Die Internationale Jugendbibliothek ist die weltweit größte Bibliothek ihrer Art. Im Schloss Blutenburg in Münchens Westen wird Kinder- und Jugendliteratur aus aller Welt gesammelt.
Idyllischer kann eine Bibliothek kaum untergebracht sein. Die Internationale Jugendbibliothek (IJB) findet man seit 1983 in einem spätmittelalterlichen Schloss im Münchner Stadtteil Obermenzing. Umgeben von einem Wassergraben und geschützt von Mauern aus dem 15. Jahrhundert werden hier Schätze ganz besonderer Art aufbewahrt.
In den Kellermagazinen des Schlosses sind mehr als eine halbe Millionen Bücher in über 130 Sprachen archiviert und jährlich kommen etwa 9.000 Bände hinzu. Neben den Kinder- und Jugendbüchern – darunter eine Sammlung mit rund 60.000 historischen Kinderbüchern – finden sich auch über 30.000 Titel internationaler Forschungsliteratur.
In der Studienbibliothek der IJB stehen Fachleuten aus dem In- und Ausland zudem etwa 250 abonnierte Fachzeitschriften und rund 40.000 Einheiten Dokumentationsmaterial zur Verfügung – also Fachaufsätze, Zeitungsartikel, Kleinschriften, aber auch Plakate, Kalender, Manuskripte, Autographen, Illustrationen und Kinderzeichnungen. Ein großer Teil der Bestände kann übers Internet recherchiert werden; hier stehen auch unterschiedliche Empfehlungslisten zum Abruf bereit.
Kleine, aber feine Museen
Bei solchen Kostbarkeiten erstaunt es nicht, dass in der Bibliothek wechselnde Ausstellungen zu unterschiedlichen Themen zu sehen sind. Neben Werkausstellungen von Illustratoren und Autoren werden Ausstellungen gezeigt, die einen Überblick über die Produktion die Kinder- und Jugendbücher in einzelnen Ländern geben oder aktuelle bzw. historische Themen der Kinder- und Jugendliteratur behandeln.
Doch das ist noch nicht alles. Das Schloss Blutenburg beherbergt vier kleine Museen zu drei bedeutenden deutschen Jugendbuchautoren und einer Illustratorin. Im Dachgeschoss des Schlosses ist der Nachlass von Michael Ende ausgestellt. Sämtliche Buchausgaben – 30 Titel in über 40 Sprachen – sind hier zu sehen, Typoskripte, Zeichnungen, Briefe und Fotos, Illustrationen zu Bilderbuchtexten des Autors sowie eine Reihe persönlicher Gegenstände und die Arbeitsbibliothek Endes.
In einem der Schlosstürme ist der schriftstellerische Nachlass von James Krüss zu bestaunen. Der James-Krüss-Turm beherbergt zahlreiche Erstausgaben, Entwürfe, Manuskripte und Typoskripte – etwa ein Typoskript von "Mein Urgroßvater und ich" mit zahlreichen handschriftlichen Korrekturen. Daneben finden sich Tagebücher sowie die umfangreiche Korrespondenz mit Kollegen, Freunden und Lesern.
Das Erich-Kästner-Zimmer im Torturm des Schlosses zeigt dem Interessierten etwa 500 internationale Erstausgaben des Autors sowie Möbel und andere Gegenstände aus seinem Besitz. Der Autor von Bestsellern wie "Pünktchen und Anton" war im Übrigen eines der Gründungsmitglieder der Internationalen Jugendbibliothek.
Ein besonderes Juwel ist das Binette-Schroeder-Kabinett, in dem dauerhaft das Gesamtwerk der Künstlerin zu sehen ist. Dazu gehören ihr umfangreiches Illustrationswerk, für das sie zahlreiche Auszeichnungen erhalten hat, ihre eigene umfassende, internationale Bilderbuchsammlung, ihre fotografischen Arbeiten und eine Fülle origineller Sammelstücke und Objekte.
Für Toleranz und Verständigung
Die IJB wurde im Jahre 1949 von Jella Lepman – einer deutschen Jüdin, die während der Nazizeit emigriert war – gegründet. Die Aufgabe der Bibliothek ist es bis heute, Kinder- und Jugendliteratur aus der ganzen Welt zu sammeln, zu erschließen und Kindern wie Erwachsenen zu vermitteln, um den Gedanken der interkulturellen Verständigung zu fördern. Dies geschieht nicht zuletzt durch zahlreiche Veranstaltungen.
Autorenlesungen, Geschichtenstunden, Spiel- und Bastelaktionen, Schattentheater und Puppenspiel lassen kleine wie große Leser den Spaß an Büchern aus aller Welt entdecken. Durch Seminaren, Symposien und Konferenzen intensiviert die IJB die Zusammenarbeit mit anderen Institutionen für Kinder- und Jugendliteratur. Das Auswärtige Amt finanziert durch Stipendien die Forschungen ausländischer Fachleute auf Schloss Blutenburg.
Die IJB bietet auch für diejenigen etwas, die sich nicht so einfach ins Bücher-Schloss aufmachen können. Es werden beispielsweise Publikationen verschickt; einige sind online zugänglich. Besonders bemerkenswert sind die Wanderausstellungen, die von der IJB auf Anfrage in die ganze Welt geschickt werden. Neben internationalen Kinder- und Jugendbüchern enthalten die versandfertigen Alukisten vielfältiges Begleitmaterial – wie Kataloge oder Bücherverzeichnisse, Bilder, Plakate oder Schautafeln –, das sich für unterschiedlichste Aktivitäten etwa in Schulen oder Bibliotheken eignet. Eine der bislang erfolgreichsten Ausstellungen dieser Art trägt den Titel "Guten Tag, lieber Feind" und beleuchtet das Thema Frieden und Toleranz in Bilderbüchern.
Die schweren Schlossmauern im Münchner Westen umgeben also weit mehr als ein Magazin voller Bücher, sie umgeben einen Hort zur Förderung der Toleranz und Völkerverständigung.