Die Champagner-Marke von James Bond trägt den Namen eines Deutschen: Als sich Jacob Bollinger in der Champagne niederlässt, ahnt er nicht, dass sein Getränk eines Tages von der Queen und ihrem Geheimagenten getrunken wird: eine französisch-britisch-deutsche Kooperation der ganz besonderen Art.
Von Fanny Laemmel
Wenn es ein typisch französisches Produkt gibt, das die ganze Welt kennt, dann ist das der Champagner. Aber wussten Sie, dass die Deutschen in seiner Geschichte eine bedeutende Rolle gespielt haben? Krug, Mumm, Heidsieck, Deutz, Koch, Bollinger … Diese großen französischen Champagnerhäuser wurden von Deutschen gegründet, die sich um 1800 in der Champagne ansiedelten. Außerdem war noch ein weiteres europäisches Land an der Erfolgsgeschichte des berühmten Schaumweins beteiligt: Großbritannien. Seit dem 17. Jahrhundert importiert das Land diesen besonderen Wein, der in der Flasche gärt. Den Engländern verdanken wir übrigens auch die Erfindung der Glasflasche und des Korkens, die für die Konservierung des Weins sorgen. Deutschland, Frankreich, Großbritannien: Diese Länder haben dazu beigetragen, dass eines der bekanntesten Champagnerhäuser der Welt entstand – Bollinger.
Wir sind nach Aÿ in die Champagne gefahren, um die Geschichte dieser Marke zu erforschen, die symbolisch für das europäische Abenteuer Champagner steht.
Foto (Ausschnitt): © Collection-Champagne-Bollinger
Athanase de Villermont ist Franzose, er wird 1763 in der Champagne geboren. Jacob (französisch: Jacques) Bollinger ist Deutscher, er kommt 1803 in Württemberg zur Welt. Ersterer baut sich ein riesiges Weingut in der Umgebung der Stadt Aÿ auf, aber sein Aristokraten-Status hindert ihn daran, in den Handel einzusteigen. Der Zweite verfügt über Reiselust und Geschäftssinn und spezialisiert sich auf den Handel mit Wein aus der Champagne. 1829 gründen die beiden Männer – gemeinsam mit einem dritten, Paul Renaudin – ein Champagner-Handelshaus. Acht Jahre später heiratet Jacques Bollinger die Tochter seines Geschäftspartners Athanase, Louise-Charlotte de Villermont. Ihre Nachkommen stehen heute noch an der Spitze des berühmten Champagnerhauses. Die Porträts von links nach rechts: Athanase de Villermont, Jacques Bollinger, Joseph-Jacques-Marie Bollinger (Jacques’ Enkel) und Elisabeth Bollinger (Ehefrau von Joseph-Jacques-Marie). Sie führte die Firma von 1941 bis 1971 und trat weltweit als Botschafterin des Bollinger-Champagners auf.
Foto (Ausschnitt): © Fanny-Laemmel
Das Weingut der Marke Bollinger wurde von Athanase de Villermonts gegründet und von seiner Familie nacheinander an fünf Generationen vererbt, die es erweiterten. Heute ist Bollinger eines der wenigen Champagner-Häuser, die einen großen Teil der Früchte noch selbst anbauen. 60 Prozent der Trauben stammen von den eigenen Weingütern.
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Auf diesem Foto sieht man den von Jacques Bollinger angelegten Weinberg Clos Saint-Jacques. Dessen Reben trotzten bis auf eine weitere Parzelle im Herzen von Aÿ als einzige der Reblaus Phylloxera, die Anfang des 20. Jahrhunderts fast alle Weingüter befiel. Es handelt sich um einen Pinot Noir, der auf traditionelle Weise angebaut und als Grand Cru klassifiziert wird.
Foto (Ausschnitt): © Collection-Champagne-Bollinger
Bollinger gilt als die englischste unter den französischen Marken. Das Champagnerhaus Bollinger ist von Anfang an eng mit der britischen Insel verbunden. Seit Mitte des 19. Jahrhunderts wird die Marke von einem Preußen nach England exportiert: Ludwig Mentzendorff. Er wird Jacques Bollingers Vertreter in London. Der Erfolg lässt nicht lange auf sich warten. Schon 1884 verleihen Königin Victoria und der Prinz von Wales der Marke den Hoflieferantenstatus, den nur Unternehmen erhalten, die den Königshof mit Waren oder Dienstleistungen versorgen. Bis heute ist Bollinger einer der offiziellen Champagner-Lieferanten der britischen Königsfamilie.
Foto (Ausschnitt): © Fanny-Laemmel
Noch etwas anderes typisch Englisches hat die Marke Bollinger weltweit bekannt gemacht: James Bond. In mehreren Romanen und Filmen seit 1956 wird dieser Champagner vom berühmtesten Agenten „im Geheimdienst Ihrer Majestät“ getrunken. Zum ersten Mal wird der Champagner in dem Buch Diamantenfieber von Ian Fleming erwähnt.
Foto (Ausschnitt): © Collection-Champagne-Bollinger
In der Gemeinde Aÿ hat das Champagnerhaus Bollinger Keller mit einer Gesamtlänge von insgesamt sieben Kilometern angelegt. Diese unterirdischen Lager verlaufen unter den Häusern und umliegenden Weingütern. Tausende Flaschen reifen hier in langen Fermentationsprozessen zum Champagner.
Foto (Ausschnitt): © Fanny-Laemmel
In diesen Kellern unter der Stadt Aÿ wurden kürzlich Flaschen aus der Gründungszeit des Champagnerhauses Bollinger wiedergefunden: eine lange deutsch-französische Geschichte, die dieses typisch französische Produkt mit britischer Unterstützung zum europäischen Kulturerbe werden ließ.
Küche und Kulinarisches
Ein Beitrag aus Frankreich
mit Bezug zu Großbritannien, Deutschland
Autorin
Fanny Laemmel ist eine freischaffende Journalistin und Dozentin für Videoperformance. In Straßburg geboren, lebt sie heute in Paris, wo sie für verschiedene französische Medien inklusive „Le Monde“ und „Reporterre.net“ tätig ist. Sie arbeitet zu allen möglichen Themen mit Vorliebe für einen lösungsorientierten Journalismus, unter anderem für alternative Lebensräume oder Bürgerinitiativen.
Copyright: Goethe-Institut e. V., Online-Redaktion Dezember 2018
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