Hochschulnetzwerk und Qualifizierung des DaF-Studiums
Neues Hochschulnetzwerk In Südamerika
Um die deutsche Sprache zu stärken, braucht es vor allem ausreichend gut qualifizierte Deutschlehrkräfte. Über zwanzig Hochschulen in Südamerika haben sich jetzt zusammengetan, um ihr DaF-Lehramtsstudium weiterzuentwickeln. Unterstützt werden sie dabei vom Goethe-Institut.
Von Janna Degener-Storr
Von Bogotá im Norden bis Montevideo im Süden und von Trujillo im Westen bis Fortaleza im Osten – zahlreiche Hochschulen auf dem südamerikanischen Kontinent verfolgen das Ziel, die deutsche Sprache zu stärken. Mehr als zwanzig von ihnen haben sich seit 2020 zu einem Netzwerk zusammengeschlossen, um gemeinsam ihre DaF-Lehrkräfteausbildung zu verbessern und die Qualität ihrer Lehramtsstudiengänge weiterzuentwickeln. Unterstützt werden sie dabei vom Goethe-Institut, das Inhalte seiner Aus- und Fortbildungsreihe Deutsch Lehren Lernen (DLL) zur Verfügung stellt, bei der Integration dieser in die Curricula hilft, die Hochschullehrenden für die Arbeit damit fit macht und den Studierenden nach erfolgreicher Teilnahme ein international anerkanntes Zusatzzertifikat ausstellt.
Die insgesamt 17 DLL-Einheiten widmen sich unterschiedlichen Schwerpunkten – von der Unterrichtsgestaltung über Lehr- und Lernmedien bis zum Prüfen, Testen und Evaluieren. Im Netzwerk der DLL-Hochschulkooperationen in Südamerika werden aber vor allem zwei DLL-Einheiten genutzt, um fokussiert Unterrichtsplanung sowie den didaktischen Aufbau produktiver Kompetenzen der künftigen DaF-Lehrkräften zu schulen. Ferner vereinbarten die Hochschulen mit dem Goethe-Institut, welche Minimalstandards die Studierenden für das Zusatzzertifikat erreichen müssen.
Rafael D. Deschka, Leiter der Spracharbeit Südamerika, hat die Idee der Hochschulkooperationen angestoßen, um beste Voraussetzungen für erfolgreichen Deutschunterricht in der Region zu schaffen: „Viele südamerikanische Eltern wünschen sich, dass ihre Kinder Deutsch lernen und damit ihre Berufsaussichten verbessern. Möglich wird das durch einen kompetenzorientierten und anwendungsbezogenen Deutschunterricht, der etwa auf eine duale Ausbildung oder ein Hochschulstudium in Deutschland vorbereitet“, betont er. Darüber hinaus soll die Partnerschaft aber auch einen Anreiz für (angehende) DaF-Lehrkräfte bieten, die damit ihre beruflichen Perspektiven verbessern. Und schließlich können mittel- und langfristig auch Schulämter, Bildungsministerien, allgemeinbildende Schulen sowie viele weitere interessierte Arbeitgeber in Südamerika und im deutschsprachigen Raum davon profitieren, wenn mehr qualifizierte DaF-Lehrkräfte zur Verfügung stehen.
Motivation durch Mindeststandards
Um von den Vorteilen der Kooperation profitieren zu können, müssen die Studierenden ein fortgeschrittenes Sprachniveau im Deutschen vorweisen können. Gefordert ist mindestens ein gutes B1-Niveau des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen (GER). „Viele Studierenden in Südamerika erreichen dieses Niveau bisher selbst zum Ende des Studiums nicht. Wenn sie schon zu Studienbeginn die Aussicht auf das Zertifikat des Goethe-Instituts vor Augen haben, kann das ein Anreiz für sie sein, beim Sprachenlernen mehr Engagement zu zeigen“, hofft Dr. Renato Ferreira da Silva, Beauftragter der Bildungskooperation Deutsch am Goethe-Institut São Paulo, Regionalinstitut für Südamerika. Auch für die Dozierenden könne das eine positive Herausforderung darstellen.Dr. Anelise Freitas Pereira Gondar begleitet die Kooperation als Mitarbeiterin der Bundesuniversität Fluminense im brasilianischen Niterói und verbindet damit ganz ähnliche Hoffnungen: „Die Partnerschaft ist ein Ansporn für die Studierenden, sich mehr in das Studium einzubringen, um frühzeitig das B1-Niveau zu erreichen und das DLL-Wahlfach belegen zu können“. Ihre Hochschule hat den Kooperationsvertrag mit dem Goethe-Institut bereits unterschrieben, die Rahmenbedingungen bei einem ersten Vorbereitungstreffen im Goethe-Institut im August 2021 besprochen sowie die Studierenden bei einer Veranstaltung an der Universität im September 2021 über die Vorteile dieser Partnerschaft mit dem Goethe-Institut informiert. Zu Beginn des nächsten Semesters soll der erste Durchgang ein Wahlfach besuchen können, das inhaltlich dem DLL-Modul 6 ‚Curriculare Vorgaben und Unterrichtsplanung ‘ entspricht. „Wir heben uns mit dieser Zusatzqualifikation für unsere Studierenden von den anderen Universitäten in Rio de Janeiro ab“, betont Dr. Anelise Freitas Pereira Gondar darüber hinaus. Die Werbeveranstaltung sei schon ein großer Erfolg gewesen, die Studierenden hätten dort starkes Interesse an der Kooperation gezeigt. Die rund einhundert Deutschstudierenden waren zuvor per E-Mail und in Seminaren auch persönlich über die Veranstaltung informiert worden. Obwohl die Bedingungen aufgrund von Starkregen sehr ungünstig waren, nahmen 35 Studierende an der Veranstaltung teil, darunter Studienanfänger wie auch Fortgeschrittene. Zeitgleich hat die Universität bereits ein Wahlfach ins Leben gerufen, um ein DLL-Modul zu beherbergen. Dieses Wahlfach wird von der Fakultät für Erziehungswissenschaften angeboten, wodurch die inneruniversitären Beziehungen zur Deutschabteilung gestärkt werden sollen. Ab Februar soll online ein dreiwöchiger DLL-Vorbereitungskurs stattfinden, in dem die Studierenden mit den Plattformen vertraut gemacht und auf die Aufgabenformate vorbereitet werden. Im März sollen die Studierenden dann die B1-Prüfung ablegen können, die Voraussetzung für den Besuch der DLL-Module ist. Zum Semesterbeginn soll schließlich der erste Durchgang das Wahlfach besuchen können, das inhaltlich dem DLL-Modul 6 entspricht. Da viele der Deutschstudierenden nicht das erwünschte Sprachniveau mitbringen, haben die Hochschulmitarbeiter*innen das Angebot für den ersten Anlauf nicht breit ausgeschrieben, sondern gezielt sechs geeignete Kandidat*innen dafür angesprochen. Zukünftig sollen aber mehr Studierende von dieser Möglichkeit profitieren, sagt Gondar. In der Stadt gebe es an den Schulen, die Deutsch im Curriculum anbieten, und in den vielen deutschen Firmen gute Berufsperspektiven für Absolventinnen und Absolventen, aber auch in der Umgebung und in den Bergregionen im Landesinneren, wo größere Bevölkerungsteile mit deutscher Abstammung leben. Langfristig, hofft Gondar, wird sich durch die neue Partnerschaft die Qualität der Deutschausbildung an der Universität verbessern, weil die DLL-Materialien das didaktische Angebot bereichern. Für das kommende Jahr plant die Hochschule weitere Kooperationstreffen mit dem Goethe-Institut sowie eine erste Evaluation. Dr. Anelise Freitas Pereira Gondar ist seit 2021 an der Universität tätig und hat zuvor an den Kooperationsverhandlungen der Landesuniversität des Bundesstaates Rio de Janeiro mit dem Goethe-Institut mitgewirkt, die den Vertrag bisher noch nicht unterschrieben hat.
Welche Vorteile sich Hochschulen von der Kooperation mit dem Goethe-Institut versprechen, das zeigen auch zwei weitere Beispiele:
Die Bundesuniversität von Santa Catarina im brasilianischen Florianópolis (UFSC) hat die Kooperation sehr detailliert geplant, bildet bereits Dozierende zu DLL-Trainer*innen aus und steht kurz vor der Vertragsunterzeichnung. Schon jetzt hat die Hochschule Elemente von DLL-Modulen in ihre Lehre integriert. Zukünftig möchte sie ihren Studierenden die Möglichkeit geben, zusätzlich zum regulären Curriculum freiwillig ein oder zwei DLL-Module pro Jahr zu belegen. „So können sie das Zertifikat des Goethe-Instituts bekommen, das ihren Lebenslauf bereichert“, erklärt Hochschulmitarbeiter Dr. Gabriel Teixeira. Im ersten Jahr soll hier ebenfalls das Modul 6 eingeführt werden, später auch Modul 4 „Aufgaben, Übungen, Interaktion“. „Das bietet Studierenden, die neben dem Studium an Sprachschulen als Deutschlehrkräfte arbeiten, die Möglichkeit, ihre eigene Unterrichtspraxis und -planung zu reflektieren“, erklärt Teixeira. Zwanzig der achtzig Lehramtsstudierenden haben sich an einer Umfrage dazu beteiligt und Interesse an diesem Angebot bekundet.
Die Nationale Universität Córdoba ist in Argentinien die einzige Hochschule, die ein Germanistikstudium und eine grundständige Deutschlehrerausbildung anbietet. Sie sieht eine Kooperation mit dem Goethe-Institut als Möglichkeit, das Fach zu stärken, bereitet daher den Kooperationsvertrag mit dem Goethe-Institut vor. „Wir treffen uns seit 2008 regelmäßig mit Institutionen, die Deutschangebote machen, wie dem Goethe-Institut, dem DAAD-Lektorat, den deutschen Schulen in der Umgebung und einer 200 Kilometer entfernten Universität, um uns über eine mögliche Kooperation auszutauschen“, erzählt Valeria Wilke. Höhepunkt dieser Zusammenarbeit war ein gemeinsamer Kongress im Februar 2020, kurz vor Ausbruch der Corona-Pandemie. Ziel dieser losen Zusammenarbeit sei es vor allem, die deutsche Sprache zu stärken und dem Lehrkräftemangel entgegenzuwirken. Eine DLL-Partnerschaft mit dem Goethe-Institut würde diese Kooperation vertiefen. Geplant sind Treffen mit der Deutschabteilung der Fakultät und mit der Dekanin. Anschließend soll der Kooperationsvertrag unterzeichnet werden, damit 2024 hoffentlich die Arbeit mit DLL starten kann. Valeria Wilke verspricht sich davon Vorteile für das Image der Universität, für die Studierenden sowie für die Dozierenden: „Die Universität und die Sprachenfakultät legen ohnehin großen Wert auf die Internationalisierung des Studiums und Kooperationen mit offiziellen Kultur- und Bildungseinrichtungen. Die Tatsache, dass die Studierenden sich dann über eine bestimmte Zeit intensiv mit einer DLL-Einheit beschäftigen, sie über die Plattform abzuschließen und dafür sogar noch ein Zertifikat erhalten, wäre ein großer Gewinn für sie. Und die Dozierenden könnten von den Fortbildungen des Goethe-Instituts profitieren, die eine sehr hohe Qualität haben.“