DOCUMENTA 14
Zwischen Improvisation und fernem Glitzern
![Die Residentinnen und Residenten | Collage: Cordula Flegel Die Residentinnen und Residenten | Collage: Cordula Flegel](/resources/files/jpg603/teaser_695-formatkey-jpg-w491.jpg)
Die Goethe-Institute in Südamerika sind mit mehreren Projekten an der documenta 14 beteiligt. Dazu gehört auch das in Rio de Janeiro ansässige Residenzprogramm Capacete, das Künstlerinnen und Künstlern einen zehnmonatigen Aufenthalt in Athen ermöglicht. Sechs der Residentinnen und Residenten berichten über Athen und ihre ersten Erfahrungen vor Ort.
Die zwölf Teilnehmenden aus Südamerika und Griechenland erkunden das kulturelle Leben in Athen. Sie treffen Organisatoren, Künstlerinnen und Besucher der documenta. Von März bis Dezember 2017 entwickeln sie, unter der Leitung von Capacete-Direktor Helmut Batista, vor Ort künstlerische Interventionen. Die Goethe-Institute in Südamerika werden 2018 einige Ideen aufgreifen und mit den Künstlerinnen und Künstlern vor Ort weiterentwickeln.
Einige der Capacete-Residentinnen und –Residenten schildern im Folgenden ihre ersten, ungefilterten Eindrücke von der documenta in Athen:
GIAN SPINA, BRASILIEN
![Gian Spina | Foto: privat Gian Spina | Foto: privat](/resources/files/jpg603/documenta-gianspina_250-formatkey-jpg-w245.jpg)
Gian Spina hat unter anderem in São Paulo, San Diego, Vancouver, Bordeaux, Berlin, Frankfurt und Ramallah gelebt, studiert und gearbeitet.
GRIS GARCÍA, MEXICO
![Gris García | Foto: privat Gris García | Foto: privat](/resources/files/jpg603/documenta_grisgarcia_250-formatkey-jpg-w245.jpg)
Gris García ist Künstlerin und freie Kuratorin. Aktuell ist sie Teil des multidisziplinären Teams TuerCo., das technischen Rat für Kunstprojekte gibt.
RAUL HÓTT, CHILE
![Raoul Hótt | Foto: privat Raoul Hótt | Foto: privat](/resources/files/jpg603/documenta_raulhott_250-formatkey-jpg-w245.jpg)
Raul Hótt ist Architekt, Künstler und Lehrer, der über den Körper arbeitet.
RODRIGO ANDREOLLI, BRASILIEN
![Rodrigo Andreolli | Foto: privat Rodrigo Andreolli | Foto: privat](/resources/files/jpg603/documenta_rodrigoandreolli_250-formatkey-jpg-w245.jpg)
Rodrigo Andreolli ist Performancekünstler, der sich insbesondere mit dem Körper in der Öffentlichkeit beschäftigt.
NIKOS DOULOS, GRIECHENLAND
![Nikos Doulos | Foto: privat Nikos Doulos | Foto: privat](/resources/files/jpg603/documenta_niklosdoulos_250-formatkey-jpg-default.jpg)
Nikos Doulos ist Visual Artist und Co-Regisseur von Expodium. Er lebt und arbeitet in den Niederlanden.
Jota Mombaça
Jota Mombaça. Foto: Privat
„Postkoloniale – oder sogar dekoloniale – Positionen innerhalb der herrschenden Kunstwelt zu beanspruchen, scheint in gewisser Weise im Trend zu sein heutzutage. Und manchmal macht es mir Sorge, auch wenn ich mich nicht außerhalb dieser Bewegung positionieren kann. Dennoch muss ich fragen: Was bedeutet es für die documenta 14, zeitgenössische Formen des Widerspruchs auf globaler Ebene anzusprechen und zugleich die Spannungen und widersprüchliche Dimensionen ihrer eigenen Verortung innerhalb des griechischen kulturellen und politischen Kontexts zu verwischen? Darüber hinaus, wie konnte Dekolonisierung für die vom kolonialen Erbe geschaffenen und erhaltenen Institutionen und Kräfte zum Thema werden? Welche Art von politischer Übersetzung müsste geleistet werden, um den radikalen Ruf nach Zerstörung von kolonialen Standpunkten zu einer passenden Metapher innerhalb von Kunst-Großereignissen werden zu lassen? Ist es tatsächlich möglich, über den Süden als eine Geisteshaltung zu sprechen, oder ist es nur Teil des gleichen Verfahrens, das konkrete Konflikte und Ausnahmezustände zu abstrakten Objekten der Kontemplation und Analyse macht?“
Jota Mombaça ist Schriftsteller und Performance-Künstler. Sein derzeitiges Werk ist die Zusammenarbeit mit der Oficina de Imaginação Política (Werkstat für politische Vorstellungskraft / São Paulo)
Musa Michelle Mattiuzzi
Michelle Mattiuzzi. Foto: Hirosuke Kitamura
„Zuletzt hat die weiße Hetero-Vorherrschaft im Kontext von Forschung und Praxis der zeitgenössischen Kunst einige Anstrengungen unternommen, die Stimmen der dissidenten Körper und das Nachdenken über Körperpolitiken, Praktiken und Gender wahrzunehmen. Die privilegierte Vorherrschaft schöpft aus dem Widerhall der Narrative und den Prämissen über dieses dissidente Denken in Bezug auf die Asymmetrien, welche diese Körper historisch zur Unterwürfigkeit konditioniert haben. Ich denke diese Extraktion als ein Merkmal der in Brasilien gelebten Kolonialität in den Gesten der neoliberalen Inklusionspolitik: die den Widerhall unserer vielfachen Stimmen in einer Liste der Erforderlichkeiten und Forderungen nach Repräsentativität zum Klingen bringt. Und schon wird diese Liste zum wahren Zwang im Zusammenhang unserer Differenz unter der Annahme, dass unsere dissidenten Körper durch die Besetzung der Räume der privilegierten Weißheit als Ästhetik und Produkt in der Lage sein würden in einem zivilisierten Kontext eine Rettung aus den Trümmern der patriarchalen, heterosexuellen, weißen Welt zu performen.“
Musa Michelle Mattiuzzi, schwarz, Autorin, Performerin, bewegt sich interdisziplinär durch die Künste.
Eliana Otta, Peru
Eliana Otta. Foto: Privat
„Paul Preciado lud uns ein, uns eine Zukunft vorzustellen, in der das Geld keinen Wert hat. Neben ihm lag auf einem kleinen Tisch ein Exemplar von The living currency von Pierre Klossowski – das Buch war Tage zuvor die Achse einer Performance gewesen, die von der Biennale von Athen organisiert worden war, die parallel zur documenta stattfindet und von den dortigen Künstlern organisiert wird. Allem Anschein nach gibt es Ideen, die von denen, die in beiden Veranstaltungen die treibende Kraft sind, geteilt werden. Vielleicht ist es noch nicht zu spät zu versuchen, noch mehr über diese Ideen zu diskutieren.“
Eliana Otta ist multidisziplinäre Künstlerin. Sie arbeitet u.a. zu Themen wie wirtschaftliches Ungleichheit, prekäre Arbeitsverhältnisse und genderspezifische Gewalt.