Synopsis
Markus lebt in der Brandenburger Provinz. Seine Mutter ist früh verstorben, der Vater ging schon vor seiner Geburt in den Westen. Als Familie bleiben ihm seine geliebte Großmutter Alma und deren Partnerin Sabine. Die beiden wohnen ein paar Dörfer weiter und sind auf ihn angewiesen: Alma, weil sie dement ist, und Sabine, weil sie eine Schulter zum Anlehnen braucht.
Doch eigentlich sind die Kisten in Markus‘ Neubauwohnung schon gepackt für den erhofften Umzug nach Berlin. Auf den Feldern, beim Joggen und Autofahren befällt Markus immer wieder die Sehnsucht nach einem Leben fernab der Provinz, wo sein Job ‚mini‘ ist und er sich die Zeit mit einem gelegentlichen Grindr-Date vertreibt. In Tagträumen erscheint ihm eine Schar schillernder Dämonen als Vorboten einer urbanen Wahlfamilie, die ihn aus seiner Einsamkeit befreit.
Als sich Almas gesundheitlicher Zustand verschlechtert und er sich in den jungen Fernsehtechniker Duc verliebt, muss sich Markus entscheiden, wo er in Zukunft leben möchte.
REGIESTATEMENT – Johannes Maria Schmit
Der vorliegende Film ist der Versuch einer Übersetzung ohne Verallgemeinerung. Er bemüht sich die Lebenswelt einer sehr besonderen Figur in allen Aspekten sichtbar zu machen, ohne gleichzeitig den Abgleich mit einer dazu in Konflikt stehenden Norm zu suchen. Nach Möglichkeit haben wir das Genre des Coming-Out-Dramas umschifft und stattdessen versucht Menschen auf dem Land in konkreten Beziehungen und in immer-neuen Alltagen zu zeigen. Inspiriert von der Zeitlichkeit der Landschaft, in der der Film spielt, werden Wendepunkte entsprechend nicht scharfkantig dramatisiert, sondern gleichsam sanft von Hügel zu Hügel getragen. Commitment und Fürsorge sind die ethischen Werte innerhalb der Erzählung, die dieser Ästhetik zu Grunde liegen.
Einen Lebensentwurf wie den der Hauptfigur mit Selbstverständlichkeit zu erzählen ohne wiederum dessen Prekarität zu unterschlagen, scheint mir die dramaturgische wie politische Herausforderung der Stunde.
Regisseur: Johannes Maria Schmit
Johannes Maria Schmit wurde 1981 in Trier geboren und studierte Regie an der Hochschule für Schauspielkunst Ernst Busch in der Klasse von Thomas Ostermeier. Seine Abschlussarbeit (2009), mentoriert von René Pollesch, erhielt besondere Auszeichnung. Nach seinem Studium wurde Schmit als Hausregisseur am Centraltheater Leipzig engagiert, wo er maßgeblich an der Konzeption und dem Aufbauteam der Spielstätte SKALA beteiligt war und mit seinen Arbeiten erste Erfolge feierte, u.a. beim Festival radikal jung in München. Die Zusammenarbeiten mit Laurent Chétouane, René Pollesch und Tucké Royale prägen seinen Arbeitsstil. Seit 2011 arbeitet Schmit als freier Regisseur im deutschsprachigen Raum sowie in der schwedischen Theaterszene, vor allem mit der Gruppe Institutet (Malmö/Berlin). Schmits Arbeiten kann regelmäßig am Gorki-Theater in Berlin sehen. Im Februar 2017 gewann er zusammen mit der dänischen Künstlerin Inga Gerner Nielsen den Leipziger Bewegungskunstpreis. Seit Januar 2019 ist Schmit Doktorand an der Kunsthochschule Stockholm / Uniarts. Neubau ist Schmits Debütfilm.