© Luchterhand Verlag, München 2021
Daniel Wisser faszinierte viele Leser*innen und Kritiker*innen mit seinem 2018 erschienenen Roman Die Königin der Berge, der ihm im selben Jahr den Österreichischen Literaturpreis einbrachte. In dem Roman setzt er sich mit Tabuthemen der modernen Gesellschaft, mit Sterbehilfe, Selbstmord und Einsamkeit pflegebedürftiger Menschen so meisterhaft und humorvoll auseinander, dass sein Buch mit solch schmerzhaftem Inhalt beim Leser dennoch ein freudiges Gefühl hinterlässt: Das Leben ist lebenswert.
Tabuthemen greift der Schriftsteller mit einem feinen Gespür für das Soziale auch in seinem jüngsten Familienroman Wir bleiben noch auf, der vier Generationen umfasst. Vor dem Hintergrund der Familiengeschichte skizziert er die Geschichte der Sozialdemokratie und diagnostiziert das gesellschaftliche und politische Leben Österreichs der letzten Jahre.
Die Geschichte beginnt mit Omas 99. Geburtstag in ihrem Landhaus. Nach wie vor wird in der Familie über Politik diskutiert, zumal viele Familienmitglieder mit sozialdemokratischem Hintergrund zu Anhängern der Rechtspopulisten geworden sind. Die verschiedenen Generationen verstehen sich nicht mehr, es werden stattdessen Vorwürfe erhoben.
Der eigentliche Skandal entsteht jedoch durch die neue Liebe zwischen dem Protagonisten Viktor, der sich als letzter Sozialdemokrat sieht, und der Tochter seiner Tante Karoline. Die Familie duldet die Beziehung nicht und die Entscheidung der Großmutter, nach ihrem Tod das Landhaus an Viktor zu vererben, gießt Öl ins Feuer.
Der Titel des Buches klingt hoffnungsvoll, aber in Wirklichkeit liegt es an den Leserinnen und Lesern, ob der Autor damit provoziert oder ob wirklich etwas dauerhaft verloren geht. Schließlich charakterisiert das, was in Wissers Werk beschrieben wird, nicht nur Österreich, sondern betrifft die gesamte demokratische Welt.
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