Styling auf kleinstem Raum – neues Design für das studentische Wohnen
Der Bedarf an Wohnraum für Studenten ist kontinuierlich gestiegen, unterschiedliche Projekte reagieren darauf. Drei Beispiele für Studenten-Apartments aus München.
Weil in Städten wie München, Frankfurt am Main, Hamburg, Köln oder Stuttgart maximal zehn Prozent der Studenten einen Wohnheimplatz finden, bleibt fast ein Viertel von ihnen gleich bei den Eltern wohnen – der Rest muss auf dem freien Markt fündig werden. Tendenz steigend: Bis 2015 rechnen Experten wegen des Wegfalls der Wehrpflicht und der sukzessiven Einführung des achtklassigen Gymnasiums mit bis zu 275.000 zusätzlichen Studienanfängern, weshalb der Dachverband der Studentenwerke in Deutschland mindestens 25.000 zusätzliche Wohnheimplätze fordert. Die derzeit 58 hier zusammengeschlossenen Studentenwerke verwalten und betreiben seit den 1960er-Jahren bundesweit Studentenwohnheime, Mensen und Cafeterien.
Studenten-Apartments als Lifestyle-Immobile
Konkurrenz bekommt das Deutsche Studentenwerk als bisheriger Alleinanbieter von Studentenwohnungen zunehmend von privaten Anlegern, Pensionskassen und Versicherern. Zuletzt verkündete die Ikea-Immobilientochter Landprop, dass sie europaweit Studentenwohnheime entwickeln will. Eines der Unternehmen in diesem Bereich, mit knapp 2.200 Wohneinheiten in Bau und Bestand, ist die Frankfurter Youniq AG. Sie realisierte in München-Freimann mit dem Wohnheim in der Berzeliusstraße 3 nach eigener Aussage ein „Lifestyle-Studentenprojekt“. Seine Holzkonstruktion im Niedrigenergie-Standard dient als Prototyp für alle weiteren Bauvorhaben: Der Baustoff ist klimaneutral, vollständig recycelbar und verfügt über hervorragende Wärmedämmeigenschaften, die modulare Bauweise ermöglicht eine um 40 Prozent kürzere Bauzeit.
Italienisches Design für Studenten
Die Architekten Matteo Thun & Partners entwarfen für diesen Bautypus kein Wohnheim im klassischen Sinn, sondern eine auf heutige Bedürfnisse ausgerichtete moderne Apartment-Anlage für wohlhabende Studenten. Die 123 von den Mailänder Architekten gestalteten, durchschnittlich 20 Quadratmeter großen Apartments wurden stylish möbliert: Schreibtisch, Klappbett, Garderobe, Einbauschränke und Regale sind ebenso vorhanden wie die eigene Küche und das Duschbad; 25 Parkplätze, Gemeinschaftsräume und -services wie TV- und Music-Lounge, Gymnastikraum und Highspeed-Internet-Anschluss gehören mit zur Ausstattung. Matteo Thun & Partners verantworteten hier auch das Produktdesign, die Ausführungs- und Genehmigungsplanung stammt vom Münchner Büro g2 GROEGER UND GREULICH. Aufgrund der hohen Nachfrage wurde an der Schleißheimer Straße 323 ein weiteres Objekt mit 80 durchschnittlich 22 Quadratmeter großen Apartments realisiert.
Studentenwohnen auf Japanisch: Atelier Bow-Wow
Mit unkonventionellen Ansätzen plant die Ottmann GmbH & Co. Südhausbau KG ihr Studentenwohnheim an der Brudermühlstraße für das Wintersemester 2014/15 mit japanischer Unterstützung: „Wenn es darum geht, auf kleinstem Raum moderne Wohnlösungen zu schaffen, gehören die Architekten aus dem dicht besiedelten Tokyo zu den führenden Experten weltweit“, so Professor Matthias Ottmann, Geschäftsführer der Südhausbau. Dass sie aus wenig Raum viel machen können, haben Yoshiharu Tsukamoto und Momoyo Kaijima in der Tat bereits mehrfach bewiesen. Seit 1992 entwerfen die beiden Gründer des Atelier Bow-Wow Wohn- und Arbeitsräume auf minimaler Grundfläche.
Kritische Denkmalpflege: das Olympische Dorf
Um vier Quadratmeter kleiner als ursprünglich sind nach ihrer Neuerrichtung 2007 bis 2010 die Maisonette-Wohnungen des ehemaligen Frauendorfs der Olympischen Spiele von 1972. Weil sich nach intensiven Untersuchungen herausgestellt hatte, dass eine Sanierung des von Professor Werner Wirsing errichteten Bungalowdorfs unter Erhalt seiner architektonischen Qualität unwirtschaftlich wäre, entschied das Studentenwerk München, die unter Ensembleschutz stehende Anlage im Sinn einer „kritischen Denkmalpflege“ komplett zu erneuern.
Deshalb wurde der Altbestand unter der Leitung der Wettbewerbsgewinner bogevischs buero in Arbeitsgemeinschaft mit dem 1919 geborenen Werner Wirsing bis auf zwölf denkmalgerecht sanierte Wohneinheiten rückgebaut. Auf demselben Flächenareal entstand in annähernd identischer Gestalt und annähernd identischen Ausmaßen eine Wohnanlage mit 1.052 Wohnungen, 252 mehr als ursprünglich.
Davon abgesehen wurde der Charakter des Ensembles – höchste Individualität bei minimaler gegenseitiger Störung – so weit wie möglich erhalten: Nach wie vor durchziehen diagonale Passagen die teppichartige Struktur aus unterschiedlich langen Häuserzeilen, die Breite der Gassen von 2,30 Metern konnte ebenso beibehalten werden wie der „kleine Marienplatz“ im Zentrum der Siedlung, Stauss und Pedrazzini entwickelten Otl Aichers Wegeleitsystem behutsam weiter. Die Gemeinschaftseinrichtungen umfassen eine Bierstube mit „studentischen Preisen“, Disco, Café, Filmclub und eine Kinderkrippe. Und auch in Zukunft haben die Bewohner wieder das Recht, die Sichtbetonfassade „ihres“ Häuschens während der maximal sechs Semester, in denen sie dort wohnen dürfen, individuell zu bemalen.