana Haydar

Fr, 30.06.2023 –
So, 02.07.2023

Kunsthaus ACUD

mit Werken von Shiraz Fazli und Qeas Pirzad, Parwana Haydar und dem AVAH Collective

Die Arbeiten der Künstler*innen umfassen eine historische und zugleich traumartige kulturelle Ästhetik, die einen Blick nach vorn und gleichzeitig einen Blick zurück ermöglicht. In dieser Spannung zwischen Tradition und Rebellion, die sowohl als Referenz als auch als Maske dient, werden neue emanzipierte Wahrheiten außerhalb der dominanten Kulturnarrative geschaffen. Gemeinsam versuchen die Künstler*innen, eine kollektive Vision für die Zukunft zu entwickeln, die sich aus den Erfahrungen der afghanischen Diaspora ableitet.  

Werke

Shiraz Fazli: تکھ تکھ تکھ می شوم (I break apart) 
 
Traditionelle afghanische Kleidungsstücke werden aus gemusterten Stoffen, Spiegeln, Perlenarbeiten und Stickereien zusammengesetzt. Sie können auch mit hängenden, perlenbesetzten Talismanen verziert sein, die gul-e-peran genannt werden und als solche dem Körper sowohl physischen als auch psychischen Schutz bieten. تکھ تکھ تکھ می شوم (I break apart) ist ein Wandteppich, der aus einer Auswahl gefundener Materialien besteht. Stoffstücke, Reissäcke, Stoffpuppen, Gemälde, gebrauchte Kleidung, Spiegel, Perlen und Pailletten fügen sich zu einer Collage zusammen, die an traditionelle afghanische Textilarbeiten erinnert und den hybriden Charakter der afghanischen Kunstformen reflektiert. 

Qeas Pirzad: The daybreak of utopia 
  
When the rainfall washes away the last cries of despair 
And the sun rays dry the last tears of sorrow 
  
The smiles emerge from each corner of the land 
From the westernmost point of Herat to the farthest east of Badakhshan 
Lighting up the dark and forgotten homes 
  
Calling the forsaken ones to return 
Because the sun is rising in our home 

Parwana Haydar - Foot ache 

"Foot ache" ist eine Videocollage eines KI-generierten jungen afghanischen Mädchens, das auf Trümmern zur traditionellen Rahmentrommel Daira tanzt - vor dem wechselnden Hintergrund leerer, opulenter Hochzeitssäle in Kabul. In den glitzernden, kitschigen und hochmodernen Hochzeitssälen von Kabul, Afghanistan, existiert eine isolierte Form der Befreiung für die wenigen Glücklichen, die unter dem aktuellen Taliban-Regime zu Hochzeitszeremonien eingeladen werden. Frauen tragen ihre schönsten Kleider aus Chiffon in verschiedenen Farben und drehen sich im Rhythmus von Kassetten und klassischer afghanischer Musik. In diesem vorübergehenden Raum des Tanzes und der Freude mag afghanischer Futurismus existieren, während draußen auf den Straßen Kabuls für viele Frauen, die gezwungen werden, formlose Gewänder zu tragen, und die seit Kurzem von Universitäten verbannt werden, eine Dystopie bleibt.

 

Künstler*innen:

Shiraz Fazli © Shiraz Fazli Shiraz Fazli ist eine in Brooklyn ansässige Künstlerin und Pädagogin. In ihrer Arbeit verbindet sie Textilien mit Malerei, um Kleidungsstücke, Puppen und Wandteppiche zu schaffen, die eine Perversion afghanischer Motive, Sprache und Traditionen darstellen. Sie stellt Humor und Absurdität in den Vordergrund, die sich daraus ergeben, dass sie mit einem afghanischen Hintergrund im imperialen Kernland aufgewachsen ist, und hinterfragt die vorherrschenden Vorstellungen von der afghanischen Opferrolle. Als Künstlerin und Pädagogin nutzt sie Afghanistan als Ausgangspunkt für künstlerische und historische Untersuchungen. 2019 hat Fazli ihr Studium der Middle Eastern Studies am Bard College absolviert und hat ihre Kunst unter anderem in der Living Gallery, der ReflectSpace Gallery und im The Documentarian Mag ausgestellt.  

Qeas Pirzad © Qeas Pirzad Qeas Pirzad setzt sich in seiner Kunst kritisch mit der Schaffung von personalisierten Realitäten auseinander. Als Nachkomme afghanischer Einwanderer in den Niederlanden hat Pirzad schnell die Fähigkeit erlangt, die kontrastreichen Lebenswelten innerhalb und außerhalb seiner Heimat zu besetzen. Viele seiner Arbeiten spiegeln die Offenbarung des Künstlers wider, seine eigene Realität zu definieren. In seiner Kunst reflektiert und dekonstruiert Pirzad gesellschaftliche und familiäre Einflüsse auf seine Existenz. Dabei drückt er sich als multidisziplinärer Künstler durch verschiedene Medien wie Öl auf Leinwand, digitale Collage, Skulptur, Poesie und Performancekunst aus.  Die traumähnlichen Kompositionen von Pirzads Projekten laden Betrachter*innen zu einer visuellen Reise ein, die keine Grenzen kennt. Er hofft, dass diese Reise ein Katalysator für das eigene Erwachen der Betrachter*innen ist. 

 © Parwana Haydar Parwana Haydar ist eine in London ansässige Filmemacherin und Kuratorin. Sie hat einen BA-Abschluss in Sozialanthropologie und Persisch von der SOAS, University of London. Sie ist Absolventin der Other Cinemas Filmschule und der South London Gallery's Re:Creative Filmschule. Ihre künstlerische Praxis ist von Persönlichem geprägt, das von strukturellen und globalen Themen wie Vertreibung, Krieg und Trauer überschattet wird. Ihre Filme und Installationen erforschen die Lücken zwischen Realismus, Surrealismus und Spekulation. Sie ist Stipendiatin des deutschen Hanse Wissenschaftskollegs, wo sie den Auftrag erhielt, einen Film für die Städtische Galerie in Delmenhorst zu entwickeln und zu drehen, der sich mit dem Thema Kindheitserinnerungen auseinandersetzt. Sie ist Mitglied des Afghan Visual Arts and History Collective (AVAH), einem unabhängigen kuratorischen Forschungskollektiv und einer Multimedia-Plattform für Künstler*innen aus Afghanistan und der afghanischen Diaspora. Ihre Videoinstallation Internet Archiving, die sie in Zusammenarbeit mit anderen Mitgliedern des AVAH-Kollektivs entwickelt hat, ist eine Videocollage der digitalen Archivkultur Afghanistans, die die klaffenden Löcher der vom Krieg zerrissenen Geschichte Afghanistans kommentiert. Die Collage ermöglicht, kritisch über die materielle Realität unserer gegenwärtigen Kultur und Narrative nachzudenken. Internet Archiving wurde auf dem Fotofestiwal in Lodz, Polen, vom 15. bis 18. Juni ausgestellt.

AVAH (Afghan Visual Arts & History) ist ein unabhängiges und globales Forschungskollektiv und eine Multimedia-Plattform. Es entstand aufgrund des Mangels an verfügbaren Informationen und langfristigen Initiativen zu den historischen und zeitgenössischen Praktiken mit Ursprung in Afghanistan oder im Zusammenhang mit Afghanistan. Durch das Sammeln von Kunstgeschichten, die Kontextualisierung von Praktiken und die Schaffung eines professionellen Netzwerks will AVAH wichtige Ressourcen schaffen, die zum Verständnis der Vergangenheit beitragen und die aktuelle Generation von Künstler*innen und Kulturschaffenden im In- und Ausland ausrüsten.
 

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