Editorial
Dossier: „Zugehörigkeit“ —
Über diese Ausgabe
Letzteres ist vor allem dann der Fall, wenn verschiedene Narrative von Zugehörigkeit und konkurrierende Ansprüche aufeinandertreffen. Dabei bestimmen nicht selten Widersprüche die Debatte: Berechtigte Forderungen nach Repräsentation führen gleichzeitig zu immer feiner werdenden Kategorisierungen, die in sich auch die Möglichkeit einer Essentialisierung von Menschen auf Faktoren wie Hautfarbe, Geschlecht und Ethnie enthalten. Dagegen steht die Utopie, alle trennenden Kategorien zu überwinden. Nationale Identität etwa, ist das nicht ein Konzept des 19. Jahrhunderts, endgültig diskreditiert durch die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts? Und doch scheint das Bedürfnis nach Zugehörigkeit zu nationalen Identitäten keineswegs der Vergangenheit anzugehören. Sollte es nicht Ziel sein, Unterschiede betonende Kategorien wie Hautfarbe und Geschlecht ganz abzulegen, statt sie in Repräsentativitätsdebatten gerade stark zu machen?, so ein weiteres Argument. Und doch scheint diese Positionen zu übersehen, dass es nach wie vor sehr reale Machtungleichgewichte gibt, denen man nicht begegnen kann, indem man ihre Trennlinien zu überwundenen Kategorien erklärt.
Die Autorinnen und Autorinnen dieser Ausgabe des Humboldt-Magazins denken über Fragen der Zugehörigkeit als Resultat von Fremd- und Selbstzuschreibungen in verschiedenen Bereichen der Gesellschaft nach: Wie drücken sich Zugehörigkeiten in den Künsten aus, etwa im Film und in der Musik? Wie manifestieren sich in städtebaulichen Entscheidungen soziale Zugehörigkeiten, etwa Spaltungen in Arm und Reich, und wie kann eine gelungene Architektur dem entgegenwirken? Wie manifestieren sprachliche Konventionen gesellschaftliche Ungleichgewichte, und führt eine inklusivere Sprache zu einer inklusiveren Gesellschaft? Dabei steht immer im Vordergrund, wo sich in diesen Aushandlungen Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen Südamerika und Deutschland abzeichnen.
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