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Exportschlager Schlümpfe
Geboren in Belgien, geformt in Deutschland

Schlümpfe
© Schleich

Die Kunststoff-Figuren nach dem Vorbild des Brüsseler Zeichners Peyo stammen von der Firma Schleich aus Schwäbisch-Gmünd. Die deutsche Firma ist einer der größten Spielzeug-Hersteller weltweit.

Der Geschenk-Schlumpf zum Beispiel. Man könnte ihn auch Ich-gratuliere-Dir-Schlumpf nennen oder Hier-bitte-sehr-Schlumpf. Auf seiner linken Hand hält er eine würfelgroße gelbe Box, die mit einer roten Schleife umwickelt ist – eindeutig ein Geschenk. Die Fingerchen seiner rechten Hand umfassen drei Blumen. Lächelnd entblößt er eine kleine Zunge, die mit einem roten, aufgemalten Pünktchen angedeutet ist. Die Farben Gelb, Rot, Grün, Schwarz und natürlich Schlumpf-Blau machen diese gerade mal 5,5 Zentimeter große Kunststoff-Figur zu einem Mitbringsel für einen speziellen Anlass, zu dem man eben kein üppiges Geschenk und vielleicht auch keinen frischen Blumenstrauß geben möchte. Eher etwas Symbolisches wie diesen Schlumpf als Stellvertreter oder Repräsentanten einer unerschöpflichen Fantasiewelt. Es gibt Schlumpf-Figuren, die stellen Skateboarder dar oder Windsurfer, manche stemmen Hanteln, schwingen Kegelkugeln und zupfen Gitarrensaiten. Sie verkörpern Sternzeichen etwa mit einem Skorpionstachel am Popo oder sie sind in Kunststoff gegossene Abbilder aus einem der Schlumpf-Filme. Zu dem im Frühjahr 2017 erschienenen dritten Kinostreifen Das verlorene Dorf beispielsweise gibt es eine ganz Reihe von Schlumpf-Mädchen, Mitstreiterinnen der weilblichen Schlumpfine also, die in der Geschichte des Films eine wichtige Rolle spielen. Sammler beobachten die Entwicklung dieses Schlumpf-Kosmos in Internetforen oder Fanclubs. Gut 750 verschiedene Figuren könnten sie schon im Regal stehen haben. Jedenfalls wurden so viele verschiedene solcher Schlumpf-Figuren bislang von der Spielzeugfirma Schleich aus Schwäbisch Gmünd entwickelt.

Die Zwerge aus dem Mittelalter

Die Kunststoff-Schlümpfe zum Anfassen kommen also aus Deutschland. Jedenfalls die Prototypen dafür und das schon seit 1965, sieben Jahre nachdem die blauen Zwerge in einer Geschichte von Pierre Culliford alias Peyo ihren ersten Auftritt in einer Comicgeschichte hatten. Der Belgier, 1928 in Brüssel geboren, war in den Fünfzigerjahren einer der Hauptzeichner der Zeitschrift Spirou. Dort erschien regelmäßig die im Mittelalter spielende Reihe Johann et Perlouit – auf Deutsch Johann und Pfiffikus, wo Peyo eines Tages in einer Waldszene die Schlümpfe mit weißen Mützen und Hosen auftauchen ließ. Les Schtroumpfs, so wie sie im französischen Original heißen, waren geboren und bekamen schon bald eine eigenständige Geschichte. Das Album La Flûte à six schtroumpfs (auf Deutsch: Die Schlümpfe und die Zauberflöte) wurde ein Überraschungserfolg. Es dauerte nicht lange und die blauen Männlein mit ihrer lustigen Art zu sprechen, wurden weltweit bekannt und ein belgischer Exportschlager. Weil „Schtroumpf“ nicht für alle Sprachen passt, bekamen sie je nach Erscheinungsland einen anderen Namen. In den USA etwa heißen sie Smurfs, in Italien Puffi, in Japan Kumafu und weil „Schtroumpf“ auf Deutsch wie das klingt, was man über seine Füße zieht, schlumpfen sich die Zipfelmützenträger in deutschsprachigen Ländern durch die Geschichten.

Schlumpfinen © Schleich

Schlumpfiger Ursprung

Wie es zu dem Originalnamen kam, hat übrigens tatsächlich einen schlumpfigen, äh schtroumpfigen, Ursprung. Peyo soll während eines Familienurlaubs mit dem Zeichner Franquin beim Essen gebeten haben, dass man ihm das Salz reiche. Verlegen um das richtige Wort für einen Salzstreuer rutschte ihm stattdessen „Schtroumpf“ aus dem Mund. Es soll sich sofort ein Gepräch mit Schtroumpf-Wortschöpfungen entwickelt haben, die während der nächsten Tage immer wieder neue Varianten fanden. Schon zu Lebzeiten von Peyo, er starb 1992, waren die Geschichten mit den blauen Zwergen überaus erfolgreich. Peyo hatte zwei Vorbilder: Hergé, den Vater von Tim und Struppi, und Walt Disney, Vater von Micky Maus und vieler anderer Zeichentrick-Charaktere. Mit dem ersten lassen sich wohl Peyos klare grafische Linie und die Reduktion aufs Wesentliche vergleichen. Vom zweiten ließ er sich inspirieren, seine Figuren auch in Filmen auftreten zu lassen und sie zu einem Merchandising-Produkt zu entwickeln. Und so kommt die Firma Schleich ins Spiel.

Von der Puppe zum Schlumpf

Schleich ist einer der größten Spielwarenhersteller Deutschlands und ein international führender Anbieter von Spielfiguren. Der Name geht zurück auf Friedrich Schleich, der von 1946 an samtüberzogene Puppen aus Draht und Holz auf den Markt brachte. Anfang der Fünfzigerjahre experimentierte er mit Schaumgummi und brachte ab 1960 Kunststoff-Figuren auf PVC-Basis auf den Markt. Mit der Produktion der Schlümpfe wurde die Firma von 1965 an weltweit bekannt.

Wochenlange Handarbeit

Bis heute entsteht jeder Prototyp einer neuen Figur in wochenlanger Handarbeit. Nach einer Zeichnung wird zuerst ein Knetmodell gefertigt und in Silikon gegossen, um davon ein Wachsmodell zu bekommen. Ist dies schließlich zur Zufriedenheit ausmodelliert, können davon im Gussverfahren die Figuren vervielfältigt werden. Kaum zu glauben, aber jeder Schlumpf wird sogar von Hand bemalt. Die Vorbilder entstehen am Firmensitz in Baden-Württemberg, weitere Produktionstätten sind in Bosnien, Moldawien, Rumänien, Tunesien und China. Die Schlümpfe sind also echte Weltbürger: Zum Leben erweckt in Belgien, geformt in Deutschland, produziert etwa in Afrika oder China. Schaut man dem Geschenk-Schlumpf auf die weißen Fußsohlen, liest man: „Schleich Germany, made in China“.

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