Der südmexikanische Bundesstaat Oaxaca wurde in diesem Jahr von einer lang anhaltenden Dürre heimgesucht, und viele Regionen litten unter Wasserknappheit. Der Bezirk Santa María Yucuhiti sah sich vor zwölf Jahren mit einem ähnlichen Problem konfrontiert und begann in Zusammenarbeit mit einer lokalen Organisation mit der Einführung von Ökotechnologien, um sowohl der lokalen Landwirtschaft als auch der Umwelt zu helfen. Die Journalistin Magdaléna Rojo hat sich diese Lösungen vor Ort für JÁDU angesehen.
Eine kleine Frau mit zu einem Zopf zusammengebundenen Haaren steht stolz in ihrer Küche neben dem Herd, den sie teilweise selbst entworfen und mit Hilfe von Familienmitgliedern gebaut hat. Elia Silvia Pérez Gonzales ist eine alleinerziehende Mutter aus dem Dorf Zaragoza in der Region La Mixteca im südmexikanischen Bundesstaat Oaxaca. „Bei dem ursprünglichen Entwurf gab es keinen Platz zum Trocknen. Hier unten lagere ich in der Regenzeit Holz oder trockne Chilis“, sagt sie und zeigt auf ihren energieeffizienten Ofen. Solche Öfen sind eine der Ökotechnologien, die von den Menschen in den neun Dörfern des Bezirks Santa María Yucuhiti genutzt werden.Die Ökotechnologien werden von den Einheimischen in Zusammenarbeit mit der Nichtregierungsorganisation EECO – Espacio de Encuentro de las Culturas Originarias (Raum für die Begegnung indigener Kulturen) gebaut, die 2012 auf Wunsch der gewählten Vertreter des Bezirks ihre Arbeit in dem Gebiet aufnahm. Vertreter*innen der Organisation besuchten zunächst alle Gemeinden des Bezirks. „Wir haben Treffen und Workshops organisiert. Auf der Grundlage dessen, was wir sahen und hörten, entwickelten wir gemeinsam mit den Einheimischen einen Plan, den Auswirkungen der Klimakrise entgegenzutreten“, erinnert sich EECO-Direktorin Tzinnia Carranza López. Ihr zufolge spürten die Mixteken bereits damals die Auswirkungen des Klimawandels auf ihr tägliches Leben, das weitgehend auf landwirtschaftliche Aktivitäten ausgerichtet ist.
Energiesparende Öfen
In Oaxaca wird für gewöhnlich über einem Feuer gekocht, denn so schmecken die Maistortillas am besten. Öfen wie der von Elia Silvia Pérez Gonzales schonen die Umwelt und die Gesundheit der Menschen. Während herkömmliche Öfen mehr Holz verbrauchen, tragen energieeffiziente Öfen dazu bei, die Klimakrise zu entschärfen, indem sie helfen, Wälder zu erhalten und weniger Emissionen in die Luft auszustoßen. Dank der Konstruktion der Öfen wird weniger Holz verbraucht und der Rauch des Ofens zieht durch den Schornstein ab, so dass die Frauen ihn nicht einatmen. „Ich brauche nur noch ein Drittel des Holzes. Und ich habe das Gefühl, dass wir nicht mehr so oft an Atemwegserkrankungen leiden“, sagt Pérez Gonzales.Auch Margarita López López aus dem Nachbardorf Reyes Llano Grande lobt ihren Ofen. „Das ist eine große Hilfe. Hier im Dorf gibt es nicht viel Arbeit für Frauen, also kümmern wir uns hauptsächlich um den Haushalt. Ich verkaufe aber auch gebratene Hühner. Durch den Ofen spare ich nicht nur Holz, sondern ich verwende auch die übrig gebliebene Holzkohle, um die Hühner zu braten“, erzählt sie in ihrer gut eingerichteten Küche. Margaritas Ofen wurde von ihrem Mann gebaut. Bei der Installation der Ökotechnologien werden alle Beteiligten mit einbezogen. Die Organisation EECO geht auf die Bedürfnisse der Gemeinschaft ein. Sie bietet ihnen insbesondere technische Unterstützung und organisiert Schulungen zum Bau und zur Nutzung der Ökotechnologie. Sie kommt auch teilweise für die Finanzierung der Materialien auf. „Es ist kein paternalistisches Projekt, wir wollen, dass die Menschen am gesamten Prozess mitwirken“, sagt Tzinnia Carranza López. „Am Anfang war dieser Ansatz eine Herausforderung. Die Leute mochten es nicht, ebenfalls Verantwortung zu übernehmen“, fügt sie hinzu.
Doch innerhalb von zwölf Jahren hat sich die Situation geändert. „EECO vermittelt theoretische Informationen und dann gehen wir in die Praxis“, sagt Dina López Hernández, die für Umweltprojekte zuständige Vertreterin des Bezirks Santa Maria Yucuhiti. „Die Menschen schätzen unsere Vorgehensweise, auch die Frauen, weil sie etwas Neues lernen können.“ Außerdem können die Leute in den Gemeinden das Design der Ökotechnologien dann auch ändern, um sie besser zu nutzen, so wie Elia das getan hat.
Im Dorf Zaragoza lebt die schon etwas ältere Maximina Antonia Castro López. Eine große amerikanische Flagge schmückt den Hof ihres Hauses und erinnert daran, dass ihre Familienmitglieder auf der anderen Seite der nördlichen Grenze leben. Maximina hat auch einen neuen Ofen, direkt neben dem alten. „Der alte ist besser“, sagt sie. „Die Tortillas schmecken besser.“ Sie benutzt den neuen Ofen vor allem dann, wenn sie viele Tortillas machen muss, und zwar so schnell wie möglich. Auch wenn die ältere Generation den Neuerungen manchmal noch trotzt, gibt es in den Regionen La Mixteca und Istmo im Süden Oaxacas inzwischen mehr als 1000 energiesparende Öfen, die die Einheimischen mit Hilfe von EECO gebaut haben. Die Organisation schätzt, dass dadurch jährlich fast zwei Tonnen Holz aus den Wäldern eingespart werden.
Wassermangel
Jede Gemeinde im Bezirk hat mit eigenen Herausforderungen zu kämpfen, doch ein Problem haben alle gemeinsam: Wassermangel. Bereits in besagtem Jahr 2012 war dies alarmierend und bis heute hat sich daran nichts geändert. Nach Angaben der mexikanischen Bundesanstalt für Wasserwirtschaft herrschte bereits im März 2024 in mehr als der Hälfte der Gemeinden in Oaxaca aufgrund des Klimawandels und der Entwaldung Dürre. Gleichzeitig setzten die Regenfälle in vielen Gebieten erst spät, Mitte Juni ein. Aus diesem Grund dienen die meisten der Ökotechnologien in Santa María Yucuhiti eben der Wasserversorgung. Heute stehen an vielen Häusern Betonzisternen zum Auffangen von Regenwasser, denn das waren die ersten Ökotechnologien, die EECO den Einheimischen anbot. Zunächst baute man Zisternen mit 10.000 Litern Fassungsvermögen, aber später wurde klar, dass auch diese Wassermenge für größere Familien nicht ausreicht, vor allem dann nicht, wenn die Trockenzeit so lange dauert wie in diesem Jahr. Deshalb gibt es eine wachsende Nachfrage nach 20.000-Liter-Tanks. Nicht alle dieser Tanks befinden sich in der Nähe der Wohnhäuser, viele stehen zum Beispiel in Gärten und Plantagen.Elia Silvia Pérez Gonzales zeigt uns einen der Tanks auf ihrer Kaffeeplantage. Überall im Bezirk betreiben die Menschen Landwirtschaft. In niedrigeren Lagen bauen sie auch Kaffee an oder produzieren Honig. Elia Silvia zeigt uns ihren Garten mit Karotten, Petersilie und Koriander. Darunter wächst Kaffee, umgeben von Bäumen. Unterhalb der Straße wird bald eine Trockentoilette stehen – eine weitere Lösung für die Wasserknappheit. „Und außerdem verhindern wir so, dass die Plantage verschmutzt wird, da die Arbeiter ihre Notdurft nicht mehr irgendwo verrichten müssen“, sagt Pérez Gonzales. Zu dem Zeitpunkt, als ich dieses Interview mit ihr geführt habe, hatte EECO bereits 1.135 Trockentoiletten in ganz Oaxaca gebaut, die nach Angaben der Organisation jährlich mehr als 62 Millionen Liter Wasser einsparen und die Freisetzung von mehr als acht Tonnen Methan in die Luft verhindern.
Amanda Esperanza López López zeigt uns die letzte der Lösungen für die Wasserknappheit in dem Dorf Zaragoza. Sie hat einen Biofilter in ihrem Hinterhof, den die Organisation erst kürzlich installiert hat. Ziel ist es, das schmutzige und seifige Abwasser vom Geschirrspülen oder Wäschewaschen zu nutzen und gleichzeitig zu verhindern, dass es nahe gelegene Wasserquellen verschmutzt – wie den Bach, der unterhalb von Amandas Grundstück verläuft. Aus dem Waschbecken, in dem sie ihre Wäsche wäscht, fließt das Wasser nicht mehr in den Bach, sondern durch ein Rohr direkt in einen Biofilter, der aus mehreren Teilen besteht. Jedes Teil ist so gebaut, dass es das Wasser von einer anderen Art von Stoffen reinigt. Das erste Loch, das wie ein Kanal aussieht, reinigt das Wasser von Fett, das nächste von Rückständen wie Seife, Gewebeteilchen aus der Kleidung, Schmutz. „Hier verwandeln sich die Rückstände in Schlamm“, zeigt López López. In der letzten Stufe helfen Topfpflanzen wie der Schachtelhalm beim Filtern. „Dank dieser Wunderpflanzen ist das Wasser, das aus dem ganzen System kommt, sauber, und ich kann es zum Reinigen des Hauses oder zum Gießen verwenden“, sagt sie und deutet auf die vielen Pflanzentöpfe im Hof.
Inspiration aus den Anden
In höheren Lagen liegt die Gemeinde Llano del Triunfo. Es handelt sich eher um eine Ansiedlung, bestehend aus einzelnen Häusern, die einige Autominuten voneinander entfernt sind. Durch die neblige Landschaft zieht sich eine felsige Straße. In einem der Häuser lebt der einheimische Bauer Leoncio España López mit seiner Familie. Auch er hat vor langer Zeit in den USA und später in Nordmexiko gearbeitet. Er ging weg, um Arbeit zu finden, wie auch viele andere aus Oaxaca, einem der fünf mexikanischen Bundesstaaten mit dem höchsten Anteil an Rücküberweisungen, also Einkommen, das Migrant*innen aus dem Ausland in ihr Heimatland schicken. Im Bundesstaat Oaxaca befinden sich einige der ärmsten Bezirke von ganz Mexiko. Die Abwanderungen aus diesem Bundesstaat sind daher nicht überraschend. España López jedoch geht nirgendwo mehr hin. „Ich bin endlich in mein Land zurückgekehrt. Dank der EECO arbeiten wir besser und produzieren mehr“, so der Bauer, der einen Großteil seiner Erzeugnisse für den Eigenbedarf verwendet und gelegentlich etwas auf einem nahegelegenen Markt verkauft. In der Region ist es immer noch üblich, dass die Menschen das, was sie anbauen, tauschen.Leoncio España López arbeitet schon seit mehreren Jahren mit EECO zusammen. Rund um sein Haus kommen mehrere alternative Technologien zum Einsatz, darunter auch einige, die in niedrigeren Lagen nicht genutzt werden. Ein Mikrotunnel, ein so genanntes Waru Waru zum Auffangen und Transportieren von Wasser und ein Netz zum Auffangen von Nebeltröpfchen befinden sich nebeneinander auf seinem Grundstück, auf dem viele große Steine liegen. All das dient dazu, die Situation der Bevölkerung zu verbessern, vor allem in der Trockenzeit, aber auch zum Beispiel bei Bodenfrost. „Normalerweise pflanzen wir Mais im Zeitraum von März bis April. Dieses Jahr ist unser ganzer Mais vertrocknet, und es hat erst im Juni zu regnen begonnen“, sagt der Landwirt. „Und nach der Regenzeit ist es zu spät, denn dann kommen die Fröste“, fügt er hinzu.
Waru Waru ist ein System, das von den indigenen Völkern der Anden in Peru und Bolivien seit langem für den Anbau von Quinoa genutzt wird. Die Technologie basiert auf der Veränderung der Bodenoberfläche, um die Speicherung und den Transport von Wasser zu erleichtern. Auf Leoncios Land wurden mehrere 10 Meter lange, einen Meter breite und einen Meter tiefe Rinnen nebeneinander gegraben. Sie sind mit einer schwarzen Gummimembran ausgelegt, und zwischen den Rinnen ist Platz für den Anbau. Hier wird das Wasser in der Regenzeit aufgefangen und gespeichert und kann später in der Trockenzeit zur Bewässerung verwendet werden. „Die Membran dient dazu, dass das Wasser in der Trockenzeit nicht zu schnell verdunstet“, sagt Viviana López Jiménez, die technische Verantwortliche von EECO vor Ort. Das Mikroklima, das durch die Kanäle entsteht, trägt auch dazu bei, dass der Boden bei Frost wärmer bleibt. Bei einem Waru Waru müssen die Speichersysteme jedoch an einer Stelle gebaut werden, an der der Boden auch dafür geeignet ist. „Das Land rund um Llano del Triunfo ist zum Beispiel voller Felsen, und die Landwirte müssen die Rinnen zur Wasserspeicherung so vorbereiten, dass die scharfen Felsen die Membran nicht beschädigen“, fügt López Jiménez hinzu.
Zu Leoncios Waru Waru gehört auch ein grünes, etwa drei mal drei Meter großes Netz, das senkrecht gespannt ist. Darunter befindet sich ein Trog, in den die Wassertropfen fallen, die sich im Netz verfangen haben. Um zu beobachten, wie die Waru Waru und die dazugehörigen Nebelfangnetze in dem Gebiet funktionieren, hat die EECO eine Art Versuchsfeld mit Rinnen und Netzen angelegt. „Es handelt sich um ein Gelände, das uns von der Gemeinde zur Verfügung gestellt wurde, und auf dem wir auch Workshops für Menschen anbieten, die ihr eigenes Waru Waru bauen oder aber lernen wollen, wie man zum Beispiel organischen Dünger herstellt. Wir haben auch eine Wetterstation, wo wir Nebel, Regen und das Klima im Allgemeinen überwachen“, sagt López Jiménez. In diesem Versuchsfeld überwachen sie zum Beispiel auch, wie viel Wasser in den Nebelnetzen aufgefangen wird. „Es ist jedoch schwierig, eine genaue Schätzung zu bekommen, da auch Regenwasser in den Netzen aufgefangen wird“, fügt die Koordinatorin hinzu.
Der Mikrotunnel von Leoncio steht neben dem Waru Waru und sieht so ähnlich aus wie ein Gewächshaus. Dank einer ähnlichen Rinne im Boden, in der Wasser aufgefangen wird, entsteht auch hier drinnen ein Mikroklima. „Wir experimentieren damit, was wir darin anbauen können. Bisher haben wir Radieschen, Zwiebeln, Koriander oder Erdbeeren ausprobiert“, sagt España López, der seinen Mikrotunnel erst vor kurzem gebaut hat, da es sich um eine noch neue Ökotechnologie handelt, die die Organisation zusammen mit den Gemeinden einführt. Dank dieses Tunnels kann er sogar im Winter anbauen, sofern die Fröste nicht zu stark sind, denn dann kann auch das Nylon aus dem die Tunnel bestehen, sie nicht abhalten.
Für seinen partizipatorischen Ansatz erhielt EECO auch den Local Adaptation Champions Award des Global Centre for Adaptation auf der COP28 in Dubai. Doch trotz der großen Nachfrage nach Ökotechnologien räumte Direktorin Carranza López ein, dass es ihnen an finanziellen Mitteln für ihre Aktivitäten mangelt.
Die Herausforderung für die lokalen Landwirte bleibt das manchmal unvorhersehbare, manchmal extreme Wetter. Nach einer langen Dürreperiode gab es in diesem Jahr starke Regenfälle, die in einigen Gebieten Oaxacas sogar zu Überschwemmungen geführt haben. „Die Ökotechnologie hat uns geholfen, das Wasserproblem zu lösen, aber wir stehen weiterhin vor der Herausforderung, dass das Klima jedes Jahr völlig anders sein kann und wir uns neu überlegen müssen, wann und was wir aussäen“, fügt España López hinzu.
Dezember 2024