Anna Zett ist Künstlerin, Autorin, Regisseurin (Film und Hörspiel), geboren in Leipzig, lebt in Berlin.
In ihrer performativen und narrativen Arbeit verbinden sich politische mit persönlichen Forschungsdramen. Im Zentrum ihrer Auseinandersetzung steht immer wieder die Mythologie des Modernismus zwischen Geschichte und Praxis, zwischen Wissenschaft und Fiktion.
Sie studierte an der Humboldt Universiät Berlin, Middlesex University London und Universität der Künste Berlin (Gender Studies, Philosophie, Europäische Ethnologie, und daneben Kunst in der Klasse von Hito Steyerl). Mit ihrer Abschlussarbeit Monster der Moderne legte sie zugleich das inhaltliche Fundament für ihre ersten eigenen Filme. 2014 veröffentlichte sie die am Laptop aufgenommene Video-Lecture Dinosaur.gif und den Road-Essay-Film This Unwieldy Object, gedreht im bergigen Westen der USA. Beide Arbeiten befassen sich mit Dinosauriern als monströsen Erinnerungsstücken kolonialer und kapitalistischer Gewalt im US-Amerikanischen Kontext. Sie wurden international in Kunsträumen und Museen, im Rahmen von Festivals und Konferenzen gezeigt, darunter der Serpentine Gallery Extinction Marathon in London, die Transmission Gallery Glasgow, das Whitney Museum New York und das Sonic Acts Festival Amsterdam.
Anschließend verlagerte sich ihr Fokus auf die Arbeit mit Ton, Text und Bewegung. In Installationen und Performances beschäftigte sie sich mit non-verbaler Kommunikation, akkustischer Wahrnehmung und der Körperlichkeit der Sprache. Es entstand ein Hörspiel für den Deutschlandfunk und die serielle, partizipative Performance Copy & Dance (im Duo mit Tina Pfurr). Auftritte bei Tanzfestivals in Cote d'Ivoire und Kamerun vertieften ihre Auseinandersetzung mit körperlichem Wissen und dem Problem transkultureller Imitation.
Anna Zetts neues Hörspiel Industrie & Glück. Meine Stimme irrt durch ein holistisches System (Ursendung im September 2017 im Bayrischen Runkfunk) inszeniert eine experimentelle Sythese aus Stimmtherapie, Glücksspiel und Wahrsage. Grundlage und Spielmittel ist ein von ihr selbst entworfenes Kartendeck, ein vom spätmittelalterlichen Tarot adaptiertes, quasi-esoterisches Symbolsystem mit modernistischer Thematik. Anders als das vermeintlich geschichtslose System der etablierten Tarotkarten werden die Motive und Konzepte dieses Decks begrenzt durch den historischen Rahmen “Weimarer Republik”. Die okkultistischen Bewegungen dieser Ära stehen dabei nicht im Vordergrund, vielmehr geht es Anna Zett um einen spielerischen Umgang mit der brüchigen Kosmologie des Materialismus (zwischen Kapitalismus, Revolution, Psychologie und Kunst) zum Zweck persönlicher und politischer Situationsanalyse.
Im Rahmen ihres Aufenthalts in Beijing will Anna Zett ihre Arbeit mit dem Kartendeck auf inhaltlicher, performativer und formaler Ebene weiterentwickeln. Ihr Interesse gilt dabei zunächst dem chinesischen Ursprung der Spielkarten und der symbolischen Beziehung von Glück und Geld. Über den historischen Rahmen der Weimarer Republik hinaus sucht sie nach Zufällen und Systemen, die helfen widersprüchliche Materialismen im globalen Kapitalismus spielerisch zu erforschen.