Online-Lecture #2
Ervin Malakaj

In der zweiten Online-Lecture der Reihe am 04.06.2024 setzte sich Ervin Malakaj mit der Frage auseinander, wie übersetzte Literatur das Verständnis und die Wahrnehmung von deutscher Literatur beeinflusst und welche globalen Perspektiven dadurch erkennbar werden. 

Ervin Malakaj sprach über seine Erfahrungen und Forschung im Bereich der deutschen Literatur und postkolonialen Studien, insbesondere im Kontext der türkisch-deutschen Migration. Er betonte die Herausforderungen und Widerstände, denen er begegnete, als er versuchte, postkoloniale Perspektiven in die deutschen Literaturstudien zu integrieren. Malakaj hob hervor, dass postkoloniale Studien und die Geschichte des Kolonialismus in die Kanonkritik einbezogen werden müssen, um eine transnationale und transkulturelle Perspektive zu fördern.

Malakaj diskutierte die Werke der bosnischen Autorin Lana Bastašić, insbesondere ihren Roman Fang den Hasen und die Kurzgeschichtensammlung Mann im Mond. Er beschrieb die Rezeption ihrer Werke in Deutschland und die Herausforderungen, die sie als Autorin aus dem post-jugoslawischen Raum erlebt hat. Malakaj hob hervor, wie Bastašićs Werke oft oberflächlich rezipiert werden und die tieferen geopolitischen und kulturellen Kontexte übersehen werden. Er betonte die Bedeutung von Bastašićs literarischer Solidarität und ihr Engagement für Palästina, was zu Spannungen mit ihrem deutschen Verlag führte. Im Januar 2024 beendete Bastašić ihren Vertrag mit dem S. Fischer Verlag, weil dieser sich nicht zur Krise in Gaza äußerte und propalästinensische Stimmen in Deutschland zensierte.

Ervin Malakaj erläuterte weiter, wie die spezifischen post-jugoslawischen Referenzen und Erzählweisen in Fang den Hasen für Leser außerhalb dieses geopolitischen Kontextes schwer zugänglich sein könnten. Er betonte, dass die deutsche Übersetzung von Rebekka Zeinzinger und das begleitende Glossar viele Zugangspunkte bieten, aber dennoch Bedenken hinsichtlich der Behandlung der Autorin durch den Verlag und die Presse bestehen.

Malakaj hob auch die theoretischen Rahmen hervor, die seine Analyse von Bastašićs Werk beeinflussen, insbesondere die Arbeiten von Sara Ahmed und die Konzepte der Rassialisierung und strukturellen Weißheit. Er diskutierte die historische und kulturelle Positionierung des Balkans als “Peripherie Europas” und die damit verbundenen orientalistischen Blicke.

In der anschließenden Fragerunde stellten Dr. Anna von Rath und das Publikum Fragen zu den Themen des Vortrags, darunter die Rezeption von Bastašićs Werken in verschiedenen Kulturen und die Herausforderungen der Übersetzung.

Die Vorstellung war basierend auf sehr persönlichen Erfahrungen, für deren Teilen wir sehr dankbar sind. Die Online-Lecture wurde in Kooperation mit poco.lit. – Diskussionsplattform für Postkoloniale Literatur präsentiert.