© Avant-verlag, Berlin, 2019
Auf dem Buchcover in sanftem Lachsrosa sehen wir eine amüsante Szene – eine junge Frau in einer ungeschickten Pose auf dem Sofa. Sie versucht, ihren Kopf in den dunklen Ritz zwischen Sitzfläche und Rückenpolster zu stecken. Wo will sie hin? Will sie, dass wir mitkommen, oder will sie sich verstecken oder flüchten? Ich fordere Sie auf, ihr zu folgen, selbst wenn sich bald herausstellen sollte, dass Sie im Buchinneren mal peinlich berührt, mal traurig sind, oder etwas des gerade Gelesenen Sie verärgert. In zehn kurzen Szenen lässt die junge Comic-Zeichnerin Julia Bernhard die Leser*innen am Alltag moderner junger Erwachsener teilhaben, etwa in Gesprächen und Beziehungen mit Freunden, Geliebten, Großeltern, Haustieren und Zimmerpflanzen. Im Abgrund unter dem Polster eröffnet sich eine Erzählung über Depressionen, Einsamkeit, Selbstvorwürfe, über Nicht-gehört-werden und Missverständnisse.
Dieses sympathische Buch über Apathie bekräftigt auch den Ausspruch „eine Zeichnung sagt mehr als tausend Worte“. Mit feinen, lakonischen Linien und unauffälligem Schriftsatz, monotonen Farben und Bildern verstärkt die Autorin das Gefühl der Entfremdung und die Widersprüche zwischen den überzeugt vorgetragenen Aussagen der Heldin und ihren tatsächlichen Gedanken und dem Gefühl von Hilflosigkeit.
2020 erhielt Julia Bernhard den bedeutendsten deutschen Comicpreis, den Max-und-Moritz-Preis, in der Kategorie „Bestes deutschsprachiges Comic-Debüt“.
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