Gesprächsveranstaltung Literaturen im Exil: Ma Thida & Mohamed Anwar

Ma Thida und Mohamed Anwar Ma Thida © Ole Witt, Mohamed Anwar © Sondos Seif

Di, 14.05.2024

19:00 Uhr

ACUD Studio

Wie sehen das Arbeiten, die Erfahrungen und Realitäten von Autor*innen aus, die aufgrund von Krieg oder politischer Repression ihre Heimatländer verlassen mussten und nun in Berlin bzw. Deutschland leben? In regelmäßig stattfindenden Abendveranstaltungen der Reihe Literaturen im Exil präsentieren jeweils zwei Autor*innen unterschiedlicher Herkunft ihre Texte und tauschen sich über ihre Exil-Erfahrungen sowie über Chancen und Herausforderungen in der (deutschen) Literaturszene aus.  

Am 14.05.2024 begegnen sich die Schriftstellerin und Menschenrechtsaktivistin Ma Thida aus Myanmar und der ägyptisch-sudanesische Comiczeichner und politische Karikaturist Mohamed Anwar. Moderiert wird der Abend von Per Brandt (Martin Roth-Initiative).

Im Fokus stehen die Vermittlung sowie Auseinandersetzung mit künstlerischen Positionen und Werken der Literat*innen. Darüber hinaus werden auch strukturelle Fragen diskutiert, wie die Anknüpfung an literarische bzw. künstlerische Szenen, Sprach- und Übersetzungsherausforderungen oder die Auseinandersetzung von Identität und künstlerischem Schaffen in einer neuen Umgebung. 

Gäste

Ma Thida © Ole Witt Ma Thida ist eine burmesische Schriftstellerin, Menschenrechtsaktivistin, Chirurgin und ehemalige politische Gefangene. In Myanmar ist sie vor allem als führende Intellektuelle bekannt, die sich in ihren Büchern mit der politischen Lage des Landes auseinandersetzt, was von der Regierung oft als Bedrohung empfunden wurde. Bis zum Militärputsch im September 2022 war sie Präsidentin des PEN Myanmar. Seit kurzem ist sie Stipendiatin des Writers-in-Exile-Programm des PEN-Zentrums Deutschland.

Ihre Bücher schrieb sie unter dem Pseudonym Suragamika, was so viel wie „tapfere Reisende“ bedeutet. Doch der politische Charakter ihrer Texte machte sie schnell zur Zielscheibe des repressiven Regimes. Im Oktober 1993 wurde Ma Thida wegen „Gefährdung des öffentlichen Friedens, Kontakt zu illegalen Organisationen und Verbreitung illegaler Literatur“ zu 20 Jahren Haft verurteilt. Tatsächlich hat Ma Thida die prodemokratische Bewegung um Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi unterstützt. In Haft, die sie unter unmenschlichen Bedingungen verbüßte, erkrankte sie an Tuberkulose. Weil es ihr gesundheitlich immer schlechter ging und der politische Druck, auch durch Menschenrechtsorganisationen wie Amnesty International und PEN International, immer größer wurde, konnte Ma Thida nach fünf Jahren, sechs Monaten und sechs Tagen schließlich das Gefängnis verlassen. Danach lehrte sie einige Zeit in den USA, zeitweise war sie auch wieder in Myanmar, jedoch nicht seit 2021, wo die Sicherheitslage immer noch ernst ist. Ma Thida ist u.a. Trägerin des Reebok Human Rights Awards, den PEN/Barbara Goldsmith Freedom to Write Awards, des Honoured Awards from American Association of Advancement of Science (AAAS) und des Freedom of Speech Award der Norwegian Writers Union.


Mariam Meetra © Sondos Seif Mohamad Anwar ist ein ägyptisch-sudanesischer Comiczeichner und politischer Karikaturist. Anwar gehört zu der neuen Welle junger politischer Karikaturisten, die 2006 während der letzten Jahre des ehemaligen Diktators Hosni Mubarak in den neu gegründeten privaten Medien auftauchten.
Im Jahr 2007 begann er seine berufliche Laufbahn als Karikaturist bei Al-Badeel, einer ägyptischen Tageszeitung. Anwar hat für mehrere ägyptische und arabische Zeitungen und Zeitschriften gearbeitet. Im Jahr 2010 wechselte er zu Almasry-Alyoum, der auflagenstärksten Tageszeitung Ägyptens, wo er Leiter der Karikaturenabteilung war.
Die ägyptische Revolution, die 2011 ausbrach, war ein entscheidender Wendepunkt in Anwars künstlerischer Entwicklung. In seinen Werken setzt er sich für die Werte der sozialen Gerechtigkeit, der Meinungsfreiheit und der Gleichheit in der ägyptischen Gesellschaft ein und wandte sich häufig gegen die Stimmen des politischen Islams und des Militärregimes, die die politische Szene beherrschten. Dadurch erregten seine Karikaturen internationale Aufmerksamkeit.
2017 wurde Anwar mit einem der renommiertesten Preise für ägyptischen Journalismus, dem Mustafa- und Ali-Amin-Preis, als bester politischer Karikaturist in Ägypten ausgezeichnet.
Nach dem großen Rückschlag der politischen Reformen des Arabischen Frühlings im Jahr 2011 wurde Anwar 2019 verhaftet und aus Ägypten abgeschoben. Er zog in den Libanon, ließ sich dann in Berlin nieder und ist derzeit Creative Director von CORRECTIV, einem deutschen investigativen Medienhaus, wo er seine erste Graphic Novel "Erdogan" - eine Biografie des türkischen Präsidenten - veröffentlichte. Ein vierjähriges Projekt, an dem er zusammen mit dem türkischen Journalisten Can Dündar arbeitete. Die Graphic Novel wurde in sieben Sprachen übersetzt.


MODERATION


Per Brandt © Goethe-Institut Per Brandt ist der Vertreter des Goethe-Instituts in der Leitung der Martin Roth-Initiative (MRI), einem Schutzprogramm für gefährdete Künstler*innen und Kulturtätige, die sich für die Freiheit der Kunst, Demokratie und Menschenrechte einsetzen. Es wird vom ifa (Institut für Auslandsbeziehungen) und dem Goethe-Institut im Auftrag des Auswärtigen Amtes umgesetzt. Seitdem er die Stelle im Jahr 2022 angetreten ist, hat die MRI ihre Krisenreaktionsfähigkeit und globalen Aktivitäten, einschließlich der Entwicklung von Hubs und Fast-Tracks, ausgebaut. Sowohl der Sudan als auch Myanmar gehören zu den Ländern, zu denen die MRI in diesem Zeitraum intensiver gearbeitet hat. Zuvor war er Leiter des Goethe-Instituts in Nowosibirsk, das einen Schwerpunkt auf die Förderung von Zivilgesellschaft und zeitgenössischer Kunst hatte, bevor das Goethe-Institut gezwungen wurde, seine Präsenz in Russland im Zuge des Angriffskriegs gegen die Ukraine und der damit einhergehenden Verfolgung von Andersdenken innerhalb Russlands zu minimieren. Er hat in Kopenhagen, Paris und Berlin Komparatistik studiert.

Die Reihe LITERATUREN IM EXIL wird gefördert durch die Senatsverwaltung für Kultur und Gesellschaftlichen Zusammenhalt des Landes Berlin.

 

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