Bildung im Krieg  Die geheime Schule

Die geheime Schule Illustration: © Tetiana Kostyk

Eine kleine ukrainische NGO gibt ukrainische Schulkinder in den von Russland besetzten Gebieten und auf der Flucht nicht verloren. Sie organisieren schon seit 2020 professionellen Online-Unterricht unter digitalen Sicherheitsvorkehrungen und damit einen wertvollen Raum für junge Menschen im Krieg.

„Die Kinder sind immer so neugierig und machen so gut mit, dass der Extra-Unterricht pure Entspannung ist!“ Die junge Frau strahlt mit den frisch gepflanzten Stiefmütterchen und der warmen Maimorgensonne im Charkiwer Schewtschenko-Park um die Wette, wenn sie von ihrem Ehrenamt berichtet.

Die 23-jährige Anastasija Hladkich ist Biologie-Lehrerin an einer Privatschule, zusätzlich unterrichtet sie für den Verein Znovu (ЗНОвУ) mehrmals wöchentlich ukrainische Jugendliche, die in den momentan von Russland besetzten Gebieten der Ukraine leben oder auf der Flucht in ganz Europa sind. Seit drei Jahren macht sie das. Als sie begann, war sie noch im letzten Studienjahr und gleichzeitig schon an einer Regelschule angestellt.

All ihr Unterricht findet online statt. Seit dem russischen Überfall im Februar 2022 gibt es überall dort, wo im Schulgebäude und der nächsten Umgebung zuverlässige Bombenschutzräume fehlen, nur noch Distanzunterricht. Wie schon während der Corona-Pandemie. Viele junge Schulkinder in der Ukraine kennen kaum noch Präsenz-Schulalltag.
 
Anastasija Hladkich

Anastasija Hladkich | Foto: © Peggy Lohse


Der frühe Morgenspaziergang im Stadtpark tut Anastasija gut. Charkiw ist praktisch täglich Ziel russischer Raketen, Drohnen und Fliegerbomben. Doch dies ist ein selten stiller Maimorgen. Wenige Tage nach unserem Treffen wird Russland eine neue Offensive gegen die Region Charkiw starten, dabei das grenznahe Wowtschansk in wenigen Wochen zur Hälfte zerstören.

„Ich lebe hier in Charkiw und habe durch den ständigen Beschuss schon gelernt, den Kopf nicht hängen zu lassen“, sagt Anastasija. Sie spricht konzentriert und pointiert. Sie kam vor sieben Jahren aus Donezk, der seit 2014 umkämpften und seitdem russisch besetzten Großstadt im Osten, zum Studium nach Charkiw. „Manchmal merke ich, dass ich mit den Schülern aus den besetzten Gebieten viel gemeinsam habe – sie benutzen bekannte Wörter, ihre Aussprache und Erfahrungswelt ist mir gut bekannt.”

Russische Besatzung gegen ukrainische Bildung

Überprüfbare Berichte darüber, was in den von Russland besetzten Territorien passiert, gibt es wenig. Informationen stammen meist von Menschen, die die Besatzung verlassen konnten. Der andauernde russische Krieg zerstört viele Kommunikationskanäle. Kampfhandlungen und Besatzungspolitik machen Recherche vor Ort unmöglich.

Nach Angaben des ukrainischen Bildungsministeriums sind durch den Krieg bereits 3435 Bildungseinrichtungen zerstört und 439 beschädigt worden – laut Generalstaatsanwaltschaft wurden bislang 561 Kinder getötet und 1462 verletzt (Stand: 15. Juli 2024).

Ein aktueller Bericht von Human Rights Watch (HRW) gibt die Zahl  ukrainischer Kinder im schulpflichtigen Alter in den von Russland besetzten Gebieten mit rund einer Million an, davon allein 458.000 auf der Krim. Jedes ukrainische Schulkind unter russischer Besatzung gehört formal noch zu seiner bisherigen ukrainischen Schule. Aber nicht alle der nun „besetzten Schulen” kann der ukrainische Staat dezentral mit Online-Unterricht weiter betreiben.
 
© Radio Free Europe/Radio Liberty
62.400 Kinder lernen online weiter an ukrainischen Bildungseinrichtungen, so das ukrainische Bildungsministerium. Und laut ukrainischer Bildungsdatenbank USEDE haben 2023 immerhin 3675 Jugendliche aus russisch besetzten Gebieten ein Studium an ukrainischen Hochschulen aufgenommen − das sind 1,7 Prozent aller Bachelor-Studienanfänger*innen.

Die ukrainische NGO Almenda stellt in ihrer Analyse vom Mai 2024 fest, dass die überwiegende Mehrheit jener Studienanfänger*innen aus Regionen kommt, die nach dem 24. Februar 2022 von Russland okkupiert wurden. Diejenigen, die ihren Schulabschluss auf der Krim oder in den seit 2014 besetzten Gebieten der Regionen Donezk und Luhansk gemacht haben, entscheiden sich fast nie für ein Studium in der Ukraine. „Dies erklärt sich durch die Dauer der russischen Besatzung und den Einfluss der russischen Propaganda, durch Druck und Einschüchterung vonseiten der Besatzungsbehörden sowie Assimilationsprozesse und Verlust der staatsbürgerlichen und nationalen Identität bei Kindern und Eltern“, heißt es in dem Bericht.

Schwerpunkte der russischen Propaganda – auch im Lehrplan der Besatzer – sind Militarisierung und Heroisierung der russischen Armee, was mit der Zeit die ukrainische Identität der Kinder zerstört. Besonderes Augenmerk liegt dabei auf dem Fach Geschichte, wie Allyson Edwards von der Universität Warwick schon 2022 in einem Artikel für das Zentrum für Osteuropa- und internationale Studien (ZOiS) in Berlin erläutert: Erwähnungen von Kyjiw und der Ukraine werden aus russischen Schulbüchern gestrichen, diese werden schnellstmöglich an Schulen in besetzten Gebieten eingesetzt. Für Russland sei es „von immenser Bedeutung, die Ukraine nicht nur physisch zu kolonisieren, sondern auch in die Köpfe der Menschen einzudringen“ – die Schulbildung betrachte Moskau „als geeignetes Mittel für einen solchen Wandel“.

Das bestätigt auch der Bericht von Human Rights Watch vom Juni 2024: „Die ukrainischen Kinder unter der Besatzung werden mit anti-ukrainischer Propaganda des Kremls indoktriniert. Sie erhalten auch eine militärische Ausbildung als Teil des Lehrplans.“ Dieser schreibe Geschichtsbücher vor, die die russische Invasion rechtfertigen und die Ukraine mit ihrer Regierung als ‚Neonazi-Staat‘ darstellen, und unterbinde Unterricht in ukrainischer Sprache. Das verletze das in der UN-Kinderrechtskonvention verbriefte „Recht der ukrainischen Kinder auf eine Bildung, die Respekt für die ‚eigene kulturelle Identität, Sprache und Werte‘ sowie die ‚nationalen Werte‘ des Herkunftslandes des Kindes vermittelt“.

Die sozialpolitischen Themen rund um Kindheit und Ausbildung unter Kriegsbedingungen sind, das betonen auch führende Politiker*innen, Schlüsselfragen der Zukunft der ukrainischen Gesellschaft und Wirtschaft. Ein kleiner Verein hat das schon vor Jahren erkannt.

Das unmöglich Scheinende ermöglichen

Bei gutem Kaffee in einem neuen hippen Buchladen-Café im Zentrum Kyjiws berichten die Mittzwanzigerinnen Olha Kowal und Olena Pawliuk über ihr Herzensprojekt. Gemeinsam mit Anastasija Bjeljajewa gründeten sie 2020 die Schulinitiative Znovu.

Die drei hatten sich beim Schulprojekt Teach for Ukraine kennengelernt, das Lehramtsabsolvent*innen in Kleinstadt- und Dorfschulen schickt, um moderne Methoden in der Schullandschaft zu verbreiten und jungen Lehrer*innen Berufserfahrung zu verschaffen. Beim Abschusstreffen brachte sie ein gemeinsamer Freund darauf: Sein kleiner Bruder war nach 2014 in Donezk unter pro-russischer Besatzung geblieben – und verlor in sechs Jahren praktisch jeden Kontakt zur ukrainischen Sprache, Kultur, Gesellschaft. Wie sollte er ihn auch erhalten, wo doch Schule, Medien, Alltag nun russisch-propagandistisch geprägt waren?

„Das hat uns die Augen geöffnet: Da lebten und arbeiteten wir die ganze Zeit als Lehrerinnen, aber dachten nicht mal daran, dass die Jugendlichen dort ihre ukrainische Bildung verlieren!“, erzählt Olena. Und Olha: „Ich komme aus Luhansk, das damals auch umkämpft und besetzt wurde. Ich weiß, dass es da noch immer viele pro-ukrainische Menschen gibt.“

„Für viele von uns ist die russische Besatzung auch eine persönliche Geschichte“, sagt Olena.
 
Olha Kowal und Olena Pawliuk

Olha Kowal und Olena Pawliuk | Foto: © Peggy Lohse


Also planten die drei: Wie kann man sicheren Online-Unterricht für junge Menschen in besetzten Regionen machen? Was brauchen sie? Wie erreicht man sie? Und alles, ohne sie zu gefährden? Denn für Sympathie oder Kontakte zu ukrainischen Institutionen oder pro-ukrainischen Gruppen, das zeigen zahlreiche Zeug*innenberichte, drohen unter russischer Besatzung willkürliche Verfolgung, Inhaftierung, Verschleppung, Folter bis Mord.

Human Rights Watch berichtet von einem Schüler im besetzten Melitopol (Oblast Saporischschja), der von russischen Sicherheitskräften mit einer Tüte über dem Kopf in ein abgelegenes Gebiet gefahren und dort sich selbst überlassen wurde, weil er in der Schule ukrainisch gesprochen hatte. Die Besatzungsbehörden drohen Eltern mit Geldstrafen, Verlust des Sorgerechts und Inhaftierung, wenn sie ihre Kinder nicht an russischen Schulen anmeldeten oder wenn sie online ukrainische Schulen besuchten.

Jede Sorglosigkeit mit persönlichen Daten kann ein Risiko sein.

Sicherheit über alles!

Ein halbes Jahr dauerte die Znovu-Vorbereitung. Gemeinsam mit einer IT-Sicherheitsfirma, die auch für ukrainische Ministerien arbeitet, erstellten sie ein Konzept. Sie wählten einen Serverdienst, der kaum mit Bildungsprogrammen in Verbindung gebracht wird und in Russland nicht blockiert ist. Testeten Verschlüsselungstechniken.

Für jede Stunde gibt es einen neuen Zugangslink. In den Online-Räumen werden nur Vornamen oder Nicknames genutzt. Gespräche über konkrete Orte, Kriegslage und Politik sind ausgeschlossen. Schüler*innen aus besetzten Gebieten nehmen oft ohne Kamera teil – um den Ort nicht zu verraten oder weil das Internet zu schwach ist.

Am Programm dürfen nur Schüler*innen teilnehmen, deren Eltern informiert und einverstanden sind. „Das müssen wir machen“, betont Olha, „Minderjährige können die Sicherheitslage und Risiken noch nicht selbst einschätzen. Bildung ist wichtig, aber Sicherheit ist am wichtigsten.“

Außerdem vernetzte sich Znovu mit den wenigen aktiven NGOs im Osten der Ukraine und sammelte Kontakte zu Lehrer*innen und Schüler*innen. Im ersten Schuljahr 2020/21 unterrichteten die Organisatorinnen noch selbst mit: Olha – Englisch, Olena – Mathe und Anastasija – Ukrainisch. Insgesamt waren sie neun Lehrkräfte für acht Fächer und 12 Schüler*innen, zehn aus den besetzten Gebieten im Osten. Die Lernenden konnten sich bis zu vier Fächer aussuchen, in denen sie sich dann im Examen prüfen lassen wollen. „Die meisten machen drei Fächer“, so die Organisatorinnen, „manche auch fünf.“

„Das erste war ein Probejahr – damals kannten wir noch viele persönliche Geschichten“, erinnert sich Olena. Viele Absolvent*innen schlossen sich später Znovu an. Seitdem hat sich die Zahl der Teilnehmenden verzwanzigfacht: Für das Schuljahr 2023/24 gab es mehr als 800 Anmeldungen, letztlich konnten 250 Schüler*innen von 88 Lehrer*innen unterrichtet werden. Die Lehrenden müssen Erfahrung mitbringen, viele haben auch selbst russische Okkupation und/oder Flucht erlebt. Sie bekommen bei Znovu vorbereitende Schulungen in digitaler Sicherheit und Psychologie.

Aktuell laufen die Anmeldungen für das neue Schuljahr ab Herbst 2024. Nach der Anmeldung gibt es einen Test zum Wissensstand, dann wird nach erklärter Motivation und regionalen Prioritäten ausgewählt: besetzte Gebiete, befreite Regionen, Frontgebiet, Binnengeflüchtete, ins Ausland geflohene.

Vom Ost-Krieg zum Großen Krieg

Obwohl Znovu schon vor 2022 ukrainischen Unterricht für Jugendliche in den russisch besetzten Gebieten anbot, hat der große Krieg ihre Arbeit stark verändert.

Zwischen 2014 und 2022 gab es noch durchlässige Front-Übergänge: Menschen – vor allem junge, ältere und Frauen – konnten für Behördengänge oder Familienbesuche hin und her reisen – wenn auch mit Checkpoints und Pseudo-Grenzkontrollen. Immerhin konnten Jugendliche aus besetzten Gebieten zu ukrainischen Abiturprüfungen oder Uni-Aufnahme-Examen fahren. Znovu bot ihnen dafür die Prüfungsvorbereitung nach ukrainischem Lehrplan.

Mittlerweile ist die Front durchgehend und ständig umkämpft, es gibt nur noch einen funktionierenden ukrainisch-russischen Grenzübergang in der Region Sumy. Wer aus der Besatzung gen Westen ausreisen will, muss das meist über Russland und Baltikum, Polen oder andere Transitstaaten. Olha erinnert sich an zwei Znovu-Schülerinnen, die das im vergangen Jahr geschafft haben.

Die Lage vor Ort hänge oft von Militäreinheiten dort und verschiedenen Ereignissen ab. Seit 2022 werden Menschen in den besetzten Gebieten häufiger kontrolliert, in Schulen werden Handys gefilzt.

Während der russischen Pseudo-Präsidentschaftswahl im März 2024, die auch in besetzten ukrainischen Territorien durchgeführt wurde, zwangen Bewaffnete vielerorts Menschen aus ihren Wohnungen zum Wählen. Zu dieser Zeit konnte kein Unterricht stattfinden – zu groß war das Risiko, entdeckt zu werden.

Auch wenn durch Beschuss der Strom ausfällt, fällt Unterricht aus. Aktuell würden außerdem junge Leute zu paramilitärischen Clubs und zur Russischen Armee eingezogen. Laut UN-Menschenrechtsbüro verlangen die russischen Behörden dafür von Schulen in besetzten ukrainischen Gebieten Namenslisten mit Schülern ab 18 Jahren, die zur Einberufung in Frage kommen.

Die Situation der Jugendlichen ist von außen schwer einzuschätzen. „Umso mehr fasziniert es uns, dass die Schüler immer, wenn sie können, so fleißig mitmachen“, staunen die Znovu-Organisatorinnen.

Wir machen uns keine Illusionen. In den besetzten Gebieten gibt es viele pro-russische Menschen. Aber es gibt auch die Pro-Ukrainischen und für sie wird es immer schwieriger und gefährlicher. Wir müssen den Kontakt halten und über ihre Realitäten sprechen.“

Seit Frühjahr 2024 bekommt Znovu erstmals finanzielle Förderung aus einem US-Entwicklungsprogramm. Damit haben sie ihr Angebot erweitert: von Klasse eins bis zum Abitur. Grund war die Statistik.

„Wir haben festgestellt, dass der Anteil von Schülern aus den besetzten Gebieten extrem zurückgegangen war“, erklärt Olena. In den ersten zwei Jahren lag er bei über 80 Prozent, seit 2022 unter 15 Prozent. „Das war logisch: Wenn ein Kind seit 2014 sein ganzes Schulleben unter russischer Besatzung erlebt, identifiziert es sich kaum noch mit der Ukraine. Das ist ein Problem, denn es zeigt: Wir können diese Kinder nicht mehr erreichen.“

Also macht Znovu nun auch Grundschul- und Mittelstufen-Unterricht. Dazu gehören Medienkompetenz, um die Kinder gegen Desinformationskampagnen zu stärken, sowie psychologische Unterstützung und Resilienzübungen. „Wir können auch juristische Beratungen und Unterstützung bei der Ausreise aus besetzten Territorien vermitteln“, ergänzt Olena. So weit ist ihr Netzwerk schon gewachsen.

„Seit diesem Schuljahr haben wir erstmals wieder Schüler von der Krim, die ja seit zehn Jahren von Russland annektiert ist“, freut sich Olena. „Kinder ukrainischer Eltern“ − und Olha ergänzt: „Die selbst noch nie direkt in der Ukraine gelebt haben. Sie können Ukrainisch zwar nicht sprechen, aber gut verstehen. Das beeindruckt uns sehr.“

Nicht verloren geben

Die Znovu-Schüler*innen kommen oft mit besonders hoher Motivation zum Extra-Unterricht: „Die meisten wollen Neues lernen, Ukrainisch hören und sprechen, sich mit Gleichaltrigen austauschen“, sagt Anastasija Hladkich in Charkiw. Sie macht mit älteren Gruppen Biologie-Prüfungsvorbereitung und mit jüngeren Heimatkunde, Basteln und Medienkompetenz. „Manchen fällt das Ukrainischsprechen noch schwer – sie haben ja kaum Praxis in ihrer Umgebung, weil es gefährlich ist.“

Über den Unterricht in den russischen Besatzungsschulen wissen sie aber auch bei Znovu wenig. „Die Eltern loben oft unsere modernen Lehrmethoden“, sagt Anastasija, „Der Unterricht in den russischen Schulen scheint also noch streng und altmodisch zu sein. Bei uns können sich die Kinder freier austauschen.“

„Die Jugendlichen fühlen sich oft einsam − in der Besatzung, aber auch im Exil“, berichtet indes Olha. Das zeigten Feedbackbögen. „Sie genießen die Unterstützung von Gleichaltrigen und Lehrern bei uns. Oft sagen sie: ‚Danke, endlich kann ich mal mit normalen Leuten reden.‘“

„Unser Ziel ist es auch, dass möglichst viele ukrainische Jugendliche aus dem Ausland zurückkommen“, betont Olha. „Wir rechnen damit, dass die Kinder eine Zukunft in der Ukraine haben. Dafür brauchen sie die Sprache. Und hochwertige Bildung.“ Lehrkräfte müssen in der Arbeit mit Traumata ausgebildet werden, erklärt Olena. Man muss mit Bildungsverlusten umgehen, dem Schulausfall während der Kampfhandlungen. Und mit gesellschaftlichen Vorurteilen.

Die Jugendlichen fühlen sich oft einsam. Oft sagen sie: ‚Danke, endlich kann ich mal mit normalen Leuten reden.‘“

„Viele Leute − auch in der Ukraine − denken: Wer jetzt noch unter russischer Besatzung lebt, will das so und ist für die Ukraine verloren“, kritisieren die Znovu-Organisatorinnen. „Aber wir müssen Schüler und Lehrer dort individuell betrachten. Und dieses Stigma in der Gesellschaft bekämpfen.“

„Wir machen uns keine Illusionen“, so Olena. „In den besetzten Gebieten gibt es viele pro-russische Menschen. Aber es gibt auch die Pro-Ukrainischen und für sie wird es immer schwieriger und gefährlicher. Wir müssen den Kontakt halten und über ihre Realitäten sprechen.“

Anastasija Hladkich in Charkiw erzählt von einer Bastelstunde, als die Kinder ihre Bilder aus der russischen Schule zeigten. Ein Mädchen präsentierte stolz eine Zeichnung: Eine lange Straße läuft auf ein Haus in der Ferne zu; auf dem Weg liegt ein durchgestrichenes Putin-Gesicht, daneben steht eine ukrainische Flagge.

„Ich war schockiert“, sagt Anastasija, „wenn sie das in der russischen Schule gemalt und gezeigt hat, könnte das arge Schwierigkeiten geben.“

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