Weibliche Charaktere dominieren zweifelsohne die letzten Filme des chilenischen Regisseurs Sebastián Lelio. Das war auf der Berlinale von 2013 zu sehen, bei der sein Film Gloria mit einer sehr weiblichen Geschichte Preise und gute Kritiken erntete, und wir sehen es auch auf der diesjährigen Berlinale wieder, mit Una mujer fantástica.
Wieder geht es um eine Frau, die alleine gegen die Welt steht und um ihr Recht auf eine würdevolle Existenz in einer realen und unwirtlichen Gesellschaft kämpft.
Diesmal dreht sich die Geschichte um die Person der Marina – dargestellt durch die transsexuelle Schauspielerin Daniela Vega – die mit ihrem Partner Orlando in Santiago de Chile lebt. Orlando ist reich, geschieden und deutlich älter als Marina. Er wird von Francisco Reyes gespielt. Nach Orlandos überraschendem Tod schlägt Marina Verachtung, Erniedrigung und Angst von seiner Familie entgegen, aber nicht, weil sie die Geliebte des Verstorbenen war, sondern durch die völlige Ablehnung ihrer sexuellen Orientierung.
Marina wird zur Gefangenen ihrer beiden Ziele: dem Menschen, der ihr Partner war, ein letztes Lebewohl zu sagen und seinen Hund zu behalten, den ihr Orlando zuvor geschenkt hatte. Der Partnerschaftsvertrag, den ihre neuen Feinde akzeptieren sollen, wird nicht nur nicht respektiert, sondern diese Feinde tun alles in ihren Kräften stehende dafür, dass Marina so tief wie möglich fällt. Nur im lyrischen Gesang scheint Marina Frieden mit sich selbst und mit einer rauen Umwelt zu finden, in der für sie kein Platz ist. Der Regisseur beschreibt es so: „Marina ist auf die Welt vorbereitet, aber die Welt ist nicht auf sie vorbereitet“.
Für den Chilenen Sebastián Lelio ist der Besuch der Berlinale wie eine Rückkehr nach Hause, nach dem großen Erfolg seines Films Gloria. Sein vierter Film wurde 2013 mit dem Silbernen Bären ausgezeichnet, für die beste Darstellerin, für die überragende schauspielerische Leistung von Paulina García. Seit damals, und fast ungewollt, ist die deutsche Hauptstadt zu seinem neuen Wohnsitz geworden.
Sein fünfter Film, produziert von den Stars des neuen chilenischen Kinos, Juan de Dios und Pablo Larraín, ist der einzige spanischsprachige Film, der im Wettbewerb um den Goldenen Bären antritt. Der sehr einfühlsam erzählte, sich aber etwas langsam entwickelnde Film Una mujer fantástica fand mit seiner viel geringeren erzählerischen Intensität auf der Berlinale im Vergleich zu seinem erfolgreichen Vorgänger weniger Beachtung.